THEATER: Collage der Krise

In „Quarter Life Crisis“ ergründen vier junge Menschen an der Schwelle zum Erwachsenenalter die Abgründe der Arbeitslosigkeit.

Drei Minuten lang dürfen die vier jungen Leute ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Drei Minuten Brainstorming, um ihre Ideen zum Thema Arbeitslosigkeit und Mitte-Zwanziger-Krise zu Papier zu bringen. Und die Ideen sprudeln. Arbeitslosigkeit bedeutet Fremdbestimmung und bringt das Gefühl mit sich, unter Zwang zu agieren und nicht das machen zu können, was man will und kann …

Als junger Erwachsener stehst du eigentlich noch ziemlich am Anfang deines Lebens, aber Deine Zukunftspläne zerplatzen wie Seifenblasen. Deine Fähigkeiten scheinen auf dem Arbeitsmarkt nicht gefragt zu sein. Beim wöchentlichen Gang zum Arbeitsamt fühlst du dich auf eine Akte reduziert, erlebst, wie es sich anfühlt, den Boden unter den Füßen zu verlieren und kaum Unterstützung zu bekommen.

„Quarter Life Crisis“ ist ein Theaterstück, das aus einem kreativen Schaffensprozess entstanden ist. Im Rahmen der „Krisounours“-Residenz des Theaterkollektivs Independent Little Lies, die noch bis November dauert, haben vier junge Erwachsene, die allesamt Erfahrung mit Arbeitslosigkeit gemacht haben, gemeinsam ausgetüftelt, wie sich das Thema am besten auf die Bühne bringen lässt. Bei dem, was dabei entstand, gingen sie von nichts aus – außer einer ersten Idee. Dann fielen die ersten Stichwörter, und noch etwas später entstanden die ersten kleinen Texte. Man arbeite sehr viel mit Improvisation, erklärt Regisseurin Linda Bonvini, habe etwa Gespräche simuliert, wie man sie zwischen 20 und Mitte 20 mit den Eltern zu Hause führt – aus unterschiedlichen Perspektiven. Diese Gespräche wurden gefilmt, um sie später im Stück zu verwenden, zum Beispiel auch als Videoprojektion.

Entstanden ist so eine bunte Collage, die sich aus den Erfahrungen und Ideen der TeilnehmerInnen zusammensetzt. Kreative Wortspiele, wie die „Pizza Quattro chômagi“, „Adem und Eva“ oder das Bild einer tickenden Uhr, die einen dazu bringt, sich im Laufrad zu bewegen wie ein Hamster, sind dabei unter dem Topos „Krise“ entstanden. Der Schaffensprozess soll später an den Wänden dokumentiert werden. Der kleine Raum, in dem die Proben stattfinden und in dem das Stück gespielt wird, wird das Luxemburger Arbeitsamt, die „Adem“, darstellen. Im Stück heißt sie ironisiert „Amen“. Mit Hilfe von Stühlen wird eine Warteraum-Atmosphäre geschaffen.

Regisseurin Linda Bonvini, deren eigene „Quarter Life Crisis“ ebenfalls mit Arbeitslosigkeit einherging, will zeigen, dass der Sprung in die Welt des Erwachsenseins und die gleichzeitige Erfahrung der Arbeitslosigkeit nicht leicht sind. „Das Stück ist definitiv eine Kollaboration, das heißt, ich hatte vielleicht zwei, drei Grundideen. Die diskutieren wir dann hier, führen das weiter, diskutieren das oder verwerfen es eben gemeinsam – meinem Gefühl nach kommt man da weiter als alleine“, beschreibt die Regisseurin den Entstehungsprozess des Stücks.

Bonvini will niemanden belehren. Aber sie wünscht sich Bewegung. „Ich will gerne etwas mit auf den Weg geben, was berührt und zum Nachdenken anregt“. Sicher sei in dem Stück auch Systemkritik enthalten, aber die ist für die Regisseurin nicht zentral. Schließlich mache man Theater und wolle unterhalten.

„Wir wollen berühren, eine Partizipation des Publikums ist erwünscht – in dem Sinne, dass jeder Zuschauer ein Stück weit Verantwortung übernehmen soll. Wir wollen auch hören, was das Publikum zu sagen hat, welche Erfahrung die ZuschauerInnen mit Arbeitslosigkeit gemacht haben. Am Ende wird eine Statistik erstellt – anhand derer man dem Publikum gewissermaßen sein Spiegelbild vorhalten kann.

Quarter Life Crisis am 6. und 7. September in der Kulturfabrik in Esch.


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