ENERGIE: Effizienz contra Abhängigkeit?

Sieben EU-Länder preschen vor und setzen sich für verbindliche Ziele zur Energie-Effizienz ein. Eine konkrete Zahl wird in dem Schreiben an die Kommission nicht genannt. Umweltorganisationen fordern ein Effizienz-Ziel von 40 Prozent innerhalb des Klima- und Energiepakets bis 2030.

Bislang sei Energie-Effizienz innerhalb der Diskussion rund um Energie-Abhängigkeit vernachlässigt worden, sagte Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Rande des Treffens der europäischen Energie-Minister am 13. Juni in Luxemburg. Er will seine Ministerkollegen davon überzeugen, dass nur ein verbindliches Ziel dafür sorgen kann, dass die Europäische Union weniger abhängig von Importen wird. Bislang hat sich die EU ein Ziel von 20 Prozent mehr Effizienz bis 2020 gesetzt. Doch dieses beruht auf einem freiwilligen Engagement der Länder.

Darüber, um welchen Anteil die Gas-Importe theoretisch reduziert werden könnten, werden unterschiedliche Angaben gemacht. Vergangene Woche berichtete die „Financial Times“ von einem internen Dokument der Kommission, wonach ein Effizienz-Ziel von 35 Prozent bis 2030 dafür sorgen könnte, dass die Gas-Importe um ein Drittel gesenkt werden.

Auch Schneider und Dieschbourg

Noch regt sich innerhalb der EU viel Widerstand gegen ein verbindliches Ziel. Vor allem osteuropäische Länder befürchten hohe Kosten für eine Instandsetzung überalterter und energieaufwendiger Heizsysteme, die aus Sowjetzeiten stammen. Großbritannien setzt sich dafür ein, dass die EU-Staaten selbst entscheiden können, wie sie ihre Emissionen reduzieren, und ist somit dagegen, konkrete Ziele für Effizienz zu definieren. Der Ukraine-Konflikt allerdings gab den Befürwortern neue Argumente in die Hand.

Weniger Energie konsumieren sei das robusteste und kosteneffizienteste Mittel im Hinblick auf mehr Energie-Sicherheit, argumentieren die Minister der sieben EU-Länder in ihrem Brief. Unterschrieben haben auch der Luxemburger Wirtschaftsminister Etienne Schneider sowie die Umweltministerin Carole Dieschbourg. Sehr konkret werden die Unterzeichner in ihren Forderungen nicht. Die Kommission solle noch vor der Sommerpause einen Vorschlag machen, der die Szenarien des Klima-Pakets und die Vorschläge des Europäischen Parlaments für Energie-Effizienz berücksichtigt. Das Ziel für Energie-Effizienz sollte „ehrgeizig“ sein und „die langfristige Transformation des Energie-Systems“ unterstützen im Hinblick auf eine Reduktion von Treibhausgas-Emissionen um 80 bis 95 Prozent bis 2050. Letztere sollte bis 2030 bei 40 Prozent angesetzt werden, fordert die Initiative „Votum Klima“ ihrerseits in einem Brief an Premierminister Xavier Bettel.

Die Minister fordern verbindliche Ziele in Sachen Energie-Effizienz, vermeiden es jedoch, auch diese Anfrage konkreter zu formulieren. Bislang scheute sich die Kommission, präzise Ziele vorzuschlagen. Sie brachte vielmehr einen Kompromiss in die Diskussion: Verbindlichkeit hinsichtlich des Gesamtziels auf EU-Ebene, ohne dass für die einzelnen Länder konkrete Prozentzahlen festgehalten werden. Zwar spielt Energie-Effizienz eine zentrale Rolle im Energie-Klima-Paket der Kommission, das eine Emissionsminderung von Treibhausgasen von 40 Prozent vorsieht und im Oktober geschnürt werden soll. Die Kommission kündigte jedoch an, konkrete Ziele erst dann zu formulieren, wenn die Energie-Effizienz-Direktive reformiert worden ist. Dies soll noch im Sommer passieren.

Als Schwierigkeit erweist sich einmal mehr der nicht funktionierende Emissionshandel. Experten der Kommission brachten das Argument ins Feld, verbindliche Effizienz-Ziele könnten das System der Emissionsquoten verfälschen. Das Europäische Emissionshandel-System funktioniere bislang als „incentive“ nur für die Stromhersteller und Teile der Industrie, heißt es in dem Schreiben der Minister. Dies ist eine optimistische Interpretation eines Systems, dessen Quotenpreise so niedrig sind, dass von einem „funktionierenden“ System eigentlich nicht die Rede sein kann.


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