TTIP: Die frohe Botschaft

Die LSAP versuchte diese Woche, sich zum Freihandelsabkommen mit den USA zu positionieren, und lud dazu eigens einen deutschen Europaparlamentarier ein – produziert wurde vornehmlich heiße Luft.

Der Titel der Veranstaltung: „Faktencheck: TTIP“ zielte hoch hinaus. Doch wie kann man „Fakten checken“, wenn über das „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) nur in der Dunkelkammer verhandelt wird? Zwar lobte Bernd Lange von der SPD, der seit 1994 fast ununterbrochen der S&D-Fraktion im Europaparlament angehört und seit 2014 den Vorsitz des Ausschusses für internationalen Handel innehat, die Veröffentlichungen des Verhandlungsmandats und weiterer Dokumente als Beweis von Transparenz, den „man auch mal anerkennen muss“. Doch vergaß er dabei zu erwähnen, dass diese Dokumente der Öffentlichkeit schon seit Monaten bekannt waren – dank eines gezielten Leaks. Die Veröffentlichung derselben Papiere durch die Kommission ist somit wohl kaum ein Akt freiwilliger Transparenz, sondern wurde unter akutem Zugzwang vorgenommen.

Überhaupt wird selten so positiv über den TTIP berichtet, wie man es am vergangenen Dienstag in der Abtei Neumünster vom deutschen Sozialdemokraten erlebte. Das Abkommen sei wie ein Schiff in stürmischer See, das es in den sicheren Hafen zu bugsieren gelte. Warum die europäischen Sozialdemokraten sich entschlossen haben, an diesem Manöver teilzunehmen, erklärte Lange folgendermaßen: „Die globalisierte Ökonomie ist ein Fakt, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Aber diese Ökonomie ist schlecht gemanagt. Dank des TTIP können wir nun bessere Regeln festsetzen. Es geht darum, eine faire Regulierung der globalen Ökonomie zustandezubringen, sowie Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen“. Der TTIP als Chance? In dem Sinne wiederholt Lange nicht viel mehr als die ewigen Mantras der EU-Kommission und ihrer Unterhändler, die sich nicht in die Karten schauen lassen wollen.

Kampagne wie 2005

Lange gab sich alle Mühe, die Motive der EU in den Verhandlungen aufzuschlüsseln: Es gehe um Marktzugang und Zölle, die angepasst, um Standards, die vereinheitlicht werden könnten. Dabei wischte er en passant die Mär vom Chlorhähnchen mit dem Hinweis vom Tisch, dass die Lebensmittel sowie Chemieprodukte und Wasserversorgung vom TTIP nicht erfasst werden. Wie übrigens auch die kulturelle Vielfalt und die Quoten in Radio und Fernsehen nicht, die deshalb kein Gegenstand der Verhandlungen seien. Lange äußerte sich auch negativ zu den sogenannten Schiedsgerichten, die von den Gegnern des Abkommens immer wieder ins Feld geführt werden.

Doch dass diese nun im Freihandelsabkommen mit Kanada – dem sogenannten CETA – schon festgeschrieben sind und dieser Umstand für die amerikanischen Schiedsgerichte zum Einfallstor werden kann, konnte Lange nicht entkräften. Er erklärte lediglich, dass an einer Alternative gearbeitet werde, sparte aber mit Details. Der Frage, wie das mit der Aussage der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zusammenpasst, die behauptet hatte, der CETA-Text sei so gut wie fertig, wich er aus. Ebenso wusste er aus dem Publikum kommenden Hinweisen auf Studien, die die negativen Folgen des TTIP für den Umweltschutz und die Sozialstandards belegen, nichts anderes entgegenzuhalten als den Gemeinplatz, solche Studien – von denen er schon viele gelesen habe – träfen oft nicht zu. Man solle daher nicht versuchen, in die Zukunft zu schauen.

So gesehen ist die LSAP dabei, dieselbe Attitüde an den Tag zu legen wie vor dem Referendum über die EU-Verfassung vor zehn Jahren: Gegner werden als Hysteriker abgetan und eine regelrechte, inhaltliche Debatte wird vermieden, indem man eine Gutwetterstimmung durchzusetzen versucht. Ein Glück nur für die Sozialdemokraten, dass das Volk nicht über TTIP abstimmen darf.


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