SCHOOL-LEAKS: Schäbiges Bild

Die „School-Leaks“-Affäre artet zum Feuilleton aus. Eine gute Figur gibt dabei keiner der Beteiligten ab.

Wer wusste wann woüber Bescheid? Das scheint zur wichtigsten Frage im nun schon zwei Wochen andauernden „School-Leaks“-Feuilleton zu werden. Während die CSV-Abgeordneten Martine Hansen und Felix Eischen dem Bildungsminister Claude Meisch mit einem „juristischen Nachspiel“ drohen, wirft die DP der größten Oppositionspartei vor, „ein politisches Spiel auf Kosten der Schüler“ zu spielen. Und während also Meisch, Hansen und Eischen offenbar die Politik mit dem Bolzplatz verwechseln, müssen ein paar Tausend Grundschüler nach Ostern noch einmal ran.

Darüber wiederum empören sich die nationale Schülerkonferenz und der Dachverband der Elternvereinigungen. Und nicht nur sie: Sowohl SEW (Syndikat Erziehung und Wissenschaft) als auch SNE (Syndicat national des enseignants) klagen die „absoluten Examensbedingungen“ an, die bei der Wiederholung der „épreuves standardisées“ zur Anwendung kommen sollen.

Dass „School-Leaks“ nur die Spitze des Eisbergs ist und die – zumindest mündliche – Weitergabe der Prüfungsfragen seit Jahren gang und gäbe, scheint von allen Seiten übersehen zu werden. Und dass diese Tatsache letztlich Ausdruck eines tiefergreifenden Problems ist – nämlich der geringen Wertschätzung, die dem „enseignement secondaire technique“ gemeinhin entgegengebracht wird -, auch.

Statt nach vernünftigen Alternativen zu der kostspieligen, komplizierten und letztendlich wenig aufschlussreichen Orientierungsprozedur zu suchen, gefallen sich DP und CSV in ihren gegensätzlichen Rollen. Während Meisch den starken Mann mit der eisernen Hand im Bildungsministerium gibt, gerieren Hansen und Eischen sich als unnachgiebige Investigatoren, verstricken sich dabei aber zusehends in Widersprüche.

Welche Rolle die CSV in der ganzen Affäre spielte, lässt sich abschließend noch nicht sagen. Ob sie aber nun „Komplizin“ war oder nur auf den Zug aufgesprungen ist, um Claude Meisch eins auszuwischen – eines scheint jedenfalls klar: Martine Hansen und Felix Eischen waren zu keinem Moment an einer schnellen Schließung des Datenlecks interessiert. Vielmehr nahmen sie die sich bietende Möglichkeit, das Bildungsministerium und damit die DP bloßzustellen, dankbar an. Politik als Dienst am Lande und an den Menschen sieht anders aus.

Während die CSV sich in ihren Spielchen verstrickt, betreibt die Regierung eine desaströse Informationspolitik.

Während die CSV sich also in ihren Spielchen verstrickt, betreibt die Regierung eine desaströse Informationspolitik – etwas, das sich wie ein roter Faden durch die aktuelle Legislaturperiode zu ziehen scheint. So deckte das Land vergangene Woche auf, dass es schon mehrere Wochen vor „School-Leaks“ zu einem Leck gekommen war: Testresultate waren versehentlich auf einer Internetplattform gelandet, zu der Lehrer Zugang haben. Claude Meisch tat diese Tatsache beim Regierungsbriefing als Nebensächlichkeit ab und erklärte, insgesamt hätten nur fünf Personen Zugang zu den Ergebnissen gehabt. Das mag so sein. Wäre es aber in Anbetracht der Ausmaße, die die „School-Leaks“-Affäre recht schnell angenommen hat, nicht angebracht gewesen, möglichst schnell mit der ganzen Wahrheit herauszurücken? Auch auf die Frage nach dem Grund der frühzeitigen Herausgabe der Prüfungsfragen ist das Bildungsministerium bisher eine zufriedenstellende Antwort schuldig geblieben.

Wie es nun weitergeht, ist noch nicht abzusehen. Wer wen zu welchem Zeitpunkt über was unterrichtet hat, werden, wenn überhaupt, erst die eingeleiteten Ermittlungen klären. Um herauszufinden, dass alle Beteiligten in dieser Affäre ein schäbiges Bild abgeben und mit ihrer „politique politicienne“ ihren Teil zum ohnehin um sich greifenden Politikverdruss beitragen, sind jedenfalls keine Ermittlungen vonnöten.


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