Abo-Werbung: Zwischen Irreführung und Marketing

Die Ministerin für Verbraucherschutz geht davon aus, dass die Durchschnittskonsument*innen die Werbestrategien der Servicebranche durchschauen – und begründet damit ihre Stellungnahme zu irreführenden Preisangaben.

Die Kundschaft wird oft mit vermeintlich attraktiven Preisen in die Abo-Falle gelockt.

Die Freude ist groß: Das neue Iphone X1000 für null Euro, plus unbegrenztes Internet, kostenloses Streaming-Angebot und Telefonflatrate. Immer her damit! Nur der Blick aufs Kleingedruckte bremst die Euphorie, denn dort findet man bestenfalls den Haken an der Sache: In kurzer Zeit von null auf fünfzig Euro monatlich – das kann bei Handyanbietern schon mal passieren. Schnell entpuppt sich das anfänglich attraktive Angebot als Mogelpackung, von der man sich wegen der Vertragslaufzeit meist nur schwer und spät befreien kann.

Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement hält diese Taktiken, mit denen oft insbesondere für Handy-Abos geworben wird, für eine Täuschung der Konsument*innen – und ergo für eine Straftat nach dem Code de la consommation (Artikel L.122-1 bis L.122-3). Paulette Lenert widerspricht dem obwohl sie selbst darauf hinweist, dass die Preisberechnung oder die Vorgabe spezifischer Preisvorteile Kriterien sind, an denen die Loyalität einer Geschäftspraktik festgemacht werden. Es gelte von Fall zu Fall und auf Basis der Informationen, die den Kund*innen zur Verfügung stehen, zu erörtern, ob es sich wahrhaftig um eine Täuschung handelt. Letzten Endes würde das Gericht darüber entscheiden ob bei der Werbemaßnahme der legale Rahmen respektiert wurde oder nicht. Die Regierung könne darüber hinaus, ähnlich wie die Union luxembourgeoise des consommateurs, die Händler*innen dazu veranlassen ihre Praktiken im Zweifelsfall zu ändern. Kommen diese der Forderung nicht nach, können beide vor Gericht ziehen und die Änderungen erzwingen. Doch für Lenert fällt die von Clement beschriebene Abo-Werbung nicht unter die Irreführung der Kundschaft. Die Durchschnittskonsument*innen seien an diese Praktiken gewöhnt. Man könne nicht pauschal von Täuschung sprechen.

Aber wie sehen sie aus, die Durchschnittskonsument*innen? Das präzisiert Lenert in ihrer Antwort auf Clements parlamentarische Antwort nicht. Theoretisch kann jede Bevölkerungsgruppe durch die Werbestrategie hinters Licht geführt werden. Selbst, wenn es nicht zum Vertragsabschluss kommt, ist es dennoch ärgerlich und zeitraubend sich mit Angeboten auseinanderzusetzen, die nicht halten was sie versprechen. Ganz davon abgesehen geht es hier um eine Grundsatzdiskussion: Sind unaufrichtige oder manipulative Werbetaktiken in Ordnung, nur weil sich der Großteil der Bevölkerung mit ihnen abgefunden hat? Nur, weil wir wissen, dass Kosmetika die Haut nicht straffen und Milchzwerge das Wachstum nicht ankurbeln, muss nicht weiterhin damit geworben werden. Ähnlich verhält es sich mit den Abo-Preisen.

Vielleicht hat Lenert Recht und die meisten Menschen sind sich schon vor dem Schritt über die Ladenschwelle bewusst, dass sie niemals ein Iphone X1000 für lau bekommen und ihr Abo ewig weniger als zehn Euro kosten wird. Doch definieren sie den Status Quo? Clements Vorschlag ist jedenfalls nicht verkehrt: Loyal wäre es, wenn die Anbieter mit der „mensualité moyenne“ der Verträge werben würden, die man aus den Durchschnittspreisen – gemäß der Vertragslaufzeit und der variierenden Preise – errechnen könnte.


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