Affenpocken: „Das Stigma ist genauso gefährlich wie das Virus“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch zum internationalen Notfall erklärt. Neben dem Virus muss auch das Stigma bekämpft werden.

Das Affenpocken-Virus unter dem Elektronenmikroskop. (Foto: CC-BY NIAID)

Am vergangenen Samstag, dem 23. Juli, wandte sich WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus an die Öffentlichkeit: Die Infektionen mit Affenpocken gelten nun als gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite. Ghebreyesus tat dies, obwohl das Notfallkomitee der WHO sich nicht auf einen Konsens zu der Frage einigen konnte. Über 16.000 Fälle und fünf Tote gibt es bisher, die meisten davon – mehr als 10.000 – in Europa. In Luxemburg gab es Stand 20. Juli 14 Fälle.

Betroffen sind zu 98 Prozent Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben. Affenpocken gelten allerdings nicht als rein sexuell übertragbare Krankheit. „Es ist beim Sex übertragbar, aber das ist nicht der einzige Weg. Wir können im Moment auch noch nicht sagen, ob Kondome schützen“, sagte Andy Seale, Experte der WHO, bei einem Pressebriefing am Mittwoch. „Affenpocken übertragen sich bei engem, intimem Kontakt, so wie er auch beim Sex vorkommt.“

Die WHO empfiehlt Männern, die Sex mit Männern haben, ihre Sexualkontakte mit neuen Partner*innen temporär zu reduzieren. Wichtig sei es auch, Kontaktdaten auszutauschen, um bei einer Infektion gewarnt werden zu können. Alle Expert*innen der WHO betonten während der Pressekonferenz, dass es wichtig sei, gegen das Stigma vorzugehen. Wenn Affenpocken als vermeintliche „Schwulenkrankheit“ gebrandmarkt würde, suchten weniger Menschen medizinische Hilfe und das Virus verbreite sich ungebremst weiter.

Samuel F. Johanns/Pixabay

Lichtblick Pockenimpfung

In den USA wird derweil über Fälle geredet, in denen Affenpocken bei heterosexuellen Menschen nicht diagnostiziert wurden: Da Ärzt*innen die Krankheit nur bei homo- und bisexuellen Männern vermuten, wird kein Test angeordnet. Somit könnte es durchaus sein, dass das Virus sich vorerst unbemerkt in der Gesellschaft verbreitet. Neben intimen Kontakten werden die Affenpocken oft innerhalb von Haushalten verbreitet, wie Rosamund Lewis, die technische Leiterin für Affenpocken der WHO, betonte.

Auch über den Namen des Virus und der Krankheit, die es auslöst, wird diskutiert. Die Stadt New York sprach sich wegen rassistischer Konnotationen für eine Umbenennung aus. „Der Name an sich ist kein Problem. Das Problem ist es, wenn der Name missbraucht wird, um Menschen zu stigmatisieren und zu diskriminieren“, sagte Michael Ryan, Exekutivdirektor der WHO am Mittwoch. Die WHO begrüße dennoch alle Namensvorschläge.

Eine spezielle Impfung gegen die Affenpocken gibt es noch nicht, allerdings gelten die bereits erhältlichen Pockenimpfungen als wirksam. „Wir brauchen mehr Studien dazu“, erklärte Soumya Swaminathan, Chefwissenschaftlerin der WHO. Die Weltgesundheitsorganisation rufe alle Länder mit Impfprogrammen auf, Daten zur Wirksamkeit zu erheben und zu teilen. Der Pockenimpfstoff sei bei manchen Herstellern zwar vorhanden, aber nicht in Dosen abgefüllt – ein logistisches Problem, das es zu lösen gilt. Aktuell werden in den meisten Ländern lediglich Risikogruppen geimpft. Auch die WHO empfiehlt – noch – keine Massenimpfungen.


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