Auch 2020 nur das beste Obst für Luxemburgs Schulen

Bald kann man es Tradition nennen: Das Landwirtschaftsministerium macht eine Ausschreibung für Schulobst, doch statt regionale und biologische Produkte zu bevorzugen, sind Preis und Masse die wichtigsten Kriterien. Der Mouvement écologique nennt es „wieder ein Flopp“.

Es gibt eine große Vielfalt an Apfelsorten, hier illustriert am Beispiel der Fränkischen Schweiz (Bayern). Foto: CC-BY Wikimedia/Benrei)

Bereits 2019 war die Schulobst-Aktion des Landwirtschaftsministeriums ein kleines Politikum. Die Idee klingt grundsätzlich positiv: An fünf Tagen in der Woche bekommen Luxemburgs Schüler*innen kostenlos Obst oder Gemüse (in der Form von Karotten) als gesunde Zwischenmahlzeit angeboten. Ziele sind laut Landwirtschaftsministerium, dass Kinder „den Genuss von Obst und Gemüse kennenlernen“, „an gesundes Essen herangeführt werden“ und „eine ganze Menge Wissen über Obst und Gemüse mit auf den Weg bekommen“ .

Gegen Obst und Gemüse in Schulen kann eigentlich niemand etwas haben – warum meckert der Méco dann? Die öffentliche Ausschreibung konzentriert sich, wie bereits 2019, beinahe ausschließlich auf den Preis. Wer das billigste Angebot macht, bekommt den Zuschlag – Kriterien wie Regionalität oder biologischer Anbau werden nicht oder nur wenig berücksichtigt. Vorgesehen sind lediglich, dass die Bananen aus biologischem Anbau und mit dem Fairtrade-Siegel versehen sein müssen. Der Rest des Obsts muss zu fünf Prozent biologisch angebaut worden sein.

Der Umwelt-NGO geht das nicht weit genug: Sie vermisst generelle Kriterien zu einem ökologischen Anbau, Vorgaben zum zulässigen Pestizideinsatz, die Bevorzugung regionaler Produkte und einen höheren Anteil an Bio-Produkten. „Somit unterstützt das Ministerium einerseits einen Anbau, der mitverantwortlich für den Biodiversitätsverlust, Artensterben, Klimaveränderung, Wasserbelastung u.a.m. ist

und verpasst erneut die Chance, all jene Landwirte und Akteure zu unterstützen, die sich stärker im Interesse des Gemeinwohls einsetzen!“, lautet das vernichtende Urteil des Mouvements.

Weitere Kritikpunkte sind die strikten Vorgaben zu Liefermengen und Zeitpunkten – sie lassen laut dem Méco keine Anpassung an den natürlichen Reifeprozess von Obst. Außerdem sind in der Ausschreibung nicht-wiederverwendbare Verpackungen vorgesehen, was komplett gegen jeden Nachhaltigkeitsgedanken geht. „Wie kann immer wieder an die Verantwortung des Konsumenten appelliert werden, wenn das Verhalten der Regierung selbst verantwortungslos ist?“, fragt der Méco in diesem Zusammenhang.

Vielfalt bei Äpfeln und Birnen aus Italien. (Foto: CC-BY-SA wikimedia/Davide Bolsi)

Wer sich die Schulobst-Ausschreibung genauer anschaut, wird feststellen, dass es so gut wie unmöglich ist, regionales Obst an Schulen zu liefern. Gefordert werden nämlich nicht nur streng genormte Früchte (Äpfel dürfen maximal 160 Gramm wiegen und zwischen 65 bis 70 Millimeter groß sein), sondern auch spezielle Sorten. „Gala“, „Jonagold“ und „Golden“ sind jedoch keine regionalen oder lokalen luxemburgischen Sorten, sondern es handelt sich um jene Ware, die weltweit in jedem Supermarkt bereitsteht. In einer Tabelle mit empfehlenswerten Sorten, die das Naturschutzsyndikat Sicona zusammengestellt hat, werden diese „rezenten Züchtungen für den Ertragsobstbau“ ausdrücklich nicht für den Anbau in Luxemburg empfohlen. Die Clementinen ihrerseits müssen kernlos und leicht zu schälen sein. Natürliche Varietät ist nicht vorgesehen – ein direkter Konflikt mit vielen Grundwerten, auf die sich der Landwirtschaftsminister gerne beruft.

Letztes Jahr hatte sich Romain Schneider mittels Pressemitteilung verteidigt und angegeben, die europäischen Regeln für öffentliche Ausschreibungen müssten respektiert werden und ein einfaches System mit wenigen Lieferant*innen sei nötig, um die vielen Schulen zu beliefern. Der Méco hält dem dieses Jahr entgegen, die europäischen Regeln würden Qualitätskriterien nicht verbieten. „Niemand zwingt das Landwirtschaftsministerium demnach zu einem derart problematischen Lastenheft“, heißt es von der Umwelt-NGO. Der Méco verweist auch auf das deutsche Bundesland Rheinland-Pfalz, in dem das Schulobstprogramm in viele kleinere Lose eingeteilt ist, um regionalen Erzeuger*innen die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen.

Insgesamt werden für das Schuljahr 2020/21 etwas weniger als 363 Tonnen Äpfel, Bananen, Clementinen, Birnen, Nektarinen, Pfirsiche, Aprikosen und Pflaumen gefordert, letztes Jahr waren es noch 573 Tonnen. In Luxemburg wurden 2019 laut Statec 1.932 Tonnen Äpfel angebaut – das Schulobstprogramm braucht 34,1 Tonnen. Selbstverständlich führt das kleine Angebot an Obst und Gemüse in Luxemburg dazu, dass viele Früchte importiert werden – die Vorstellung, dass nicht einmal genug lokales Obst angebaut wird, um die Schulen damit zu beliefern, stimmt jedoch nicht.

Das Schulobstprogramm wird übrigens mit Mitteln der Europäischen Union kofinanziert. Insgesamt gibt die EU pro Schuljahr bis zu 150 Millionen Euro für Schulobst und -gemüse aus, Luxemburg erhält davon 333.895 Euro.


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