Belgien plant Atommüll-Endlager an der luxemburgischen Grenze

Die belgische Regierung sucht nach einem Standort, an dem hochradioaktives Material eingelagert werden könnte. Das Atommüll-Endlager könnte nahe der luxemburgischen Grenze entstehen. Umweltministerin Carole Dieschbourg ist erbost.

Umweltministerin Carole Dieschbourg hält eine Karte mit den vorgeschlagenen Endlagern in Belgien in die Kamera

Foto: Emmanuel Claude / SIP

In der Nähe von Luxemburg könnte ein belgisches Endlager für hochradioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken, aber auch Medizin, Industrie und Forschung entstehen. Im Nachbarland läuft aktuell eine Prozedur, um einen geologisch geeigneten Standort für ein solches Endlager zu finden. Die entsprechende Behörde, die Nationale Einrichtung für radioaktive Abfälle und angereicherte Spaltmaterialien (Niras oder Ondraf), hat Anfang April einen Planentwurf veröffentlicht. Damit soll sich auf die technische Lösung – die geologische Endlagerung – geeinigt werden. Noch bis zum 13. Juni 2020 können Stellungnahmen zu diesem Entwurf eingereicht werden. Da sieben der Standorte in der Nähe von Luxemburg, eins bei Neufchâteau sogar unmittelbar an der Grenze liegen, ist es auch für luxemburgische Bürger*innen und Organisationen möglich, eine Stellungnahme abzugeben.

„Ich finde das schlimm, dass diese Konsultationsphase gerade jetzt stattfindet, in einem Moment der Krise“, betonte die Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) auf einer Pressekonferenz am Dienstagmorgen. Ihr Ziel war es, die Einwohner*innen Luxemburgs, die Zivilgesellschaft, Grenzgemeinden und Wassersyndikate wachzurütteln. Um mehr Öffentlichkeit für das Thema zu generieren, würden auch Anzeigen in Zeitungen geschaltet. „Wir werden als luxemburgische Regierung ein starkes Signal Richtung Belgien senden, weil wir mit dem Vorgehen nicht einverstanden sind. Ich habe meine Beamten gebeten, eine kritische Stellungnahme zu verfassen.“

Die sieben Standorte sind Rocroi, Dinant, Namur, La Roche, Gaume, Herve, das Massif de Stavelot und das Synclinal de Neufchâteau. Einige dieser vorgeschlagenen geologischen Schichten reichen bis nach Luxemburg. Das, so die Umweltministerin, könnte bei einem Unfall bedeuten, dass luxemburgische Trinkwasserreserven radioaktiv verseucht würden. Es sei auch nicht hinnehmbar, dass in der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung keine grenzüberschreitenden Gefahren berücksichtigt worden seien. Das verletzte die Espoo-Konvention, die genau solche Umweltimpaktstudien im grenzüberschreitenden Kontexten regelt.

Bereits 2010 hatte die belgische Regierung einen ähnlichen Plan für die Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen vorgelegt. 2018 sei dieser gestoppt worden – Dieschbourg zieht daraus Hoffnung, auch den jetzigen Plan zu vereiteln. „Noch ist alles sehr unsicher, wir wissen noch nicht genau, was kommt. Aber ich möchte, dass alle informiert sind und wir uns mobilisieren können, damit in unsere Grenzregion kein Endlager kommt.“ Sie führe Gespräche mit der wallonischen Regionalregierung und wolle auch bald mit der Föderalregierung reden.

Ein pikantes Detail könnte die Verhandlungen allerdings erschweren: In dem Endlager würden auch luxemburgische radioaktive Abfälle, vor allem aus der medizinischen Anwendung, landen. 2016 unterzeichneten Luxemburg und Belgien einen Vertrag, der vorsieht, dass Luxemburg 30 Kubikmeter im belgischen Endlager unterbringen darf. Das stellt jedoch nur einen sehr geringen Teil der Gesamtmenge dar: Insgesamt sollen 10.900 Kubikmeter sogenannte „konditionierte“ (so behandelt, dass sie chemisch stabil sind) radioaktive Abfälle gelagert werden, 250 Kubikmeter in Glas eingeschlossene hochradioaktive Abfälle und 3.800 Tonnen Schwermetalle aus abgebrannten Brennelementen.


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