Bildungspolitik: Und jährlich grüßt das Syndikat

Das Syndikat Erzéiung a Wëssenschaft (SEW-OGBL) übt erneut scharfe Kritik an der Reform des „cycle inférieur“. Desaströse Auswirkungen auf das Schulwesen, unkontrollierte schulische Autonomie, schwammige Anweisungen – die Liste der Vorwürfe ist lang.

Das SEW-OGBL ist sehr wütend. Und das auf das Bildungsministerium. Mit der Einführung der Aufbau- und Leistungskurse in der Oberstufe untergrabe die Bildungspolitik die Chancengleichheit, statt diese wie versprochen zu fördern, bemängelt die Lehrer*innengewerkschaft in einer Pressemitteilung. Die besagte Reform, die im Schuljahr 2017/2018 eingeführt wurde, ermöglicht es den Schüler*innen in der Oberstufe im Deutschen oder im Französischen (ab 2019 bis zur 3e G) zwischen Leistungs- und Aufbaukursen zu wählen. Die Sachfächer werden folglich in der starken Sprache der Schüler*innen unterrichtet.

Das SEW-OGBL hat wenig für die Umsetzung der Reform übrig. Das Ministerium habe es versäumt, einheitliche und klare Kriterien in Bezug auf die Bewertung, die Leistungsanforderungen sowie die Promotion zu definieren. Die Schulen haben laut SEW-OGBL Narrenfreiheit: Die Auslegung der genannten Aspekte bleibt ihnen selbst überlassen. Manche würden sich sogar über den Gesetzestext hinwegsetzen, der einen Kurswechsel nur am Ende des ersten Trimesters oder des Schuljahres vorsieht – und den Wechsel auch im zweiten Trimester erlauben. Noch dazu sei es unklar, wie nach einem solchen Kurswechsel die Jahresnote berechnet wird. Was dem SEW auch nicht schmeckt: Die Schulen entscheiden selbst, wie sie die einzelnen Kurse aufteilen. In manchen Gebäuden unterrichtet eine Lehrkraft die Aufbaukurse in Kleingruppen, in anderen gibt es einen gemeinsamen Unterricht.

Das SEW-OGBL sorgt sich deswegen um unterschiedliche Aufstiegschancen der Schüler*innen. Es fordert einheitliche Kriterien und Anforderungen für alle Schulen. Die Schüler*innen der Klassen, die in Aufbau- und Leistungskurse unterteilt sind, sollen von zwei Lehrpersonen im Team Teaching unterrichtet werden. Das Bewertungssystem ist dem SEW-OGBL ein weiterer Dorn im Auge. Das Syndikat verlangt eine leicht verständliche, transparente Alternative. Die derzeitige Methode sei vielen Schüler*innen und Eltern ein Rätsel. Die müssten grundsätzlich besser über die Reform und ihre Konsequenzen informiert werden.

Noch vor zwei Jahren schrieb das SEW-OGBL in einer Stellungnahme zu der geplanten Umstrukturierung der Sprach- und Sachkurse: „Le SEW-OGBL soutient l’organisation de l’enseignement des langues et des mathématiques en cours de base et en cours avancés.“ Nur ein Jahr später zweifelte es die Reform bereits an. War im März 2017 noch von Unterstützung die Rede, hieß es im Mai 2018: „Kurz vor den Parlamentswahlen im Oktober 2018 nimmt Minister Meischs Unterrichtsministerium erhebliche Änderungen am Sekundarschulwesen vor und bewirkt damit vor allem eines: Chaos.“

Chaos, weil für das SEW-OGBL kurz vor Schulbeginn völlig unklar war, wie die vorgesehene Aufteilung gelingen sollte. Es fehlte damals unter anderem an geeigneten Unterrichtsmaterialien, spezifischen Rahmenlehrprogrammen und informiertem Personal. Das SEW-OGBL verlangte ein konkretes Konzept, um die Differenzierung auszubauen – und unterstellte Bildungsminister Claude Meisch „auf Monolog statt Dialog“ zu setzen sowie seine „kopflose Unterrichtspolitik auf dem Rücken der Schüler und Lehrer“ auszutragen. Die Bitte um eine Unterredung mit dem Bildungsminister blieb 2018 unbeantwortet. Ob es nach der erneuten Kritik zu einer baldigen Aussprache kommt, ist fraglich.


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