Black Metal aus Luxemburg: Tanz in der Asche

„Tolkien Black Metal“ nennt die Luxemburger Band Asathor ihren episch-immersiven Sound, den sie, wie vor zwei Wochen in der Rockhal, auch überzeugend auf die Bühne bringt. Ein Gespräch über musikalische Stilfindung, emotionale Belastungen und eine Konzertperformance, die auf Tuchfühlung mit dem Publikum verzichtet.

Starker Auftritt: Asathor am 9. November in der Rockhal. (Foto: Elena Arens)

woxx: Im September habt ihr eure neue EP „Quenta mir: Sangwa“ veröffentlicht. Stilistisch sehe ich die ein wenig mehr in Richtung Viking Metal gehen als eure LP vor fünf Jahren, die zum Teil noch deutlicher im traditionellen Black Metal verankert war. Wodurch wurde eure Entwicklung in den vergangenen Jahren beeinflusst?

Fränz (Gitarre)*: Ich finde es interessant, dass du die neue Platte im Viking Metal verortest. Für uns trifft das eher auf das ältere Release zu. Mittlerweile sehen wir uns musikalisch im Black Metal beziehungsweise Post-Black-Metal. Die Entwicklung vollzog sich eigentlich ganz natürlich. Unser zweiter Gitarrist Ben hat immer viel Black Metal gehört, darüber hinaus haben wir nach und nach neue Einflüsse bekommen. Da wir zwar an Stücken gearbeitet, aber längere Zeit nichts veröffentlicht haben und relativ wenig aufgetreten sind, mag dieser Entwicklungssprung nach außen hin vielleicht ein bisschen krass erscheinen. Für uns als Band ist das anders. Hinzu kommen die neuen Bandmitglieder, die mit ihren Einflüssen diesen Prozess noch verstärkt haben.

Mein Eindruck geht auch auf die Produktion der neuen Platte zurück, die etwas wuchtiger, voluminöser und epischer ist, während der Sound auf eurer LP „Vegvísir“ (2019) trockener und roher klingt. War das gewollt?

Fränz: Ja. Das war eine sehr bedeutsame Entscheidung, weil wir mit einem anderen Produzenten gearbeitet haben. Es war uns wichtig, dass der Bass, der den Sound so fett und auch so rund macht, sehr präsent sein sollte. Das entspricht vielleicht nicht dem klassischen Black-Metal-Sound, aber dafür dem, wie wir das hören wollen.

Ben (Gitarre): Vegvísir war in gewisser Weise auch ein Sammelsurium aus älteren und neueren Liedern der damaligen Band-Ära. Die beginnt 2005, 2006, als wir erst richtig losgelegt haben, und reicht bis 2018, als wir dann die Platte aufgenommen haben. Stilistisch war das ein bisschen querbeet. Der Song „Menschenfleisch“ war eher rauer, „Nazgûl“ ist ja noch älter …

Nazgûl war auch euer erstes Demo, das ihr 2009 veröffentlicht habt.

Ben: Genau. Das Lied haben wir für Vegvísir noch einmal neu aufgenommen. Die damaligen Aufnahmen haben wir auch privat gemacht, nicht in einem Studio.

Eric (Bass): Ich komme zwar nicht aus der Old-School-Metal-Szene, habe aber schon immer einen Bezug zu Metal gehabt. Mir war wichtig, dass ein etwas moderner Sound hinzukommt – nicht nur, was mein Instrument, den Bass, betrifft. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, deshalb haben wir das alle zusammen so entschieden. Wir haben herumprobiert und uns dann geeinigt. So kam der etwas andere Charakter des Sounds zustande, die etwas modernere Produktion der aktuellen EP.

Ihr habt euch also ganz bewusst zusammengesetzt, nachdem Sven und du dazugestoßen wart, um zu überlegen, wie ihr künftig klingen wollt?

Eric: Als ich dazugekommen bin, stand ich zunächst mal ziemlich unter Druck, weil ein Konzert anstand. Ich habe ja mit unserem Drummer Fränz noch ein anderes Bandprojekt. Irgendwann meinte er: „Wir bräuchten für ein Konzert mit Asathor einen Bassisten – hättest du da Bock drauf?“ Ich habe zugesagt, und wie das meistens so ist, kommt so ein Streuner, hilft aus und irgendwann gewöhnen sich die anderen Bandmitglieder an ihn und lassen ihn nicht mehr gehen. Ich fand die Leute dann auch sehr sympathisch und habe mir gedacht: „Warum nicht wieder mal eine Metalband haben?“ Am Anfang gab es also nicht viel Zeit, sich hinzusetzen und sich einen neuen Sound zu überlegen. Insofern hat der Zeitdruck mir auch ein bisschen geholfen: Ich habe dem ganzen meinen individuellen Touch verliehen und es gab dann auch nicht viel Spielraum für Diskussionen, ob das gut so ist oder nicht (lacht).

Und wie war das dann im Studio?

Eric: Da haben wir uns dann schon die Frage gestellt, was genau wir machen wollen. Der Toningenieur, mit dem wir zusammengearbeitet haben, Philipp vom Audio Grain Studio, war auch sehr offen. Ich habe früher bereits mit anderen Produzenten zusammengearbeitet, denen man anmerkte, dass die vorab schon eine konkrete Vorstellung davon hatten, wie ein Projekt klingen soll. Philipp hingegen – und das hat mir sehr gut gefallen – war sehr offen und meinte: „Wir machen mal, worauf ihr Bock habt und gucken, wo das hinsteuert.“ Das war sehr erfrischend, und so haben wir eigentlich im Studio nachgeholt, wofür anfangs keine Zeit war, und überlegt, wie wir eigentlich klingen wollen.

Sven (Gesang): Ich wollte nochmal auf deine Eingangsfrage zurückkommen. Unser Sound ist immer noch sehr Viking-Metal-, Black-Metal-, und Death-Metal-lastig. Das hört man auch an den Gitarrenriffs. Die interessante Frage wäre für mich, wodurch sich Viking Metal eigentlich definiert. Wir haben textlich auf der neuen EP das Thema Wikinger rausgenommen, aber die Musik bleibt. Wir haben uns irgendwann damit abgefunden, dass es sehr schwer ist, überhaupt zu sagen, was für eine Art von Metal wir machen. Deshalb hatten wir irgendwann die Idee, dass wir das „Tolkien Black Metal“ nennen und verbinden das musikalische jetzt mit Texten, die auf den Büchern J.R.R. Tolkiens basieren.

Das kannst du nachher gerne noch ein wenig ausführen.

Sven: Ich weiß nicht, wie viel Zeit du hast (allgemeines Gelächter der anwesenden Bandmitglieder).

Eric: Ich glaube, Sven hat dich gerade zu einer Lesung des „Silmarillion“ eingeladen. Das könnt ihr dann unter euch ausmachen.

Fränz, du bist seit der Gründung der Band im Jahr 2005 dabei. Was gab damals den Impuls, Asathor zu gründen und was hat sich seitdem verändert?

Fränz: Ben und ich kennen uns schon lang und sind als Nachbarn in Useldingen aufgewachsen. Wir sind immer gemeinsam im Bus zur Schule gefahren. Ich war so 13, 14 Jahre alt, und Ben, das war der Raue, mit den Nieten und den Metal-Patches auf der Lederjacke. Irgendwann sind wir ins Gespräch gekommen, hatten auch den gleichen Gitarrenlehrer und dann ist eins zum anderen gekommen. Er kannte schon einen Drummer, mit dem er ein bisschen gejammt hat, und irgendwann hat er gefragt, ob ich nicht mal dazukommen will. Dann haben wir uns nach weiteren Bandmitgliedern umgeschaut; das war so die Anfangszeit. Es war eigentlich eher ein Schülerband-Projekt. Ein bisschen seriöser wurde es dann 2010; da kam unser Drummer dazu, der andere Fränz. Das ist der Kern der Truppe, der über die Jahre gleich geblieben ist.

Vielleicht willst du auch noch was zu den ersten Jahren der Band sagen, Ben?

Ben: Fränz hat keine Dummheiten erzählt. Es hat eine Weile gedauert, bis wir die erste Bandkonstellation gefunden hatten, die bühnenreif war. Zunächst sind wir in Kneipen aufgetreten, auf kleineren Festivals und Konzerten. Damals gab es auch noch sehr viele Veranstaltungen von Jugendvereinen. Über zwei Jahre hinweg hatten wir außerdem eine Flötistin im Line-up. Das war auch eine sehr interessante Phase, die sehr Viking-Metal-lastig war; stilistisch ganz anders als jetzt. Damals waren wir auch ziemlich viel unterwegs. Man findet auch alte Videos auf „YouTube“ von uns aus der Zeit.

Wie seid ihr zum Black Metal gekommen?

Ben: Was den Musikgeschmack anbelangt, habe ich sehr früh schon mit Black Metal angefangen. Zwar habe ich auch andere Sachen gehört, aber mich hat vor allem die Black-Metal-Kultur interessiert, stilistisch auch Death Metal, Bands wie „Amon Amarth“, die anfangs ein großes Vorbild von mir waren. Die ersten Platten von denen waren der Hammer. Die waren eben auch schön rau und haben es auf den Punkt gebracht. Das war dann ein bisschen das erste Leitbild der Band: melodischer Death Metal mit einer ordentlichen Prise Black Metal. Unser damaliger Sänger hatte auch diese Black-Metal-Attitüde drauf, mit seinem Gegrunze und Gekreische. Wir haben uns auch da zum Teil schon an der Herr-der-Ringe-Thematik von J.R.R. Tolkien orientiert. Ganz am Anfang hatten wir den Namen Minas Morgul (einer der namensgebenden „zwei Türme“ des zweiten „Herr der Ringe“-Bandes, Anm. der Red.), ehe wir uns in Asathor umbenannten, weil es eine österreichische Band gleichen Namens gab.

Und es kam nie der Punkt, an dem gegenüber der Band andere Prioritäten wichtiger geworden sind?

Fränz: Über eine längere Zeit hinweg war es schon relativ schwierig, weil wir wegen Uni, Ausbildung und solchen Dingen relativ wenig Zeit hatten und schauen mussten, dass die Band am Leben bleib. Ab 2016, 2017 wurde es dann wieder anders. Wir hatten die Ausbildungsphase hinter uns und haben uns an die Produktion von Vegvísir gemacht. Die Band hat mich also mehr als mein halbes Leben lang begleitet. Sie hat immer viel Platz eingenommen, in den vergangenen Jahren aber noch einmal vermehrt. Auch jetzt mit dem neuen Line-up. Wir haben einfach Bock, an einem Strang zu ziehen, das Ganze nochmal ein bisschen zu pushen und zu schauen, wie weit das geht.

Viele Musiker*innen beschreiben die Entwicklung ja eher andersrum, weil dann Beruf, Kinder und Familie wichtiger werden und weniger Zeit für die Band bleibt.

Fränz: Ich persönlich habe mir mehr Raum verschafft, um für die Band arbeiten zu können. Aber natürlich sind wir nicht die aktivste Band, wir spielen nicht jedes Wochenende. Wir versuchen uns regelmäßig zu sehen, neue Stücke zu schreiben, zu proben, ein paar Auftritte im Jahr zu haben; dennoch waren wir von Anfang sehr realistisch, dass wir das nicht unbedingt professionell werden machen können. Wichtig war immer, dass es ein schönes Projekt für uns ist und vielleicht hat es auch deshalb so lange überdauert. Wir haben uns nie in die Haare bekommen, weil jemand den Anspruch hatte, dass die Sache viel größer werden muss. Und jetzt erleben wir, dass das, was wir machen, gerade sehr gut ankommt und auch viel Spaß macht. Auch dadurch, dass Sven und Eric dazugekommen sind und ihr Können und ihre Erfahrung mit reingebracht haben. Es ist eine neue Dynamik entstanden, aber es ist auch alles ein bisschen aufwändiger geworden: Wenn man größere Gigs spielt oder Musik veröffentlicht, gibt es immer auch viele Sachen zu klären und da sind wir noch ein bisschen in der Orientierungsphase.

Habt ihr manchmal auch Angst vor dieser Dynamik, die jetzt entstanden ist; davor, dass euch das alles entgleiten könnte?

Fränz: Es ist ja nicht so, dass es jetzt total abgeht. Aber es ist schön, was wir gerade erleben. Wir konnten jetzt in der Rockhal spielen, was vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen wäre. Wir haben in der Kufa gespielt, das war auch sehr cool. Es gibt viel positives Feedback. Trotzdem ist alles noch überschaubar.

Sven, wie bist du denn dazugestoßen und wie ist es dir gelungen, die anderen von deinen Ideen zu überzeugen?

Sven: Ich bin vor zwei, drei Jahren dazugekommen, als mein Vorgänger Fred aufgehört hat. Asathor hatte via Facebook einen neuen Sänger gesucht. Ich hatte zu der Zeit schon bei meiner früheren Band Theophagist aufgehört. Wir haben dann mal geschaut, ob das passt und das hat es dann auch. Auf Vegvísir lag der Akzent stark auf der Wikinger-Thematik, die mich bloß mäßig interessiert. Also gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder jemand schreibt die Texte, der sich mit Wikingern besser auskennt, oder ich such mir ein anderes Thema. Und da lag für mich eigentlich sofort die ganze Tolkien-Welt nahe. Auch Tolkien hat sich ja sehr stark an der nordischen Mythologie orientiert.

Wieso gerade solche Fantasy-Themen? Ist das für dich auch eine Möglichkeit, sich für eine Weile aus dem Alltag auszuklinken?

Sven: Ich habe mir gestern überlegt, ob du diese Frage wohl stellen wirst. Und tatsächlich weiß ich deshalb auch schon recht genau die Antwort darauf. Ich habe mich bewusst gegen, sagen wir mal, realitätsnahe Themen entschieden, weil ich politisch und auch persönlich ein bisschen abgekapselt bin von der Welt. Das klingt jetzt … also, ich lebe nicht im Wald oder so, aber ich habe aufgrund persönlicher Erfahrungen irgendwann gelernt, dass es von Vorteil sein kann, wenn man sich von dem abschottet, was die Nachrichten so von der Welt präsentieren. Ich lese zum Beispiel kaum noch Zeitung und schaue auch keine Fernsehnachrichten mehr. Das hat mir sehr geholfen, wieder ein bisschen mit den Füßen auf den Boden zu kommen. Man hat wieder mehr Zeit für das, was um einen herum passiert und schaut nicht andauernd auf das, was in 10.000 Kilometern Entfernung geschieht. Die ganze Ukraine/Russland-Thematik ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Ich stecke da gar nicht mehr drin, weil ich gemerkt habe, dass mich das emotional zu sehr belastet. Ich habe genügend andere emotionale Belastungen. Bei Tolkien ist die Sache so: Der Ausgang steht schon fest, alles steht in den Büchern. Auch die Werte sind sehr klar: Es gibt das Gute, es gibt das Böse. Die Gefahr, dass jemand kommt und sagt: „Ich interpretiere deine Texte so, dass du vielleicht so und so denkst oder dass du die und die Seite gewählt hast“ ist also klein. Politische Texte in der Musik sind für mich etwas, wovon ich die Finger lassen will.

Da höre ich auch etwas die Angst vor dem Verlust der künstlerischen Freiheit heraus. Dass man sich als Künstler letztlich doch immer erklären, eindeutig werden muss, anstatt die Leute ihren Interpretationen und Projektionen zu überlassen …

Sven: Das passt auch ein bisschen zu dem, wie wir uns momentan auf der Bühne präsentieren. Das folgt ja einem Konzept. Wir haben uns nicht einfach bloß gedacht, wir ziehen uns jetzt mal schwarz an, Licht aus und dann gucken wir mal, was passiert. Wir haben die Interaktion mit dem Publikum sehr zurückgefahren, damit der Fokus wieder zurück auf die Musik geht. Und da eignen sich dann auch die Tolkien-Texte, weil es bei denen eher nicht so viel Spielraum gibt, sie anders auszulegen. Und so bleibt dann auch tatsächlich vor allem die Musik, begleitet von den Geschichten. Dass andere Bands das Medium der Musik nutzen, um ihre Message rüberzubringen, ist natürlich ebenfalls okay.

(Foto: Ken Pletschet)

Die Bühnenshow, die ihr jetzt habt, ist also eine relativ neue Idee?

Sven: Ich weiß nicht mal mehr richtig, wie das entstanden ist. Ich höre eigentlich fast nur Black Metal, und da geht der Trend immer mehr dahin, dass es gar keine Interaktion mit dem Publikum mehr gibt. Natürlich kann man darüber streiten. Aber es gibt eben viele Bands oder Livekonzerte, wo die Interaktion mit den Zuschauern sich für mich nicht wirklich ehrlich anfühlt. Mir entspricht es eher, gar nicht auf das Publikum zuzugehen, damit es sich tatsächlich auf die Musik konzentriert. Die können wegen mir auch für 45 Minuten die Augen zumachen und nur zuhören.

Du selbst stehst ja sogar komplett maskiert auf der Bühne.

Sven: Das hilft mir auch persönlich. Ich stehe zwar schon seit ich 16 oder 17 bin als Sänger auf der Bühne, aber maskiert zu spielen ist noch mal irgendwie einfacher und befreiender.

Weshalb empfindest du das so?

Sven: Ich glaube, jeder, der schon mal als Sänger vor einem Publikum gestanden ist, weiß, wie sich das anfühlt; wie nackt man sich teilweise fühlt, weil man kein Instrument in der Hand hat. Wenn Sänger, die ansonsten Gitarre oder Bass spielen, auf einmal ohne dastehen, wissen die nicht mehr so richtig, was sie mit ihren Händen und Armen anfangen sollen, das wirkt dann sofort ein bisschen steif. Bei mir kommt hinzu, dass ich seit geraumer Zeit gar keinen Alkohol mehr trinke, weil ich aus den falschen Gründen getrunken und auch sehr viele Konzerte tatsächlich recht betrunken gespielt habe. Und da ich jetzt stocknüchtern auf der Bühne stehe, fühle ich mich noch nackter und beobachteter. Und die Maske bildet dann eine Trennwand. Ich bin in meiner Welt, und die Zuschauer sind in ihrer Welt. Es hat also schon auch psychologische Gründe, warum wir jetzt so auftreten. Mir persönlich hilft das, und ich mache auch kein Geheimnis daraus. Praktischerweise wirkt unsere Show dadurch aber auch mysteriöser und es entspricht auch ein wenig dem momentanen Trend. Das lasse ich mir auch gerne vorwerfen, dass ich das ein bisschen von anderen abgeguckt habe.

Und die anderen haben das so mitgetragen?

Sven: Wir haben schon besprochen, dass ich nicht als einziger so verkleidet auf der Bühne stehen kann. Also haben wir uns zusammengesetzt und das ein bisschen ausgearbeitet. Wir verwenden auch viel Nebel während der Show und so hat sich dann ein homogenes Bild ergeben, mit welchem wir momentan auch auf sehr viel positive Resonanz stoßen.

Ihr wollt die Leute mit der Musik also auch ein bisschen allein lassen?

Sven: Ich mache keinerlei Ansagen, weder vor noch nach der Show, auch zwischen den Liedern nicht. Und da ist es schon auch interessant zu sehen, dass die Zuschauer wirklich etwas irritiert reagieren, so: „Okay, ist das Lied jetzt vorbei? Sollen wir klatschen?“ Das zeigt, dass die Leute es gewohnt sind, von der Band, die auf der Bühne steht, umarmt und durch das Konzert getragen zu werden. Das fehlt bei uns komplett.

Wie ist das für euch, Fränz und Ben? Ihr seid das von früher ja auch anders gewohnt; ist es für euch irritierend, einen Schritt zurückzutreten vom Publikum?

Ben: Die Maskierung und all das gab es bei uns früher gar nicht, und wir haben auch mit dem Publikum kommuniziert und so. Deshalb war das für mich auch totales Neuland, jetzt so zu spielen, aber ich finde es völlig okay. Sven hat das sehr gut beschrieben. Mir gefällt außerdem die mystische Stimmung, die dadurch entsteht. Außerdem reden wir zwar nicht mit dem Publikum, aber wir kommunizieren ja trotzdem nonverbal. Künftig wollen wir außerdem noch intensiver mit Lichttechnikern zusammenarbeiten, damit alles noch mehr abgestimmt ist und wie ein Theaterstück wirkt.

(Foto: Elena Arens)

Fränz: Es gab aber schon auch Diskussionen über das Konzept. Zumindest von meiner Seite, weil es schon eine Umstellung war, ganz klar. Ich musste mich daran gewöhnen, auch weil ich ja persönlich hinter der Musik stehe und daher auch kein Problem damit habe, wenn mein Gesicht damit verbunden wird. Aber es nimmt natürlich schon auch ein bisschen den Druck von einem, gerade wenn man keine sehr extrovertierte Persönlichkeit ist. Zudem hatten wir früher das Problem, dass wir versucht haben, eine bestimmte Atmosphäre aufzubauen, und wegen der Pausen und teils verlegenen Ansagen zwischen den Songs war die dann wieder weg. In dieser Hinsicht ist es stimmiger, wie wir es jetzt machen.

Eric: Sven hat ja auch deutlich gesagt: Ich möchte das machen. Und wenn man zu fünft ist, dann trifft man diese Entscheidung auch gemeinsam. Deshalb haben wir gesagt: Okay, wir unterstützen dich darin. Cool, dass du dir so viele Gedanken gemacht hast und dann ziehen wir alle mit. Mir ist immer wichtig, dass man als Band zusammensteht, und sich als Einheit auf der Bühne präsentiert. Das ist es, was zählt.

Eure neue EP habt ihr bislang nur digital veröffentlicht; bereits eure LP hattet ihr im Eigenverlag herausgebracht. Sucht ihr noch nach einem Label oder ist eure jetzige Vorgehensweise ohnehin das, was euch entspricht?

Eric: Es war eine bewusste Entscheidung, erstmal nur digital zu veröffentlichen, weil sich die Musikwelt und das Konsumverhalten einfach verändert haben. Klar wird es immer Leute geben, die eine CD haben wollen. Aber man muss sich als Band fragen, wieviel Sinn das macht. Für kleine und unabhängige Bands wie uns ist allein die Aufnahme sehr kostspielig, wenn kein Label dahintersteht und das finanziert. Und da hat sich dann schon die Frage gestellt, ob es sinnvoll ist, auch noch für die Produktion einer CD Geld auszugeben, wenn 90 Prozent der Leute die Musik sowieso in digitaler Form konsumieren. Ich sammle selbst auch Platten und finde es immer sehr schön, etwas in der Hand zu haben, aber der Fokus liegt jetzt erst mal darauf, das neue Line-up und den neuen Sound zu präsentieren.

Fränz: Und es dauert wahrscheinlich auch nicht so lange, bis das nächste Material von uns veröffentlicht wird, wie ich hier schon mal verraten kann. Es sind genug Ideen da, und wir sind jetzt auch schon ein wenig in den Wintermodus gewechselt, um neue Stücke zu schreiben.

Verortet ihr euch eigentlich in einer Szene, in Luxemburg oder darüber hinaus?

Sven: In Luxemburg haben wir eine recht übersichtliche Szene. Jeder kennt jeden, jeder Dritte spielt in der gleichen Band wie der zweite. Deswegen können wir uns hier beispielsweise nicht in einer Black-Metal-Szene verorten. Dafür sind die einzelnen Bandmitglieder auch zu unterschiedlich. Es ist erstaunlich, dass wir uns überhaupt auf einen Sound einigen können, weil wir wirklich sehr verschiedene Musikgeschmäcker haben.

Eric: Es ist, wie Sven gesagt hat; jeder kennt jeden. Trotzdem gibt es schon einen Konkurrenzkampf in Luxemburg, aber einen positiven Konkurrenzkampf, ein gegenseitiges Pushen. Und deshalb finde ich persönlich, dass es, egal in welchem Stil, sehr viele qualitativ hochwertige Bands gibt; gerade weil man so eng aufeinanderhockt und die anderen nicht ignorieren kann. Man versucht, immer noch einen Schritt weiterzukommen oder sich weiterzuentwickeln. Deshalb floriert die Musik in Luxemburg so gut.

Was wollt ihr mit Asathor noch erreichen?

Eric: Ein bisschen hat Fränz das vorhin ja bereits angeschnitten. Wir sind alle ungefähr im gleichen Alter, wir stehen alle mit beiden Beinen im Leben. Wir haben also nicht die Vorstellung, irgendwann unsere Jobs zu kündigen und die Band auf einem professionellen Niveau zu betreiben. Wir machen schon so lange Musik, dass das einfach ein Teil von unserem Leben ist. Deshalb bringen wir genügend Erfahrung mit um zu sagen, wir betreiben das als cooles Hobby, aber als Qualitätsprodukt.

*Auf Wunsch der anwesenden Bandmitglieder werden diese nur beim Vornamen genannt. Schlagzeuger Fränz hat an dem Gespräch nicht teilgenommen.

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