Der letzte linke Kleingärtner, Teil 60: Regenwürmer an die Front

Wenn der Spaten nicht leicht in die Erde fährt, kann es helfen, sich zu echauffieren: Der letzte Kleingärtner ärgert sich dieses Mal vor allem über die Frontschweine aus dem Deutschen Bundestag.

Hier wird kein Schützengraben ausgehoben: Es ist nur der letzte linke Kleingärtner, der nachholt, was er im Herbst unterlassen hat. (Foto: Wikimedia/Alupus)

Es gibt Rituale, die einem das Leben schwer machen, die man aber partout nicht loswird. Wer sonst, wenn nicht der große linke Kleingärtner steht dafür beispielhaft. Das Ritual beginnt jedes Jahr im Herbst, nachdem das Gros der Ernte eingefahren ist. „Man müsste und sollte“ jetzt umgraben und die blanke Erde mit Grasschnitt bedecken oder ähnlichem organischem Material wie Laub.

Solange diese Gedanken die Belanglosigkeit des Konjunktivs nicht verlassen, bin ich auf der sicheren Seite. Sie tangieren mich nicht, weil sie mich lediglich als vage Idee erreichen. So kommt und vergeht der Winter, und schon klopft der Frühling an die Tür. Und siehe da, aus dem vagen „man müsste und sollte“ sind die im Wortsinne harten Fakten des Frühjahrs geworden. Dann muss ich eben jetzt den Boden etwas lockern und umgraben. Das wäre im letzten Herbst direkt nach der Ernte viel leichter gewesen. Nun jedoch zahle ich mit Rückenschmerzen den Preis für meine Aufschiebe-Strategie.

Jeden anderen würde ich angesichts einer solchen Nachlässigkeit zur Schnecke machen, dass es sich gewaschen hat. Aber was soll ich mit mir anfangen? Ist eine große Geste des Verzeihens und Vergebens angebracht, wie es die Bibel im Gleichnis vom verlorenen Sohn zelebriert? Meinetwegen. Alles andere würde mich nur runterziehen und am Ende des Tages würde ich meinen eigenen Missmut unter die Menschheit verbreiten. Das hat diese nicht verdient. Also Augen zu und durch: Morgens vor der Arbeit zwei Stunden früher raus, im Halbdunklen der Nässe und Kälte getrotzt und mit Grabgabel bewaffnet das Nötige getan. Stich für Stich. Unaufhaltsam reift dabei in mir die Idee für den Herbst: „man müsste und sollte“.

Eine kleine aber nicht unwichtige Entschädigung bereiten mir beim morgendlichen Tun die Regenwürmer, die ich erblicke. Phantastisch, wie die ihre Arbeit gemacht, sich seit Herbst den ganzen Winter über durch die Erde gewühlt und diese aufgelockert haben. Fast überall jedenfalls. Es gibt nur wenige Flecken, wo sie nicht tätig waren oder wo ihre Bataillone eine zu geringe Mannschaftsstärke hatten.

Apropos „Mannschaftsstärke“: Während ich vor mich hin grabe und im zufriedenen Zwiegespräch mit meinen Regenwürmern versinke, ziehen über mir am Himmel riesige Mengen von Artilleriemunition und sonstigem Kriegsgerät von Westen nach Osten, im Schlepptau riesiger Transportflugzeuge. Sie sind auf dem Weg in die Ukraine. Angeführt werden sie von den schärfsten Granaten, die der Deutsche Bundestag zu bieten hat, Agnes Strack-Zimmermann von der FDP und ihr Beifahrer, der Grüne Anton Hofreiter.

Strack-Zimmermann kennt sich aus, bei Waffen zumindest. Politisch fiel sie vor dem Ukraine-Krieg nie sonderlich auf. Aber seit 2022 agiert sie wie eine Rüstungslobbyistin und als parlamentarisches Sturmgewehr schlechthin. Der grüne Anton steht ihr in nichts nach. Sobald sich in den Reihen der Kanzlerpartei, der SPD, oder sonst irgendwo in der Gesellschaft mal ein Gedanke hervortut, der Begriffe wie „einfrieren“, „Moratorium“ oder „verhandeln“ enthält, verwandeln sich Hofreiter und Strack-Zimmermann in multiple Kampfgruppenverbände und bringen die Öffentlichkeit wieder auf Linie: Mehr Waffen, mehr Waffen, mehr Waffen.

In der Tat, es gibt gute Gründe, der Ukraine Waffen zu liefern, denn das Land wurde von Putin angegriffen und soll gekillt werden. Das Recht zur Selbstverteidigung ist gegeben und braucht nicht durch Appeasement, gleich welcher Art, nivelliert zu werden. Wer aber wie Hofreiter und Strack-Zimmermann zwanghaft jedes Nachdenken über eine mögliche (!) Nicht-Lieferung dieses oder jenes Waffensystems als Nachgeben vor Putin abtut und behauptet, damit würde die Ukraine im Stich gelassen, hat einen in der Tüte.

Ohnehin haben die beiden sich längst vom Primat der Politik verabschiedet. Das ist umso bezeichnender, als im Nahen Osten sogar mit der Hamas verhandelt wird, die nie einen Hehl daraus gemacht hat, alle Juden töten zu wollen. Warum soll dann nicht mit Putin verhandelt werden? Letztlich macht der Ton die Musik. Ich bin dafür, der Ukraine Waffen zu liefern, aber mit dem schrillen, nie enden wollenden, unzufriedenen Geraune der Flinten-Lady und ihres grünen Ballermanns komme ich nicht klar.

Seit 2022 agiert die Liberale Agnes Strack-Zimmermann wie eine Rüstungslobbyistin und als parlamentarisches Sturmgewehr schlechthin.

Nun denn, mit derlei ärgerlichen Gedanken im Kopf verging Morgen um Morgen. Der zu bestellende Teil des Gartens ist jetzt hergerichtet und wird nun Reihe für Reihe mit Saatgut aller Art belegt.

Ach ja, eins noch, falls sie sich fragen, was das alles mit Luxemburg zu tun hat: Halten Sie einen Moment inne und bereiten sich vor. Die liberale Ballerfrau ist bei der EU-Wahl am 9. Juni die Spitzenkandidatin der europäischen Fraktion der „Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa“ (ALDE). Das ist eines der bösartigsten Geschenke, die Deutschland Luxemburg und Europa jemals gemacht hat.

Drei Praxistipps:

Baut Bunker, haltet durch.
Traut dem deutschen Waffengeklirre nicht.
Dem deutschen Regenwurm könnt ihr trauen.


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