Ehe (2/2)
: Mienenfeld Hochzeitsbräuche

Nachdem im ersten Teil dieser Serie die Institution der Ehe insgesamt unter dem Aspekt der Frauenunterdrückung betrachtet wurde, geht es nun im zweiten und letzten Teil um die Hochzeitszeremonie selbst.

Bei heterosexuellen Paaren wird oft erwartet, dass der Mann den Heiratsantrag macht.
 (Fotos: Pixabay)

Die Gründe für eine Eheschließung sind vielfältig. Während es manche aus Liebe, Tradition oder zur Absicherung tun, geht es anderen in erster Linie um Steuervorteile. Das hat auch Unterschiede bei der Trauung zur Folge: Während es für die einen nicht mehr als ein bürokratischer Akt ist, gehört für andere noch viel mehr dazu.

Auf den traditionsgemäßen Heiratsantrag des Mannes folgt die Verlobung, es werden Trauzeug*innen bestimmt, Ringe gekauft, Junggesell*innenabschiede gefeiert, eine Location gebucht und 200 Bekannte und Verwandte zur pompösen Hochzeitsfeier eingeladen, nach welcher es in die Flitterwochen geht. Solch ritualisierte Abläufe vereinfachen die Planung, muss die Gestaltung der Feierlichkeit auf diese Weise doch nicht für jede Heirat neu erfunden werden. Doch es steckt noch weitaus mehr dahinter, wurzeln manche Riten, die für viele wie selbstverständlich zur Zeremonie der Eheschließung dazugehören, doch in jahrhundertealten Traditionen.

Vor der Hochzeit

Um Erlaubnis bitten

Auch heutzutage bitten manche Männer den künftigen Schwiegervater noch um Erlaubnis, dessen Tochter heiraten zu dürfen. Dabei geht es anders als früher meist aber nicht darum, dass zwei Männer unter sich klären, wem eine bestimmte Frau gehören soll. Vielmehr gilt die Praktik heutzutage als Ausdruck des Respekts gegenüber dem Vater der Zukünftigen. Doch auch in diesem Fall erklärt das nicht, weshalb nur beim Vater um die Hand der Tochter angehalten wird und wieso nicht auch Frauen ihren künftigen Schwiegereltern eine ähnliche Respektsbekundung entgegenbringen.

Heiratsantrag

In vielen Fällen ist es immer noch nicht nur so, dass bei heterosexuellen Paaren der Mann um die Hand der Frau anhält, sondern auch, dass letztere dies erwartet. So kann es schon mal vorkommen, dass Frauen, die bis dahin in einer vollkommen gleichgestellten Beziehung mit ihrem Partner waren, die Entscheidung für oder gegen eine Hochzeit zu einem großen Teil vom Willen ihres Partners abhängig machen. Abgesehen davon, dass Frauen heute über die finanzielle und legale Freiheit verfügen, selbst um jemandes Hand anzuhalten, besteht eine – wenn auch weniger romantische – Alternative darin, ein Gespräch darüber auf Augenhöhe zu führen.

Junggesell*innenabschiede

Seit dem fünften Jahrhundert vor Christus gibt es sie nun schon, doch auch heutzutage sind Junggesellenabschiede für viele nicht wegzudenken, wenn es um Hochzeitsrituale geht. Dass diese aber ursprünglich nur von Männern gefeiert werden durften, ist heute schwer vorstellbar. Ursprünglich wurden sie vom Vater der Braut organisiert und stellten eine Art letzte Bewährungsprobe für den Bräutigam dar.

Seit den 1960er-Jahren werden Junggesell*innenabschiede sowohl von Männern als auch von Frauen begangen. Die früher üblichen Ansprachen wurden mittlerweile durch diverse teils lustige, teils peinliche Spiele auf öffentlichen Plätzen ersetzt. Ein wenig dürften diese Abende auch dazu dienen, den Freud*innen zu zeigen, dass sie einem auch nach der Trauung noch wichtig bleiben werden. Der häufige Rückgriff auf einen Stripper oder eine Stripperin deutet darauf hin, dass das Bedürfnis besteht, es an dem Abend mit der Monogamie nicht ganz so ernst zu nehmen. Bei denjenigen, die die Heirat regelrecht als das Ende ihrer Freiheit und Unabhängigkeit sehen, stellt sich allerdings die Frage, ob die Ehe wohl tatsächlich das Richtige für sie ist.

Anders als man eigentlich meinen könnte, steht bei Junggesellinnenabschieden oft nicht die weibliche Sexualität im Zentrum. In manchen Fällen dreht sich stattdessen alles um den Penis. Es gibt Penishüte, Penisstrohhalme und Kuchen in Penisform. Umgekehrt findet auf Junggesellenabschieden jedoch keine ähnliche Zelebrierung der Vagina statt.

Junggesellenabschiede werden bei heterosexuellen Paaren üblicherweise immer noch geschlechtergetrennt gefeiert. Wenn es aber in erster Linie darum geht, kurz vor der eigenen Hochzeit einen schönen Abend mit seinen besten Freund*innen zu verbringen, gibt es keinen Grund, weshalb die Gruppen nicht gemischt sein sollten oder beide Verlobte sogar zusammen feiern. Wie gefeiert wird, hängt letzten Endes von den Organisator*innen ab. „Erzähl mir, wie dein Junggesellenabschied war, und ich sag dir, was für einen Freundeskreis du hast“, bringt es Sascha Chaimowicz in einem „Zeit“-Artikel auf den Punkt.

Wo wir schon bei Genderklischees sind: Auch bei den Hochzeitsporträts werden noch immer gerne geschlechtsbezogene stereotype Posen reproduziert.

Die Zeremonie

Brautkleid

Für die einen ein Unding, für andere unverzichtbar: das weiße Brautkleid. Popularisiert wurde es durch Queen Victoria und sollte einerseits für sexuelle Unberührtheit stehen. Andererseits aber auch für Wohlstand; schließlich konnten sich früher allein Adelige ein spezielles Kleid ausschließlich für die Hochzeit leisten, beziehungsweise dieses in seinem weißen Zustand erhalten. Auch wenn heutzutage in unseren Breitengraden meist nicht mehr auf die Jungfräulichkeit der Braut bestanden wird, so reproduziert ein weißes Kleid dennoch das Ideal der „Unbeflecktheit“.

Die Brautübergabe

Keine andere Hochzeitstradition erinnert so sehr an die Zeit, in der Frauen noch als Besitz angesehen wurden, wie die Übergabe der Braut von ihrem Vater an ihren zukünftigen Ehemann. Ursprünglich symbolisierte die Praktik, dass sowohl die Familie der Braut als auch die des Bräutigams sich auf eine Mitgift hatten einigen können und die Braut das Einverständnis ihres Vaters hatte. Heutzutage wird die Gabe einer Mitgift in Luxemburg wohl eher die Ausnahme darstellen., Doch verweist die Praktik der Brautübergabe noch immer auf eine Zeit, als Frauen keine eigenen Rechte hatten und als Besitz erst ihres Vaters, dann ihres Ehemannes galten.

Blumenstraußwurf

Gegen Ende der Feierlichkeiten wirft die Braut mit verbundenen Augen einen Blumenstrauß in eine Gruppe noch nicht verheirateter weiblicher Hochzeitsgäste. Wer den Strauß fängt, so der Aberglaube, wird sich als nächstes trauen. Das Ritual stellt das Verheiratet-Sein als Norm dar und reproduziert die Annahme, dass alle noch nicht verheirateten Frauen dies eines Tages sein wollen. Doch auch wenn die Braut auf dieses Ritual besteht, bleibt es den Gästen immerhin selbst überlassen, ob sie mitmachen wollen oder nicht.

Namensänderung

Viele der bisher beschriebenen Praktiken sind in unserer Gesellschaft relativ unumstritten. Die Namensänderung dagegen ist, zumindest in feministischen Kreisen, ein regelrechter Streitpunkt. Wie schon die Übergabe der Braut, markiert die Namensänderung ebenfalls die Frau als Besitz eines Mannes. In den meisten Fällen wird der Nachname von dem des Vaters hin zu dem des Ehemanns geändert. Anders als die Brautübergabe handelt es sich aber nicht um ein einmaliges Ereignis, sondern hat wesentlich langfristigere Auswirkungen, wird der Name des Ehemanns doch in der Regel bis zur Scheidung beibehalten.

Heutzutage geht es hierzulande bei der Namensänderung weniger darum, sich dem eigenen Ehemann und dessen Familie unterzuordnen als eine Tradition beizubehalten. Viele finden es zudem praktischer, dass die Frau beispielsweise den gleichen Nachnamen trägt wie ihre Kinder. Dabei können Eltern seit 2006 hierzulande frei entscheiden, den Nachnamen welchen Elternteils ihr Kind übernehmen soll. Auch Doppelnamen sind seither möglich. Voraussetzung ist aber, dass alle Kinder den gleichen Nachnamen haben. Doch zurück zu den Ehefrauen: Auch wenn viele nach der Hochzeit den Nachnamen ihres Ehemannes verwenden, so hat dies, anders als früher, keine Auswirkungen auf den Eintrag im Personalregister: Hier bleibt der Nachname einer Frau ihr Leben lang derselbe.

Ist eine feministische Hochzeitsfeier möglich?

Bei genauer Betrachtung sind mehr Hochzeitstraditionen als man zunächst meinen könnte, Überbleibsel einer Zeit, als Frauen noch als Besitz von Männern galten. Es besteht immer die Möglichkeit, Rituale nicht zu begehen oder zu verändern. Legt ein Paar Wert auf einen gleichberechtigten Umgang miteinander, kann dies sowohl bei der Zeremonie selbst als auch im Eheleben umgesetzt werden.

Zwar ist die Institution der Ehe von Grund auf frauenfeindlich. Deswegen kann aber nicht behauptet werden, dass jeder Mann, der eine Frau heiratet, dies aus sexistischen Gründen tut. Manche legen einfach nur Wert auf Traditionen, und was die Hochzeitszeremonie an sich betrifft, wissen manche vielleicht auch einfach nicht, dass sie eine Wahl haben.

Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die Ehe nicht für alle Bevölkerungsgruppen die gleiche Bedeutung hat. Vor dem Hintergrund des Heiratsverbots zwischen Schwarzen und Weißen noch bis in die 1960er-Jahre hinein ist es heute ebenso legitim, wenn Menschen of Color die Institution der Ehe aufgrund ihrer rassistischen Ursprünge ablehnen, als wenn sie mit einer Eheschließung ein Statement gegen den früheren Ausschluss machen wollen. Ähnliches gilt für gleichgeschlechtliche Paare, die in Luxemburg seit dem ersten Januar 2015 heiraten dürfen.


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