Europäische Mobilitätswoche: Die Mischung macht’s?


Mit neuem Slogan, verändertem Logo und, neuerdings, Maskottchen Edgar steht die „Mobilitéitswoch“ vor ihrer diesjährigen Runde.

(© mobilityweek.eu)

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Die Mobilitätswoche wird europaweit vom 16. bis zum 22. September stattfinden, wobei vor allem der 22. als autofreier Tag geplant ist. Der liegt der EU-Transportkommissarin Violeta Bulc besonders am Herzen, wie ein über die eigens eingerichtete Homepage (www.mobiliteitswoch.lu) propagierter Film zeigt. In Luxemburg, wo das Programm bereits am 13. September mit einer „porte ouverte“ im Tunnel Grouft startet, wird es auch in diesem Jahr keinen landesweiten autofreien Tag geben. Die Initiative für einen solchen Tag sei den Gemeinden individuell überlassen, so Nachhaltigkeits- und Infrastrukturminister François Bausch auf einer Pressekonferenz am vergangenen Montag.

Besonders angetan zeigt sich François Bausch vom Slogan „Do the right mix“, der Bürger darauf aufmerksam machen will, dass sie ihren Tagesablauf angenehmer gestalten können, wenn sie nicht „jeden Morgen reflexartig zum Autoschlüssel greifen“, sondern sich überlegen, ob es nicht günstiger ist, auch einmal alternative und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Im Gegensatz zu den etwas militanter gestalteten Mobilitätswochen um die Jahrtausendwende gehe es nicht darum, das Auto komplett von den Straßen zu verbannen, sondern sein seit den 1950er Jahren erlangtes Übergewicht als primäres Verkehrsmittel ein wenig zurückzudrängen, betont der Minister.

Emile Eicher, Präsident der Gemeinde-Dachorganisation Syvicol führte die Zahl von 41 luxemburgischen Gemeinden an, die an der „Mobilitéitswoch“ teilnehmen und Aktivitäten organisieren. Doch bei Redaktionsschluss hatten erst drei von ihnen ihr Programm auf der erwähnten Internetseite eingestellt. Für ein interaktives Vorhaben, das sehr auf die Beteiligung der Bevölkerung angewiesen ist, ist das natürlich äußerst ungünstig, weil die eigentlichen Akteure erst sehr spät erfahren, was in ihrer Gemeinde oder sonst wo läuft.

Wie wichtig eine Zusammenarbeit der Gemeinden in Sachen Mobilität ist, zeigt zum Beispiel die Realisierung eines zusammenhängenden Netzes für den sanften Verkehr – vor allem für die RadfahrerInnen. So gibt es immer mehr Gemeinden, die Radverleihsysteme einrichten. Dabei fällt auf, dass vor allem die E-Bike-Systeme der verschiedenen Gemeinden nur selten miteinander kompatibel sind. Das bedauert auch François Bausch. Zwar habe sein Ministerium versucht, ein allzu großes Durcheinander zu vermeiden, doch seien die Gemeinden eben autonom in ihren Entscheidungen. Die geringe Kompatibilität steht auf jeden Fall im Widerspruch zum zweiten Leitmotiv der diesjährigen Mobilitéitswoch: „Choose. Change. Combine“, da es die Verbindung verschiedener Verkehrsmittel erschwert. Für den Minister sind die Verleihsysteme jedoch nicht das vorrangige Problem, das sind vielmehr die Verbesserungen der Infrastruktur und der Serviceleistungen rund um die sanfte Mobilität. Nur durch bessere und sicherere Radwege könne die Zahl von regelmäßig aktiven RadfahrerInnen erhöht werden. Mit diesem Ziel habe er seit seinem Amtsantritt die Kredite für den Ausbau des nationalen Radwegnetzes vervierfacht.

Um ein in den letzten Jahren oft im Zusammenhang mit der „Mobilitéitswoch“ zitiertes Vorhaben war es in letzter Zeit still geworden: Auch in diesem Jahr wird es nicht zur Vorstellung oder gar Inbetriebnahme eines Carsharing-Dienstes im Rahmen der Mobilitätswoche kommen. Allerdings versprach der Minister, dass es dazu in wenigen Wochen Neues zu hören geben werde. Dies bestätigte im woxx-Gespräch die hauptstädtische Verkehrsschöffin Sam Tanson. Die Vorbereitungen der bereits 2014 gegründeten „Car Sharing Luxembourg S.A.“, deren Anteile mehrheitlich von der Stadt Luxemburg gehalten werden und an der das deutsche Carsharing-Unternehmen Cambio und der Luxemburger Automobilclub beteiligt sind, befänden sich im Endspurt; das Projekt solle noch vor den Herbstferien anlaufen.

Nicht ganz ohne Auto

In einer ersten Phase werden zehn Fahrzeuge an insgesamt fünf Stationen in der Hauptstadt ausleihbar sein: in Limpertsberg, Belair, Bonneweg, im Stadtzentrum sowie im Bahnhofsviertel. Über eine Internetseite kann man ein Auto reservieren, indem man den Zeitpunkt und die Dauer der Nutzung angibt. Außerdem kann zwischen zwei Fahrzeuggrößen gewählt werden. Geplant sind anfangs etwa 40 Nutzer pro Auto. Das Interesse sei da, betont Sam Tanson. Carsharing lohne sich im Vergleich zum eigenen Pkw für alle, die weniger als 11.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen.

Für die eigentliche Mobilitätswoche hat die Stadt Luxemburg kein spezielles Programm aufgelegt. Einen autofreien Tag wird es dort auch in diesem Jahr nicht geben. Sam Tanson erklärt dies mit den organisatorischen Problemen in einer Stadt, deren Bevölkerungszahl sich an Wochentagen quasi verdoppelt. Eine ähnliche Argumentation führt zum Beispiel auch die Stadt Brüssel an, die aber trotzdem am autofreien Tag festhält, ihn allerdings auf den weniger verkehrsreichen Sonntag, den 20. September, vorverlegt. Natürlich wird das Autofahren nicht insgesamt verboten, aber große Teile der Stadt werden für den motorisierten Verkehr gesperrt und für etliche Stunden dem sanften Verkehr überlassen.

Der Nachhaltigkeitsminister nutzte die Konferenz am Montag auch, um auf zusätzliche Vorhaben hinzuweisen, die längerfristig zu Verbesserungen im Mobilitätsbereich führen sollen. So stehen die entsprechenden Gesetze für Park & Ride-Anlagen in Rodange (1.500 Stellplätze), Wasserbillig (450) und Mersch (500) kurz vor der Deponierung. Hinsichtlich des verstärkten Pendleraufkommens soll die Frequenz der Züge vor allem von und nach Lothringen erhöht werden, sobald die TGV-Verbindung nach Straßburg fertiggestellt ist. François Bausch verwies zudem auf ein mit Volvo vereinbartes Pilotprogramm, bei dem modernste Busse getestet werden. Dabei soll die auch für die zukünftige Tram vorgesehene Biberonnage-Technik (siehe woxx 1326) soweit perfektioniert werden, dass solche Busse in Zukunft vollelektrisch quer durchs Land fahren können. Diese Technik besteht darin, die Batterien der Busse während ihres Stopps an einer Haltestelle im Schnellverfahren aufzuladen, womit eine vollkommene Unabhängigkeit von herkömmlichen Brennstoffen erreicht wird.

Ironischerweise liegt die diesjährige Mobilitätswoche exakt zwischen der „porte ouverte“ des Tunnel Grouft für FußgängerInnen, LäuferInnen und RadfahrerInnen und dessen Einweihung für den motorisierten Verkehr am 23. September. Das letzte Wort werden also wieder einmal die Stärksten haben.


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