Der Gipfel der reichen Industrie- länder am vergangenen Wochenende hat versucht, in vielen Bereichen zu glänzen. Unter anderem die klimapolitischen Ergebnisse wurden allerdings scharf kritisiert.

Straßentheater von Extinction Rebellion während des G7-Gipfels. (extinctionrebellion.uk; Ilya Fisher)
„Alle Menschen sind von Covid-19 und den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, doch es sind die verwundbarsten, die am meisten darunter leiden, weil die G7-Leader*innen es verschlafen, ihren Job zu machen“, sagte Jennifer Morgan, Generaldirektorin von Greenpeace International, am Sonntag, nachdem die Ergebnisse des G7-Gipfels bekannt waren. Laut Pressemitteilung des Climate Action Network (CAN) fügte sie hinzu: „Wir benötigen ein richtiges Leadership, das die Pandemie und die Klimakrise als das angeht, was sie sind: ein kombinierter Notstand in Sachen Ungleichheit.“
Das ist eine scharfe Kritik an einem Gipfel, der, nach den Verwicklungen der Covidkrise und der Trump-Herrschaft, eigentlich einen Neuanfang der internationalen Beziehungen einleiten sollte. Vom 11. bis zum 13. Juni hatten sich die Staats- und Regierungschef*innen der sieben größten Industrienationen im englischen Cornwall zusammengefunden, um ihre Haltung zu globalen Herausforderungen abzusprechen. Das Thema Ungleichheit steht dabei natürlich im Raum: Die Reichen entscheiden gewissermaßen für die Armen mit. Außerdem sind es diese Industrienationen, die den historisch größten Teil des emittierten CO2 in der Erdatmosphäre zu verantworten haben. Doch in Sachen Klimapolitik, wie auch in anderen Bereichen, gab es für die Ergebnisse des Gipfels wenig Beifall.
Knausern bei der Klimafinanz
Immerhin: In der Abschlusserklärung bekennen sich die G7-Staaten zum 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung und zur Bewahrung von 30 Prozent „unseres Landes und unserer Ozeane bis 2030“ (sic). Laut Guardian hatte der britische Premier Boris Johnson auf einen Durchbruch in Sachen Klimafonds gehofft: Es geht um ein zehn Jahre altes Versprechen der reichen Länder, dem globalen Süden Finanzmittel zu verschaffen, um die Folgen des Klimawandels und die Umstellung auf grüne Technologien zu bewältigen. Ein Engagement in diesem Sinne würde einen erfolgreichen Abschluss der internationalen Klimakonferenz COP26 im November, und ebenfalls im Vereinigten Königreich, begünstigen. Doch in der Erklärung steht nur: „Wir begrüßen die von einigen G7 gemachten Zusagen im Bereich Klimafinanz und erwarten neue Zusagen von anderen lange vor Beginn der COP26.“
„Um den Klimanotstand zu überwinden, hätte der G7 klare Ausstiegspläne für fossile Energien und einen sofortigen Stopp aller neuen fossilen Projekte beschließen müssen, zusammen mit einer Just Transition“, so Greenpeace-Chefin Morgan. Der World Wide Fund for Nature (WWF) gab sich versöhnlicher: Die Ankündigungen der G7-Staaten in Sachen Klima seien ein Signal der richtigen Art, fand der Direktor für Klima und Energie Manuel Pulgar-Vidal. Er fügte aber hinzu: „Leider sind die Aussagen der G7 nicht ‚der Riesensprung für die Menschheit‘, den wir benötigen und erwartet haben. Sie stellen eher einen kleinen Schritt nach vorn dar.“ Und tröstete sich damit, dass bis zur entscheidenden Klimakonferenz im November noch Zeit bleibe, um ehrgeizigere Pläne vorzulegen.
Keine COP26 ohne Just Transition
In den Erklärungen der CAN-Vertreter*innen ist mehrfach die Rede vom fehlenden Vertrauen der armen Länder in die reichen, das für die COP26 kritisch sein könnte. Schon vor den erfolgreichen Klimaverhandlungen in Paris 2015 war der Green Climate Fund ins Leben gerufen worden, mit dem Ziel, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für die Länder des globalen Südens zur Verfügung zu stellen – ein Ziel, das bei Weitem nicht erreicht wurde. Außerdem bemängeln NGOs wie Oxfam, dass ein großer Teil dieser Gelder nur Darlehen sind, die zu einer Überschuldung führen. Es fließe auch zu wenig Geld in die – wenig gewinnträchtige – Anpassung an den Klimawandel.
Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach einer Just Transition, mehrfach von Vertreter*innen des CAN-Netzwerkes geäußert, einleuchtend. Wenig erstaunlich auch, dass die Umwelt-NGOs einen kritischen Blick auf die G7-Aussagen zu den Impfstoffen werfen, denn auch da geht es um Nord-Süd-Gerechtigkeit (mehr dazu demnächst auf online-woxx). Keine Aufhebung der Impfpatente zu beschließen, sei „ein moralisches Versagen“, sagt Tasneem Essop, Generaldirektorin des Climate Action Network, und bemerkt: „Dieser Mangel an globaler Solidarität verheißt nichts Gutes für die Richtung, die die reichen Länder in der Klimakrise vorgeben werden.“
Mehr woxx-Beiträge zum diesjährigen G7: woxx.eu/2021g7
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