Green Finance: Bleibt die grüne Nische?

Nach vier Jahren präsentiert die „Luxembourg Sustainable Finance Initiative“ eine neue Strategie. Von der Gegenbewegung in den USA, bei der grüner Finanzwirtschaft abgeschworen wird, ist man hierzulande noch unbeeindruckt.

Wie entwickelt sich der Kurs? „Green Finance“ steht international unter Druck, weil die Ablehnung in den USA groß ist. Luxemburg hat noch keinen Plan, um dem zu entgegnen. (Foto: Tech Daily/Unsplash)

Vier Jahre ist es her, dass der damalige Finanzminister Pierre Gramegna (DP) und die damalige Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) in einer sehr intransparenten Onlinepressekonferenz die „Luxembourg Sustainable Finance Strategy“ (LSFS) vorstellten. Beide Politiker*innen sind heute nicht mehr aktiv und, zumindest für den Moment, von der Bildfläche verschwunden. Die Strategie, die sie damals stolz präsentierten, wurde nun aktualisiert. Am 6. Februar stellte die „Luxembourg Sustainable Finance Initiative“ (LSFI) ihr neustes Strategiepapier vor. Die Initiative – ein 2020 von der Regierung, der öffentlich-privaten Partnerschaft Luxembourg for Finance und dem Nachhaltigkeitsrat gegründeter Verein – besteht seit fünf Jahren und hat nun die Marschrichtung für die nächsten fünf festgelegt.

Diese Strategie unterscheidet sich jedoch nicht grundsätzlich von jenem Dokument, das vor vier Jahren präsentiert wurde, wobei der Umfang merklich abgenommen hat. Als zentrale Pfeiler der Strategie will die LFSI „Expertise und Leadership“ aufbauen, „Potenzial entfalten und den Finanzsektor mobilisieren“ sowie Fortschritte messen und kommunizieren. Das erinnert doch sehr an die drei Pfeiler aus der vorherigen Strategie, die zwei letzten Punkte kamen darin sogar wortgleich vor.

Viel versprochen, wenig gehalten

Ein Widerspruch zur Aussage, die meisten kurz- und mittelfristigen Ziele der ersten Strategie seien mittlerweile erreicht worden. Eine Website, einen Newsletter und Social Media-Konten hat die LSFI in den letzten Jahren aufgebaut, eine tiefgehende Analyse, wie sich der Luxemburger Finanzplatz auf das Klima auswirkt, vermisst man dagegen immer noch. Womöglich war die versprochene „Sektorweite Klimaszenarienanalyse“, die 2021 versprochen wurde, doch zu groß gesehen.

Immerhin gab es eine kleine Version der Analyse: 52 Banken, Fonds, Versicherungen und andere Akteure der Luxemburger Finanzdienstleister ließen ihre Investitionen auf Klimaverträglichkeit überprüfen. Das Ergebnis: geheim! So geheim, dass die LSFI nicht einmal eine Zusammenfassung der Resultate in ihren Bericht schreiben wollte. Darin war stattdessen zu lesen, die Analyse sei kompliziert gewesen, die beteiligten Firmen jedoch froh, sie durchgeführt zu haben (woxx 1681: Geheime Klimaanalyse am Finanzplatz).

Die LSFI hat sich in der Zwischenzeit vergrößert und sich auch Hilfe geholt, indem zum Beispiel ein wissenschaftlicher Beirat gegründet wurde. Somit sollen auch die kommenden fünf Jahre im Zeichen der Professionalisierung stehen. Liest man die Strategie, so ergibt sich jedoch eher der Eindruck, es handelt sich vor allem um ein Dokument, das darlegt, wie sich die Organisation entwickeln soll – und nicht etwa der (grüne) Finanzplatz Luxemburgs als Ganzes. Kommuniziert wird ausschließlich über das, was bereits erreicht wurde, wie die Erhöhung des Anteils „grüner“ Finanzprodukte am Finanzplatz. Das verhindert jedoch eine effektive Transition, weil nie der Blick darauf gerichtet wird, was noch zu tun wäre.

Im Ausblick gibt LSFI noch andere Pisten an, um „den Finanzsektor zu erschließen“. Dazu gehört neben einem verstärkten Augenmerk auf Philanthropie – Reiche und Superreiche bestimmen nach Gutdünken, ob und wie Gelder klimagerecht investiert werden – auch eine andere Technologie. Die war vor einigen Jahren Gegenstand eines großen Hypes ist nun aber beinahe in Vergessenheit geraten: „Distributed Ledger Technology“, den meisten Menschen als „Blockchain“ bekannt. Obwohl der Staat, wie die Kolleg*innen von Paperjam letzte Woche berichteten, den Verein „Infrachain“ verlassen hat, wendet sich die LSFI dieser Technologie wieder zu. Dabei gilt Blockchain als langsam, ineffizient und herkömmlichen Datenbanken unterlegen. Das Interesse, sie einzusetzen, entstammt dem Hype um sogenannte Kryptowährungen und dem Wunsch, Investitionen in diese zu vergolden (für genaue Erklärungen zu Blockchain, siehe woxx 1706, „Blöde Blöcke“).

Was tun gegen den Backlash?

(Foto: Towfiqu barbhuiya/Unsplash)

Ein Thema, das überhaupt nicht vorkommt, ist der sogenannte Backlash gegenüber „Green Finance“. 2020 gab sich das mächtige US-amerikanische Finanzunternehmen „Blackrock“ noch sehr ökologisch: „Klimarisiko ist Investmentrisiko“, hieß es damals. Fünf Jahre und unzählige Angriffe vor allem von Politiker*innen der republikanischen Partei später ließ der weltweit größte Finanzmanager Anfang Januar verlauten, man sei aus dem Bündnis der „Net Zero Asset Managers“ ausgestiegen, wie die „Financial Times“ berichtete. Die Gruppe, ein freiwilliger Zusammenschluss, hatte sich zum Ziel gesetzt, das Ziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen bis spätestens 2050 zu erreichen. Das, durch die Mittel, die der Finanzindustrie zur Verfügung stehen: Investitionen in klimafreundliche Firmen und keine in jene, die die Umwelt und das Klima belasten. Dieses Vorgehen wurde in den USA zum Politikum, vor allem Republikaner*innen schürten Hass vor einem angeblichen „Klimakartell“.

Bereits vor dem Politikwechsel in Washington haben mehrere US-Bundesstaaten Anti-ESG-Gesetze erlassen – sie haben also Investmentfirmen, die auf ökologische, soziale und Governance-Kriterien achten, das Leben schwer gemacht oder ihnen sogar verboten, in dem jeweiligen Staat Geschäfte zu machen, wie das Fachmagazin Bloomberg berichtete. Bereits im April 2024 veröffentlichte die halbstaatliche Lobbyagentur „Luxembourg for Finance“ einen Bericht des Analysten Christopher Breen. Dieser warnte vor einem politischen Backlash außerhalb und innerhalb Europas und einem Rückgang von „grünen“ Investitionen.

Es fehlt der LSFS an Ideen, wie Luxemburg diesem Trend entgegentreten kann. Dazu muss es allerdings auch den politischen Willen geben, „Green Finance“ nicht nur als Marketinglabel zu sehen, sondern tatsächlich etwas verändern zu wollen. Das könnte natürlich auch an anderer Stelle stehen, denn eigentlich sollte es neben der Strategie der LSFI noch einen weiteren Plan geben. Im April 2024 kündigte Finanzminister Gilles Roth einen Aktionsplan für eine nachhaltige Finanzwirtschaft in Luxemburg an (woxx 1796, Profite fürs Klima). Veröffentlicht wurde bislang nur eine Infografik, in der zehn sehr unkonkrete Punkte zu finden sind. Den fertigen Plan hat Roth noch nicht präsentiert. Vielleicht klappt es ja beim nächsten „Luxembourg Sustainable Finance Forum“ – das Event, das übrigens nicht von der LSFI, sondern von „Luxembourg for Finance“ organisiert wird, findet dieses Jahr auch erst am 11. Juni und nicht wie voriges Jahr bereits im April statt.


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