Ein Kollektiv greift zum Hörer, eine Akademie inszeniert die Welt in der Krise und Künstler*innen mit Behinderung ergreifen bei einem Symposium das Wort – das hat das Festival Grenzenlos Kultur an diesem Wochenende online zu bieten.

Hallo? She She Pop am Apparat? Das Performance-Kollektiv schwelgt beim Grenzenlos Kultur Festival am Telefon in Erinnerungen an Theaterbesuche. (Copyright: She She Pop)
Das Grenzenlos Kultur Festival der Organisation Lebenshilfe Kunst & Kultur, die Projekte im Bereich Kunst und Behinderung konzipiert, läuft noch bis Sonntag – in Mainz und in den eigenen vier Wänden. Wer es am Wochenende nicht in die Stadt am Rhein schafft, darf sich über drei Online-Veranstaltungen freuen. Was auf dem Programm steht? Ein Telefon, eine kaputte Welt und ein Austausch mit Künstler*innen mit Behinderung.
„Telefonkette, Seelsorge, Hotline: Telefon-Kanon ist keine Show, sondern Service“, beschreibt das Performance-Kollektiv She She Pop seine Aktion. Das Berliner Kollektiv greift für die Performance zum Hörer: Die Anrufer*innen haben Gesprächspartner*innen an der Strippe, die von besonderen Momenten mit darstellenden Künsten erzählen. Es ist eine persönliche, kollektive Hommage an Theaterbesuche. Die Performance war ursprünglich unter dem Titel Kanon als Bühnenauftritt geplant. Sie feierte im November 2019 am HAU Hebbel am Ufer Premiere. In beiden Interpretationen der Performance, online und analog, wird das Publikum eingebunden. Das Kollektiv will einen ständig wachsenden Kanon an Erinnerungen schaffen. Beim Grenzenlos Kultur Festival wird die Telefon-Performance am kommenden Samstag und Sonntag jeweils um 20 Uhr aufgeführt. Die Teilnahmebedingungen und weitere Details gibt es auf der Website des Festivals.
Während She She Pop in Erinnerungen schwelgt, schätzen sich die Schauspieler*innen der Theaterakademie August Everding glücklich noch einmal davongekommen zu sein. Das legt der Titel ihrer Video-Performance nahe. Thornton Wilder schrieb das Stück „Wir sind noch einmal davongekommen“ 1942 und stürzte die Figuren darin von einer Katastrophe in die nächste. Der Abschlussjahrgang Schauspiel der Akademie interpretierte das Theaterspiel unter der Regie von Marcel Kohler neu. „Die Welt im Krisenmodus. Die Menschheit in selbstzerstörerischer Ohnmacht. Von allen Seiten Bedrohung durch Kriege, durch die Klimakatastrophe, durch Pandemien. Der Weltuntergang, das unausweichliche Ende naht. Oder vielleicht doch nicht?“, steht in der Performance-Beschreibung auf der Festival-Website. Die Performance der Akademie-Abgänger*innen wurde über Videokonferenzen erarbeitet. Am kommenden Samstag, um 20 Uhr, führen sie das Ergebnis per Livestream auf der Kommunikationsplattform Zoom auf. Der Regisseur Marcel Kohler spricht im Anschluss an die Vorstellung über die Performance. Karten gibt es auf der Website des Festivals. Das Publikum erhält nach dem Ticketkauf weitere Angaben zur Teilnahme.
Keine Lust auf Telefonieren und Krisenzustände? In dem Fall bleibt das Symposium „Sichtbar – Hörbar – Wahrnehmbar. ARTivismus von Künstler*innen mit Behinderung“. Die Konferenz stellt eindringliche Fragen zur Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung und untersucht in dem Kontext auch die Rolle darstellender Künste. Ein weiterer Aspekt: der künstlerische Aktivismus von Menschen mit Behinderung in Deutschland und anderswo. Die Referent*innen sind Künstler*innen mit Behinderung und aus Kollektiven, die neben den genannten Fragestellungen auch über „Community Care“ und die Überschneidung von Erfahrungen im Leben von Menschen mit Behinderung sprechen. Die Konferenz wird auf Zoom als Webinar übertragen – am Samstag, dem 26. September von 12 bis 18 Uhr und am Sonntag, dem 27. September von 11 bis 18 Uhr. Tickets gibt es auf der Internetseite des Festivals. Für das Gespräch zu „Community Care“ am Sonntag, um 11 Uhr, ist eine Anmeldung per Mail (symposium@grenzenlos-kultur.de) erforderlich.