Die Fédération des hôpitaux luxembourgeois (FHL) organisierte Anfang Oktober zum zweiten Mal die Healthcare Week, um wichtige Akteure des Gesundheitswesens zusammenzubringen. Thema in diesem Jahr war die Gesundheit von morgen als Mehrwert für alle, gesprochen wurde hauptsächlich über Digitalisierung, KI und Datenmanagement.
„Ein kleines Labor im Herzen Europas“, so lautet die Vision der FHL für eine grenzüberschreitend zusammenarbeitende Großregion, formuliert von Präsident Dr. Philippe Turk. Zwei Tage lang ging es in der Box der Luxexpo um das Gesundheitswesen der Zukunft. „Wir stehen alle vor denselben Herausforderungen“, sagte Turk in seiner Eröffnungsrede und meinte dabei hauptsächlich künstliche Intelligenz, Datenmanagement und den im Gesundheitswesen überall vorherrschenden Fachkräftemangel. Es waren diese Themen, die in allen Vorträgen und Gesprächen auf der Tagung eine dominierende Rolle spielten.
115 Aussteller waren an den beiden Tagen vertreten, um sich, ihre Dienstleistungen und Produkte vorzustellen und im Sinne des „kleinen Labors“ untereinander neue Kooperationen einzugehen. Die drei größten Aussteller der Healthcare Week waren die FHL selbst, die die Interessen der luxemburgischen Krankenhäuser vertritt, Hospilux, ein Anbieter von medizinischem Material und Ausrüstung, und Luxinnovation, die nationale Innovationsagentur, die Unternehmen bei Entwicklung und Förderung innovativer Projekte unterstützt.
Healthcare mit blindem Fleck
Obwohl immer wieder die Wichtigkeit eines holistischen Ansatzes in der optimalen, personalisierten Patient*innenversorgung erwähnt wurde, gerieten zwischen Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Digitalisierung und Innovation zwei Aspekte von Gesundheit nahezu gänzlich aus dem Blick: die Psyche und der Zusammenhang zwischen Umwelt und Gesundheit. Unter den 52 Vorträgen beschäftigten sich lediglich zwei damit. Julie Schadeck von Unature präsentierte auf der kleinsten der drei Bühnen vor einem kaum halbvollen Zuschauerraum beeindruckende, wissenschaftlich fundierte Zahlen zu „Mental Health and Nature“. So zeigen Studien aus Belgien (Aerts et al. 2022) und London (Taylor et al. 2015) einen Zusammenhang zwischen Bäumen und Grünflächen im städtischen Raum und Psychopharmakakonsum. Je grüner die Stadt, desto geringer der Medikamentenkonsum.
Der Beitrag, der am konsequentesten auf eine Zukunft im Gesundheitswesen mit einem Mehrwert für alle gerichtet war, war der erste fachliche Vortrag des Tages zum „Nordic Health 2030 Movement“ von Bogi Eliasen. „Was, wenn Gesundheit die wichtigste gesellschaftliche Säule ist?“, fragte der Direktor für Gesundheit am Copenhagen Institute for Futures Studies (CIFS) und präsentierte einige für manche unbequeme, Erkenntnisse darunter dass die Gesundheit der Welt mit der Gesundheit des Menschen gleichbedeutend sei. Während Bogi Eliasen von einer Zukunft sprach, in der Prävention und personalisierte Gesundheit, ebenfalls mithilfe von KI, im Vordergrund stehen, holte Lex Delles die Zuhörer*innen wieder in die Gegenwart zurück. Der Wirtschaftsminister betonte die ökonomische Bedeutung des Gesundheitssektors.
Gesundheit als Wirtschaftsfaktor
Das Thema Gesundheit sei wirtschaftlich nicht nur interessant, weil kranke Menschen einen hohen Kostenfaktor darstellten, sondern auch wegen der zahlreichen „Unternehmen, die im Bereich der Medizin tätig sind“. Auch an den ausstellenden Unternehmen und vortragenden Redner*innen zeigt sich deutlich, dass es im Gesundheitswesen aufgrund der Entwicklungen zu KI und Datenmanagement einen immer größer werdenden Markt an der Schnittstelle zu Technik, Digitalisierung und Datenschutzrecht gibt.
Letzteres spielt im Zusammenhang mit dem EU AI Act, der die Verarbeitung von Gesundheitsdaten in KI-Systemen für das Gesundheitswesen oft als hochriskant einstuft, eine große Rolle, da die Verwendung der Daten mit strengen Vorschriften verbunden ist. Allein alle rechtlichen Regeln zu kennen und implementieren zu können, erfordert ein spezialisiertes Know-how, das Selbstständige oder kleine Praxen kaum aus sich heraus leisten können.
Eine Botschaft, die während der Tagung immer wieder durchscheint, ist, dass der Mensch auch im Zeitalter der künstlichen Intelligenz unverzichtbar bleiben muss. In der KI-Forschung nennt man dieses Prinzip auch „the human in the loop“. Im Gesundheitswesen bedeutet das: KI als Assistentin und administrative Hilfe, die mithilfe von transparenten und transferierbaren Patient*innendaten am Ende zu einer personalisierten Medizin mit einem Mehrwert für alle führt. Bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein.