Kambodscha: Pressefreiheit im Sinkflug

In Kambodscha wird die Pressefreiheit seit Jahren immer mehr eingeschränkt. Da die US-Regierung die Mittel für dortige Medien gestrichen hat, steht eine weitere Verschlechterung ins Haus.

Bald keine unabhängigen Medien mehr in Kambodscha? Im Jahr 2018 wurde der Verkauf der „Phnom Penh Post“ an ein regierungsnahes Unternehmen erzwungen; inzwischen erscheint das Blatt nur noch online. (Bild: EPA-EFE/KITH SEREY)

„Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Beseitigung von Fake News, Desinformation, Lügen, Verzerrungen, Aufwiegelung und Chaos auf der ganzen Welt.“ Mit diesen Worten begrüßte Kambodschas Senatspräsident Hun Sen die von US-Präsident Donald Trump verfügten Mittelkürzungen bei der „United States Agency for Global Media“ (USAGM). Die Behörde, die den staatlichen Auslandssender der USA, „Voice of America“ (VOA), betreibt und die Sender „Radio Free Europe/Radio Liberty“ (RFE/RL) und „Radio Free Asia“ (RFA) finanziert, bezeichnete er als „Propagandamaschine, deren Finanzierung Präsident Trump eingestellt hat“. „Ohne gerichtliches Einschreiten wird RFA voraussichtlich Ende April vollständig geschlossen werden“, gab der Sender Ende März bekannt.

Hun Sen war von 1985 bis 1993 und erneut von 1998 bis 2023 Ministerpräsident Kambodschas; seither hat sein Sohn Hun Manet dieses Amt inne. Er selbst hatte das RFA-Studio in Phnom Penh schon im September 2017 zur Schließung gezwungen. Im Juli 2023 wurde der Zugang zum Sender innerhalb Kambodschas gesperrt, trotzdem berichtete RFA weiter über Kambodscha.

Mit der Pressefreiheit geht es in Kambodscha seit Jahren rapide bergab. Auf der Rangliste 2024 von „Reporter ohne Grenzen“ belegt das Land Platz 151 von 180. Als die Liste im Jahr 2002 zum ersten Mal erstellt wurde, rangierte Kambodscha noch auf Platz 71 von 139. Seither wurden einige unabhängige Medienhäuser geschlossen – „The Cambodia Daily“ im Jahr 2017 und „Voice of Democracy“ 2023 – oder ein Verkauf an regierungsnahe Unternehmen erzwungen (The Phnom Penh Post 2018).

Zudem wurde im Oktober vergangenen Jahres der Investigativjournalist Mech Dara, der als Erster über die Cybersklaverei und die Verwicklung hochrangiger Politiker und Unternehmer informierte, verhaftet und erst aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er sich in einem Video öffentlich entschuldigt sowie versprochen hatte, sich aus dem Journalismus zurückzuziehen. Im Dezember wurde der Umweltjournalist Chhoeung Chheng erschossen, der über illegalen Holzeinschlag in der Provinz Siem Reap berichtet hatte. Anfang dieses Jahres wurde dann dem britischen Journalisten Gerald Flynn, der seit 2019 in Kambodscha lebte und über Themen wie die Abholzung im „Prey Lang Wildlife Sanctuary“ und die illegale Fischerei schrieb, die Einreise verweigert. Vermutet wird, dass insbesondere seine Mitwirkung an einer kritischen Sendung über Kambodschas Bemühungen beim Emissionsausgleich ausschlaggebend dafür war.

Doch die jüngsten Angriffe auf die Pressefreiheit in Kambodscha kommen nicht von der kambodschanischen Regierung. Die Streichung der bislang durch die US-Entwicklungshilfsorganisation „USAID“ empfangenen Gelder („Your body, my choice“; woxx 1827) sowie die durch Mittelkürzungen existenziell bedrohten Auslandssender „Voice of America“ und „Radio Free Asia“ haben große Auswirkungen auf das Medienangebot in dem südostasiatischen Land.

Im Dezember vergangenen Jahres wurde der Umweltjournalist Chhoeung Chheng erschossen, der über illegalen Holzeinschlag in der Provinz Siem Reap berichtet hatte.

Noch im vergangenen Herbst hatte die damalige USAID-Leiterin Samantha Power neue Hilfen für Kambodscha angekündigt, darunter eine Investition von sieben Millionen US-Dollar zur Unterstützung unabhängiger Medien. Die Hoffnung auf eine Stärkung des unabhängigen Mediensektors war groß. Die Mittel sollten verwendet werden, um „die Vielfalt der vertrauenswürdigen Nachrichten in Kambodscha zu stärken und zu erweitern“, so Power im Gespräch mit der woxx.

Das ist nun alles Makulatur, wegen der USAID-Kürzungen fließen keine finanziellen Mittel mehr nach Kambodscha. Das hat fatale Auswirkungen auf die Medien. Die Lage in Kambodscha sei schon vorher sehr prekär gewesen, sagt Aleksandra Bielakowska von „Reporter ohne Grenzen“ in Asien. „Jetzt ist der Zugang zu unabhängigen Medien noch stärker eingeschränkt.“

„Generell denke ich, dass die Auswirkungen auf unabhängige Medien und freiberufliche Journalisten enorm sein werden. Ich habe von vielen Medienorganisationen schlechte Nachrichten gehört“, so Samphors Hang, die Vorsitzende der Vereinigung „Cambodian Female Journalists“. Medienhäuser müssten in kleinere Büros umziehen, die Gehälter ihres Personals reduzieren oder sogar Mitarbeiter entlassen, sagt Hang. Nop Vy, der Geschäftsführer der unabhängigen Nachrichtenplattform „Camboja“, bestätigt diese Einschätzung. „Vorläufig hat Camboja die Betriebskosten gesenkt, zum Beispiel durch Verhandlungen mit dem Eigentümer des Büros über eine Senkung der Miete in den nächsten sechs Monaten.“

Auch beim „Women’s Media Centre of Cambodia“ (WMC), das einen der beliebtesten Radiosender Kambodschas betreibt, sind die Folgen der Kürzungen bereits zu spüren. Rund zwei Drittel des Jahresetats fallen weg und es kam schon zu Entlassungen. Zehn Mitarbeiter mussten gehen und die Zukunft des Senders steht auf der Kippe. Zudem können geplante Projekte wie etwa Schulung zur Medienkompetenz auf dem Land nicht, verspätet oder nur in kleinerem Umfang verwirklicht werden.

„Wir erhielten indirekte Mittel zur Förderung der Nachhaltigkeit der Medien und rechneten in diesem Jahr mit weiteren operativen Zuwendungen. Die Gelder waren für die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Nachrichtenredaktion von entscheidender Bedeutung“, erläutert Chan Thul Prak, Chefredakteur des digitalen Medienunternehmens „Kiripost“. Auch er sorgt sich um die Presse- und Informationsfreiheit im Allgemeinen: „Diese Mittelkürzungen werden weitreichende Folgen haben und dazu führen, dass der Öffentlichkeit die unabhängigen Medien vorenthalten werden.“

Ähnlich äußert sich Nathan Paul Southern, der Präsident des „Overseas Pressclub Cambodia“, gegenüber der woxx. „Die Kürzungen der USAID-Mittel sind ein schwerer Rückschlag für das kambodschanische Medienangebot und gefährden die Pressefreiheit in einer Zeit, in der sie bereits stark bedroht ist“, sagt er. Der Verlust wichtiger Gelder für unabhängige Journalisten und die Sperrung mehrerer Medien, die über Kambodscha berichten, werde die Berichterstattung über wichtige Themen wie die Einschränkung der demokratischen Rechte und der Menschenrechte, die Umweltzerstörung und die steigende Kriminalität stark beeinträchtigen, so der Journalist.

Auch Chhan Sokunthea, die Geschäftsführerin des „Cambodian Center for Independent Media“, das mehrere Radiosender und eine Nachrichtenwebsite betreibt, äußerte sich besorgt über die abrupte Einstellung der Finanzierung. Ihre Organisation habe eine offizielle Mitteilung des US-Außenministeriums über die einseitige Beendigung ihres von USAID finanzierten Projekts erhalten. Sie wies auf die erheblichen Auswirkungen dieses Verlusts hin. In den lokalen Medien rief sie Geldgeber aus demokratischen Ländern dazu auf, die Bemühungen zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie zu unterstützen, und forderte insbesondere Organisationen wie die Europäische Union auf, alternative Finanzierungsquellen zu finden, um die durch den Rückzug von USAID entstandene Lücke zu schließen.

Noch im vergangenen Herbst hatte die damalige USAID-Leiterin Samantha Power neue Hilfen für Kambodscha angekündigt.

Am Sam Ath von der Menschenrechtsorganisation „LICADHO“ kritisiert, dass die USA, die so oft den Niedergang der Pressefreiheit in Kambodscha problematisiert hatten, nun mit ihren eigenen Maßnahmen den Mediensektor, insbesondere den unabhängigen Journalismus weltweit, erheblich beeinträchtigen. „In Kambodscha werden die beiden Radiosender (VOA und RFA) von vielen Menschen gehört, sie liefern umfangreiche Informationen und dienen als glaubwürdige Medienkanäle. Die Entscheidung der Regierung Trump betrifft die Pressefreiheit, das Recht auf Information und die freie Meinungsäußerung“, sagte er der „The Phnom Penh Post“.

Nop Vy weist darauf hin, dass die Einschränkung der unabhängigen Medien dazu führen wird, dass kontroverse Themen in der Gesellschaft und Kritik an der Regierung fortan kaum noch Gehör finden werden, wenn man von den Menschen absieht, die darüber in den sozialen Medien berichten. „Der Medienraum ist weg“, wird er – noch – in kambodschanischen Medien zitiert.

Arthur Delle arbeitet als freier Journalist und berichtet aus Südostasien.

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