Gleich zwei große Gewinner gab es bei den Wahlen zu den belgischen Gemeindeparlamenten: deutlicher Zuwachs an Stimmen und Sitzen für Ecolo/Groen und den linken PTB.
„Une vague verte sur Bruxelles“ hatte die frankophone Tageszeitung „Le Soir“ am Tag nach den Kommunalwahlen getitelt. Doch das Resultat von „Ecolo/Groen“ konnte sich nicht nur in der Region Brüssel-Hauptstadt sehen lassen, wo man nun zweitstärkste Partei hinter dem „Parti Socialiste“ (PS) ist und drei Bürgermeister stellt. Auch in Wallonien werden künftig sechs Kommunen von Grünen geleitet, viele weitere mitregiert.
Der Wahlerfolg des links vom PS stehenden „Parti du Travail de Belgique“ (PTB) jedoch ist ähnlich bemerkenswert. Erstmals großflächig sowohl in Wallonien als auch in Flandern angetreten, ist die Partei künftig mit 157 statt wie bisher 50 Abgeordneten in den Lokalparlamenten vertreten. Mancherorts, wie etwa in Molenbeek, Charleroi und Liège, spielt man gar Zünglein an der Waage und könnte am Ende in die Majorität einziehen.
Gekommen sind diese Stimmen zum Teil sicher von der Stammwählerschaft des skandalgeplagten PS, der in vielen seiner Hochburgen Federn lassen musste, jedoch nach wie vor stärkste Partei im frankophonen Landesteil bleibt. Aber auch unter den rund 700.000 Erstwähler*innen konnte der PTB offenbar gut punkten.
Frauen weiter strukturell benachteiligt
Ecolo/Groen gelang es, außer vom Jungelektorat und PS vor allem Stimmen aus dem liberalen Parteienspektrum zu gewinnen. In den belgischen Medien wird dies nicht nur mit Blick auf Brüssel weniger als Folge eines Protestpotenzials, sondern eines genuinen Mentalitätswandels des Elektorats interpretiert: Ökologische Themen rund um die Lebensqualität im städtischen Raum würden wichtiger.
Und noch in einer weiteren Hinsicht ist der grüne Wahlerfolg bemerkenswert: In der Region Brüssel stellen Ecolo/Groen auf 111 der insgesamt 159 gewonnen Sitze Frauen ab.
Landesweit stehen Frauen strukturell bedingt dennoch einmal mehr als „Verliererinnen“ da: Nur 47 der 281 Bürgermeisterämter in Brüssel und Wallonien werden künftig von einer Frau bekleidet, obwohl auf den Wahllisten sowohl Parität als auch geschlechtlich alternierende Listenplätze vorgeschrieben sind. Doch nur rund jede fünfte Liste wurde von einer Frau angeführt. Wo dies der Fall war, wurden die Frauen allerdings nicht nur häufiger tatsächlich ins Amt gewählt als im Schnitt die Männer, sondern sie gingen auch öfter mit den meisten Stimmen ihrer Liste aus den Wahlen hervor. So bleibt der vorgeschriebene Modus ein beschränkter Erfolg: in Brüssel sind immerhin knapp 49 Prozent der Gewählten weiblich, in Wallonien und Flandern nur rund 38 Prozent.
„On s’est pris une gigantesque taule“, brachte Boris Dilliès, Bürgermeister der Brüsseler Kommune Uccle, das Abschneiden seiner Partei „Mouvement Réformateur“ (MR) auf den Punkt. Rund vier Prozent büßt der MR im Schnitt ein, mit Ausnahme der Provinz Luxemburg, wo das Ergebnis stabil gehalten werden konnte. Die liberale Partei ist damit die größte Verliererin des belgischen Wahlsonntags und muss sich nun Gedanken machen, inwiefern sie dies ihrer Rolle in der Föderalregierung mit der rechtsnationalistisch-separatistischen N-VA zu verdanken hat. Die jedenfalls konnte ihr Terrain in Flandern behaupten, nicht zuletzt in Antwerpen, wo weiterhin unangefochten Parteichef Bart de Wever regiert.