Geht es beim Ausbau der Digitalisierung wirklich darum, „die Welt zu retten“? Oder sollen damit alte Geschäftsmodelle und ein überkommenes System gerettet werden?
Die Auswirkungen der digitalen Revolution werden innerhalb der Umweltbewegung heftig diskutiert. Mit einem Vortrag morgen Abend leistet der Mouvement écologique einen weiteren Beitrag zur Debatte in Luxemburg, nachdem bereits im November Felix Sühlmann-Faul über „smart grids“, Blockchains und Nachhaltigkeit referiert hatte. Am Dienstag wird der Hochschullehrer und Autor Timo Daum unter anderem über die Perspektiven für eine digitale Mobilität sprechen.
Carsharing statt Autofestival
In der Woche des Autofestivals könnte man meinen, „Privatautos abschaffen!“ sei die einfachste – wenn auch unrealistische – Forderung im Sinne von mehr Nachhaltigkeit. Doch je nachdem wodurch man sie ersetzt, stellen sich neue Probleme – die Daum in seinem jüngsten Buch „Das Auto im digitalen Kapitalismus“ darlegt. Car-sharing klingt, wie andere technische Neuerungen à la Zero-Emission-Car oder Autonomes Fahren, nach einer besseren Welt. Doch die Geschäftsmodelle, auf denen diese Alternativen basieren, sind profitorientiert und zielen auf mehr, statt weniger Mobilitäts-Konsum ab.
Generell hält Daum fest: „Die Digitalisierung wird von Unternehmen, Regierungen, Ministerien und Medien nicht als Vehikel zur grundlegenden Veränderung des Kapitalismus, gar zu dessen Überwindung gesehen.“ Der Titel des Vortrags lautet denn auch: „Digitalisierung der Gesellschaft – nichts weiter als grüner Kapitalismus!?“
Kritik an Rifkin und am grünen Kapitalismus
Es geht darum, den Eindruck zu zerstreuen, dass sich Klima- und Umweltprobleme mit digitalen Techniken wie von selbst lösen lassen. „Zentrale Akteure, die die Digitalisierung vorantreiben, allen voran aus dem Silicon Valley, verbreiten das Bild – welches gerne von Politik und Medien aufgegriffen wird – die Digitalisierung wäre quasi ein Allheilmittel um den Planeten zu retten“, heißt es in der Einladung des Mouvement. Auch der Luxemburger Rifkin-Prozess fuße auf der Idee, „Energie- und Ressourceneffizienz kämen eigentlich von selbst, ohne dass unser Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell in Frage gestellt werden muss.“
Digitalisierung der Gesellschaft – nichts weiter als grüner Kapitalismus!?
Morgen Dienstag, 28. Januar 2020, um 20:00 Uhr
im Hotel Parc Belle-Vue, 5, av. Marie-Thérèse, Luxemburg
Organisiert vom Mouvement Ecologique in Zusammenarbeit mit Adhoc, ASTM, Attac, Caritas, Eis Epicerie, Erwuessebildung, etika, Gemeinwohlökonomie, „iD“, Life, MTK und Oekozenter Pafendall.
Eine Übersetzung ins Französische ist gewährleistet.
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