Die NGO „Global Witness“ wirft der Luxemburger Rohstoffhandelsfirma „Traxys“ vor, Coltan aus Kriegsgebieten in der Demokratischen Republik Kongo gekauft zu haben.

Die Luxemburger Rohstoffhandelsfirma „Traxys“ soll Coltan aus Kriegsgebieten in der DR Kongo gekauft haben. Verantwortlich soll die Rebellengruppierung „Mouvement du 23 Mars“ (M23) sein. (CC BY-SA 2.0 MONUSCO)
Am vergangenen Dienstag veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation „Global Witness“ einen Bericht, dem zufolge die Luxemburger Rohstoffhandelsfirma „Traxys“ Coltan hochproblematischer Herkunft gekauft haben soll. 280 Tonnen habe das Unternehmen in Ruanda erstanden. Der Großteil des Rohstoffs sei aus dem umkämpften Osten der Demokratischen Republik (DR) Kongo in das Nachbarland geschmuggelt worden sein.
Verantwortlich soll die Rebellengruppierung „Mouvement du 23 Mars“ (M23) sein, die im November 2021 Truppen der DR Kongo anzugreifen begann. Im darauffolgenden Jahr startete der M23 eine Offensive im Nordosten des Landes und übernahm die Kontrolle über nennenswerte Teile des Gebiets, darunter auch Goma, die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu. 7.000 bis 12.000 Soldaten des ruandischen Militärs unterstützen den M23 bei diesen Kämpfen. Seit Anfang 2024 kontrolliert die Miliz nicht nur die wichtigste Transportroute für Mineralien, sondern auch das Tagebaugebiet in der Rubaya-Region, woher 15 Prozent des weltweiten Tantal-Bedarfs stammen. Dieses Metall wird aus dem Mineral Coltan gewonnen und findet sich in Laptops, Elektroautos, Spielkonsolen oder Smartphones wieder.
Global Witness beruft sich in dem Bericht auf Zolldokumente, Kundenkarteien und die Aussagen zweier Schmuggler*innen. Demnach sei Traxys die Hauptkäuferin von Rohstoffen der ruandischen Firma „African Panther Resources Limited“. Deren Exporte erreichten im Jahr 2024 ungekannte Höhen, was als Hinweis gewertet wird, dass ein Großteil des Materials aus den Konfliktzonen der DR Kongo stammt. Traxys kauft seit 2023 vermehrt Coltan und war 2024 eine der größten Käuferinnen von mutmaßlich aus Ruanda stammendem Coltan, so Global Witness. Seit Ende 2023 gilt laut UN-Expert*innen als erwiesen, dass geplündertes Coltan nach Ruanda geschmuggelt wurde. Laut den Schmuggler*innen, auf die sich Global Witness beruft, erhebt M23 15 Prozent des Verkaufspreises als „Steuer“. Geschätzte 800.000 US-Dollar bringe der Erzhandel der Gruppe auf diese Weise monatlich ein.
Profite wandern nach Luxemburg
Traxys hat ihren Hauptsitz in Luxemburg und verdreifachte 2024 gegenüber dem Vorjahr ihren Gewinn. Dieses Ergebnis stellt einen Rekordgewinn für das Unternehmen dar, wie eine Recherche der woxx ergab. Auf Nachfrage bestritt die Firma allerdings, dass ihr Coltan aus dem Kriegsgebiet stamme: Das von ihr erworbene Mineral habe eine andere Zusammensetzung als jenes aus der DR Kongo und sei deswegen farblich dunkler. Laut Global Witness wird sogenanntes „weißes Coltan“ aus der DR Kongo in Ruanda jedoch oft nachträglich durch Mischen oder Färben dunkler gemacht. Dies bestätigte eine Expert*innengruppe der UN bereits 2015. Traxys berief sich gegenüber der NGO auch auf „von der Industrie akzeptierte Rückverfolgbarkeitsanbieter“, die den Ursprung der Rohstoffe zertifizierten. Global Witness will jedoch schon 2022 aufgedeckt haben, dass das größte Rückverfolgungssystem in Ruanda, die „International Tin Supply Chain Initiative“ (ITSCI), Mineralienschmuggel im großen Stil deckte. Auf ihrer Website gibt Traxys an, Mitglied der ITSCI zu sein.
Die EU hat im Februar 2024 eine strategische Partnerschaft für kritische Rohstoffe mit Ruanda abgeschlossen. Tantal, das aus Coltan gewonnen wird, gilt als solches. Ein Jahr später forderte das EU-Parlament in einer Resolution, das Abkommen zu suspendieren, solange die Herkunft der Rohstoffe nicht geklärt sei. Die EU-Außenbeauftrage Kaja Kallas versprach daraufhin, die Vereinbarung zu überprüfen. Im Rat der Außenminister*innen sollten am 24. Februar dann Sanktionen gegen Ruanda beschlossen werden – doch ausgerechnet Luxemburg blockierte dies. Außenminister Xavier Bettel (DP) erklärte dazu, er wolle Ruanda nicht vorzeitig bestrafen und diplomatische Verhandlungen abwarten (siehe woxx 1826).
David Wagner, Abgeordneter von „Déi Lénk“, der Bettels Abstimmungsverhalten bereits damals scharf kritisiert hatte, stellte am vergangenen Dienstag eine parlamentarische Anfrage zum Umgang der Regierung mit Traxys. Unter anderem werden die Kontrollen thematisiert, die das Außenministerium gemäß einer EU-Regelung gemeinsam mit der Zollverwaltung bei Firmen, die Mineralien aus Konfliktgebieten importieren, durchführen soll. Wagner spricht zudem explizit an, was sich ohnehin aufdrängt: Ob die Profitinteressen von Traxys einen Einfluss auf die bilateralen Beziehungen zwischen Luxemburg und Ruanda hatten – oder sogar die Positionierung Luxemburgs zum Konflikt im Osten der DR Kongo mitbestimmen.