Landwirtschaft: Niemand will Bio?

Der „Fräie Lëtzebuerger Baureverband“ steht den Bio-Plänen der Regierung skeptisch gegenüber. Das offenbart einen gesellschaftlichen Konflikt, der weit über die Landwirtschaft hinausgeht.

Vergangenen Dienstag veranstaltete der „Fräie Lëtzebuerger Baureverband“ (FLB) eine Pressekonferenz, die vor allem darin bestand, sich gegen die Regierungspläne zu Biolandbau und Glyphosatverbot zu positionieren. Dabei wurde zuerst über die „reellen Herausforderungen in der Luxemburger Landwirtschaft“ aufgeklärt: Greta Thunberg und der angeblich hohe CO2-Verbrauch ihrer Atlantiküberquerung mittels Segelschiff.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass der FLB einer Falschmeldung aufgesessen ist – der Mär, dass wegen der Überfahrt viele Flüge nötig wären. Die Geschichte nutzte der Verband als Beispiel für die Komplexität der Welt und der landwirtschaftlichen Produktion. Diese Botschaft ist nicht falsch: Die Landwirtschaft steht von vielen Seiten unter Druck, nicht zuletzt auch wirtschaftlich. In den Details scheint aber vieles von dem, was der FLB verkündete, höchst widersprüchlich. Einerseits werden die Methanemissionen von Rindern als unabänderbar bezeichnet, andererseits werden Alternativen zur Viehhaltung gefordert. Außerdem fordert der FLB: „Der Markt soll immer entscheiden was und wie produziert wird.“ Würde die Politik wirklich so verfahren, sänken zwar die Lebensmittelpreise, die luxemburgische Landwirtschaft verschwände jedoch bald.

Es ist verständlich, dass ein Sektor, auf den immer mehr wirtschaftlicher Druck, ökologische Forderungen und generelle Antipathie einwirken, sich wehrt und nicht unbedingt bereit dazu ist, sich komplett neu zu erfinden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Hindernisse zur Umstellung auf Bio nicht eher Mauern in den Köpfen sind. Das 20-Prozent-Biolandbau-Ziel der Regierung ist in Österreich beispielsweise schon erreicht. In Luxemburg gibt es laut Studien einen großen Wunsch nach Bio-Produkten, in unseren Nachbarländern gäbe es riesige Absatzmärkte dafür. Neue Modelle wie „community supported agriculture“, sozusagen Crowdfunding für Landwirtschaft, vermelden auch in Luxemburg mit Bio-Gemüseanbau Erfolge.

Wenn nach dem neuesten Bericht des UN-Klimarates über Bio-Quoten oder die Reduktion des Fleischkonsums diskutiert wird, wird oft über Preise diskutiert. Es ist Unsinn, arme Menschen dafür zu verurteilen, wenn sie zu billigen Fleischprodukten statt zu teuren Bio-Ersatzprodukten zu greifen – so wie die Individualisierung des Problems überhaupt Unsinn ist. Angesichts der Klimakatastrophe und des massiven Artensterbens lautet die Frage ja eher: Wird es überhaupt noch anders gehen?

Wird es überhaupt noch anders als Biolandwirtschaft gehen?

In Europa subventionieren wir Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ohnehin – warum dann nicht Wege suchen, um biologisch produzierte, gesunde, regionale (im besten Fall auch noch vegetarische und vegane) Lebensmittel günstig für alle bereitzustellen? Und wenn die Politik den Mut dazu nicht hat, müssen die Landwirt*innen sich mit interessierten Konsument*innen zusammentun, um die Umstellung gemeinsam anzugehen.

Vielleicht war das Greta Thunberg-Beispiel dann doch nicht so verkehrt: Immerhin zeigen die Reaktionen auf die Klimaaktivistin, wie gespalten unsere Gesellschaft in Sachen Umweltthemen ist. Die einen wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, und empfinden ein Auto, das mit Strom oder Wasserstoff fährt, bereits als große Umstellung. Und die anderen träumen von einer gerechteren Welt, in der die globalen Probleme gemeinsam gelöst werden.

Immerhin eine Gemeinsamkeit gibt es auch zwischen Umweltschützer*innen und FLB: Beide Gruppen sind gegen das EU-Mercosur- Handelsabkommen. Der Protest dagegen wäre doch die Gelegenheit, sich einander anzunähern und festzustellen, dass die Mühen einer Umstellung sich durchaus lohnen würden. Vielleicht könnte so auch die eine oder andere Mauer im Kopf eingerissen werden.


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