LetzCare-Studie: Das Pflegepersonal kann nicht mehr

Am Donnerstag präsentierten die Universität Luxemburg und die Association nationale des infirmières et infirmiers du Luxembourg die Studie „LetzCare“: Sie offenbart, warum ein Großteil des Pflegepersonals das Handtuch werfen will.

Krankenpfleger*innen am Rande ihrer Kräfte, wie auf diesem Bild, gibt es in Luxemburg viele. (Copyright: Cedric Fauntleroy/Pexels)

70 Prozent des Pflegepersonals in Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen hat letztes Jahr darüber nachgedacht, den Beruf zu verlassen. Das sagte Anne-Marie Hanff, Präsidentin der Association nationale des infirmières et infirmiers du Luxembourg (Anil), am Donnerstagmorgen in einem Interview mit RTL. Diese Zahl geht aus der Studie „LetzCare“ hervor, die in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg entstanden ist und diese Woche veröffentlicht wurde. Primäres Ziel der Studie war es, die Zufriedenheit des Pflegepersonals zu ermitteln, auch im Hinblick auf Covid-19.

Das Pflegepersonal in den Krankenhäusern führt seine Zweifel an der Berufswahl auf den Arbeitsinhalt, Zeitdruck, emotionale Anforderungen und körperliche Beschwerden zurück. Die Betroffenen berichteten von Burn-out und Angstgefühlen. Das Pflegepersonal, das beispielsweise in Altenheimen oder im sozialen Bereich aktiv ist, nannte außerdem den Umgang zwischen Kolleg*innen und Vorgesetzten sowie Rollenambiguität und körperliche Ressourcen als Begründung. Besonders jüngeres Personal zeigt sich unzufrieden mit den Arbeitsverhältnissen, schätzt die Qualität der Pflege dahingehend als gefährlich ein.

Im Gespräch mit RTL erkennt Hanff in den Ergebnissen Nachwehen der akuten Phase der Pandemie. Diese hätte sich auf das Miteinander ausgewirkt: Es sei Personal ausgefallen, es habe Debatten um die Impflicht gegeben, Druck und Spannungen im Umgang mit der Gesamtsituation. Die Pandemie ist jedoch nicht an allem schuld: Hanff berichtet auch von mühseligen Arbeitsprozessen in den Krankenhäusern. Oft sei unklar, welche Handlungen Krankenpfleger*innen ohne ärztliche Erlaubnis durchführen dürften oder nicht. Vor allem bei der Nachtschicht könne dies zu Problemen führen: Die Ärzt*innen seien regelmäßig nicht vor Ort oder bräuchten lange für die Anfahrt.

„Muss schnell passieren“

Hinzu kommt der Personalmangel, der sich künftig verschärfen dürfte. Hanff gibt an, dass in den nächsten zwölf Jahren 42 Prozent des Pflegepersonals in Rente gehen wird. Zieht man die 70 Prozent des Personals hinzu, die mit dem Gedanken spielen, den Job frühzeitig zu verlassen, ergibt sich ein düsteres Bild. „Wir wollen, dass sich etwas ändert“, sagt Hanff. Dies scheint angesichts der Zahlen eine Notwendigkeit. Lösungsvorschläge gibt es in der „LetzCare“-Studie einige. Die Rollenverteilung und das Arbeitsvolumen sollen überdacht werden, es müsse eine Erhöhung des Personalschlüssels her sowie eine teamorientierte Strategie im Umgang mit Zeitdruck.

Für Hanff ist es wichtig, dass sich auf politischer Ebene etwas tut. Sie spricht die Handlungsfähigkeit der Chief Nursing Officer an. Michèle Wolter besetzt seit über zehn Jahren diesen Posten, der 2020 von der Direction de la santé ins Gesundheitsministerium verlagert wurde. Zwar diskutiert sie mit, wenn es um die Organisation der Pflegepolitik geht, doch wünscht Hanff sich eine größere Sichtbarkeit in Verwaltungsräten der Pflegeeinrichtungen. Sie tritt zudem für die stärkere Digitalisierung administrativer Arbeitsprozesse und die Erhöhung des Büropersonals ein. Zu oft verlören die Pfleger*innen Zeit mit Papierkram, die dann bei der Betreuung der Patient*innen zu kurz käme. „Das muss schnell passieren“, sagt Hanff darauf angesprochen, wann die Lösungsvorschläge umgesetzt gehören. „Am besten steht die Strategie dieses Jahr. In fünf Jahren muss es eine spürbare Veränderung geben.“


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