LGBTIQA+ Schüler*innen erleben im Schulalltag immer noch Diskriminierung. Um dem entgegenzuwirken, fordert die Nationale Menschenrechtskommission einen inklusiven Lehrplan.

(Foto: Aaron Burden/Unsplash)
Knapp eine Woche vor der Debatte im Parlament zu den Petitionen 3198 und 3281 über LGBTIQA+-Themen in Schulen hat die Nationale Menschenrechtskommission (CCDH) eine Stellungnahme veröffentlicht. „Trotz bedeutender Fortschritte erleiden Personen der LGBTQIA+-Gemeinschaft weiterhin diskriminierende Verhaltensweisen und Hass. Es liegt an den Schulen, diese Problematik anzugehen, indem sie eine Bildung fördern, die die Vielfalt anerkennt und wertschätzt“, heißt es darin. Die CCDH spricht deshalb eine klare Empfehlung aus, LGBTIQA+ Themen „in den Lehrplänen der verschiedenen Lernzyklen sowie in den Entwicklungsplänen der Schulen (PDS) zu verankern.“ Schulen müssten aufgrund ihres Einflusses auf das Leben von Kindern und Jugendlichen für alle ein Safe Space darstellen. Das gelte vor allem für LGBTIQA+ Jugendliche, die in Schulen immer noch einem hohen Maß an Diskriminierung ausgesetzt seien.
Auf Nachfrage der woxx schreibt die Präsidentin der CCDH, Noémie Sadler: „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist bezüglich des Zugangs zu LGBTIQA+ Themen sehr klar. Das Verbot von LGBTIQA+-Themen in Schulen verstößt gegen die Menschenrechtskonvention und verstärkt Diskriminierung, Belästigung und Gewalt gegen LGBTIQA+-Personen.“ Deswegen entspräche die Petition 3198, die die Exklusion von „LGBT-Themen“ aus der Bildung von Minderjährigen fordert, laut Sadler „nicht den Kriterien der Abgeordnetenkammer und hätte nicht zugelassen werden dürfen.“ Es stellten sich jedoch die Fragen, ob die Kriterien genau genug seien, und wie die zuständige Parlamentskommission prüfe, ob diese erfüllt würden. Klarere Richtlinien und ein transparenteres Verfahren zur Bewertung öffentlicher Petitionen könnten Abhilfe schaffen.
Der Stein des Anstoßes
Anstoß der Debatte um LGBTIQA+ Inhalte in Schulen war die Petition 3198 von Helder Rui De Almeida Neves, die Mitte Juli letzten Jahrs für Unterschriften geöffnet wurde und die Exklusion von LGBT-Themen forderte. Die Petition wurde im Folgenden unter anderem von den ADR-Politikern Tom Weidig und Fred Keup über soziale Medien verbreitet und erreichte knapp unter 10.000 Unterschriften. Vier Tage nach der ersten Petition wurde die Gegenpetition 3281 von Marc Gerges mit der Überschrift „LGBTQ+-Themen und das Zusammenleben in der Bildung von Minderjährigen weiter ausbauen“ eingereicht. Innerhalb eines halben Tages sammelte diese genügend Unterschriften, um das Quorum von 4.500 zu erreichen, und sammelte bis zum Ende knapp über 10.000 Unterschriften (woxx 1798, LGBTIQA: So net „queer“!).
Auf die Frage, wieso die Nationale Menschenrechtskommission bis jetzt mit einer Stellungnahme gewartet habe, schreibt Noémie Sadler, die Kommission habe das Thema zuvor eingehender recherchieren und detaillierter behandeln wollen, um damit eine breitere Debatte über die Inklusion und das Wohlergehen von Jugendlichen, insbesondere der LGBTIQA+-Jugend, anstoßen zu können. Die für kommenden Dienstag geplante öffentliche Debatte beider Petitionen im Parlament, erschien nun eine „gute Gelegenheit zu sein, um den Dialog zu fördern und die dringende Notwendigkeit hervorzubringen, LGBTIQA+-Themen in den Bildungsbereich zu integrieren“, so Sadler.
Die Stellungnahme fordert zur Unterstützung von LGBTIQA+ Jugendlichen auch Maßnahmen, die über den Bildungsbereich hinausgehen. Dazu gehören die Umsetzung der Maßnahmen zweier nationalen Aktionspläne; jenen zur Mentalen Gesundheit und jenen zur Förderung der Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen und intersexuellen Personen. Auch eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Gesetzesänderungen seien notwendig. So empfiehlt die CCDH etwa Verbote von Konversionstherapien und nicht lebensnotwendigen medizinischen und chirurgischen Eingriffen bei intersexuellen Kindern.
Gerade in Krisenzeiten, die häufig mit politischen Umbrüchen einhergehen, die zu Ausgrenzung und Diskriminierung führen, sei eine breite öffentliche Debatte und ein klares Bekenntnis zu einer inklusiven Gesellschaft in der die Rechte aller Menschen geschützt werden, unabdingbar. „In den letzten Jahren haben wir in vielen Ländern Beispiele für einen Rückgang der LGBTIQA+-Rechte und der Frauenrechte gesehen“ so Noémie Sadler. „Um den Gefahren, die von extremen politischen Bewegungen ausgehen, entgegenzuwirken, müssen aktiv Bildungsprogramme unterstützt werden, die Toleranz und Gleichheit fördern. Es ist wichtig, wachsam zu bleiben und den Dialog über Menschenrechte fortzuführen.“