„Los Lobos“ erzählt aus der Perspektive von zwei Kindern von einer prekär lebenden Einelternfamilie mit Migrationshintergrund. Es ist ein Film, der unter die Haut geht.

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Das Leben von Max (Maximiliano Nájar Márquez) und Leo (Leonardo Nájar Márquez) ist von Regeln geprägt: die Wohnung ordentlich halten, nicht rausgehen, nicht weinen. Die Disziplin, die die alleinerziehende Lucía (Martha Reyes Arias) von ihren beiden Söhnen verlangt, kommt nicht von ungefähr. Während sie den ganzen Tag arbeitet, müssen Max und Leo alleine zuhause bleiben. Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es wenige: Wenn die beiden gerauft, gezeichnet und mit einem Papierknäuel Fußball gespielt haben, sind ihre Optionen mehr oder weniger ausgeschöpft. Dann bleibt nur noch das geduldige Warten auf die Heimkehr Lucías .
Monoton ist der Film dennoch nicht, wird das Innenleben von Max und Leo doch anhand von Animationen visualisiert. Die lebendig gewordenen Kinderzeichnungen vermitteln auf spielerische Weise, was die beiden beschäftigt und wie sie mit Dingen umgehen, die sie nicht verstehen. Dazu zählt unter anderem, wieso es nicht möglich ist, nach Mexiko zurückzukehren und weshalb die Mutter so ungern über den Vater der Jungen spricht. Immer wieder hören sich die beiden die Aufnahmen an, die ihre Mutter ihnen auf einem Kassettenrecorder hinterlassen hat. Sie umfassen neben den oben genannten Regeln auch Englischvokabeln, die die Spanisch sprechenden Jungen sich einprägen sollen. Wenig überraschend ist ihre Lernmotivation bei keinem Satz so hoch wie bei „We want to go to Disney, one ticket please“.
Mit jedem Tag wird die Verlockung größer, die Wohnung zu verlassen. Zumal es keine Aussicht darauf gibt, dass sich in nächster Zeit etwas ändert. Auf Max‘ Frage, wann er wieder zur Schule gehen könne, antwortet seine Mutter nur vage, dass sie sich noch um ein paar Dinge kümmern müsse. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Jungen es nicht mehr aushalten und die Wohnung verlassen. Lucía hat ihre dreiköpfige Familie „Los lobos“ getauft, eine Formulierung, die zweifelsohne sowohl an den Zusammenhalt als auch ans Durchhaltevermögen der Kinder appellieren soll. Beides steht im Laufe des Films auf zunehmend wackeligen Beinen.
Die kindliche Perspektive und die thematischen Schwerpunkte, die Regisseur und Drehbuchautor Samuel Kishi für seinen Film gewählt hat, erinnern stark an Sean Bakers „The Florida Project“ (2018). Dennoch lässt sich die Lebensrealität von Max und Leo aufgrund ihres Migrationshintergrunds und der Sprachbarriere nur bedingt mit dem der Kinder in Bakers Film vergleichen. „Los Lobos“ ist weniger hoffnungsvoll, steht „The Florida Project“ handwerklich und schauspielerisch jedoch in nichts nach.
Los Lobos“ ist im Rahmen des Luxfilmfestivals heute, um 19 Uhr, in der Cinémathèque zu sehen. Weitere Screenings finden am Sonntag, dem 7. März und Samstag, dem 13. März im Ciné Utopia statt.
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