Viele Medien, von wenigen dominiert: Laut einer Studie liegt darin das Hauptrisiko für die Informationsvielfalt in Luxemburg.
Kein Medienmarkt ist EU-weit stärker von Konzentration geprägt als der hiesige – und genau das könnte für Luxemburg zum Problem werden. So gibt es im Großherzogtum zwar eine beachtliche Anzahl von Presseorganen, doch diese befinden sich in den Händen von nur wenigen Eigentümern, allen voran die RTL Gruppe, sowie die Verlagshäuser Editpress und Saint-Paul. Für eine tatsächliche Vielfalt in der Berichterstattung birgt dies ein großes Risiko – laut einer am Donnerstag vergangener Woche veröffentlichten Studie der Uni Luxemburg liegt es bei nahezu hundert Prozent.
Das klingt drastisch, doch bezeichnet es zunächst lediglich, welcher Sachverhalt für die Medienvielfalt in Luxemburg „eventuell“ zur Gefahr werden könnte, wie Mitautorin Céline Schall betont: „Der Fakt, dass es in Luxemburg keine spezifischen Gesetze gibt, um eine Medienkonzentration zu verhindern, ist noch nicht gleichbedeutend damit, dass es auch tatsächlich unmittelbar ein Problem gibt“, so Schall gegenüber der woxx.
Medienzugang für Minderheiten
Für sich genommen, erscheint die Information zur Marktdominanz der genannten Medienhäuser als alter Hut. Dennoch bringt die auf 2015 bezogene, von der Europäischen Kommission geförderte und vom Florentiner „Center for Freedom and Pluralism of the Media“ in 19 EU-Mitgliedsländern durchgeführte Pilotstudie manches Interessante über die Luxemburger Medienlandschaft zutage. So deutet sie an, dass viele der möglichen „Problemzonen“ mit einem vielfach geteilten Pragmatismus einhergehen. Nicht nur die hohe Medienkonzentration, sondern beispielsweise auch Personalmangel sowie die in der Studie nicht näher bewertete Effizienz nationaler Behörden würden so gerechtfertigt.
Gute Noten erteilt die Studie, was den grundlegenden Schutz der Berichterstattung anbelangt, also den Schutz der Meinungsfreiheit, die Unabhängigkeit von nationalen Behörden, den Quellenschutz und dergleichen mehr. Hier liegt das Risikopotenzial bei lediglich 26 Prozent.
Heikel könnte es werden, was den Medienzugang von sozialen und kulturellen Minderheiten anbelangt. Denn das einzig wirkliche mit einem öffentlichen Auftrag versehene „Public Service Medium“ sei im Grunde der Radiosender „100,7“, während die Sender mit der publikumsmäßig größten Reichweite, RTL Radio und TV, nur in beschränktem Umfang beauftragt seien, sozialen und kulturellen Minderheiten ein Forum zu geben. Der Risikofaktor liegt hier bei 50 Prozent.
Erstaunliches fördert die Analyse der politischen Unabhängigkeit der Medienprodukte des Landes zutage. Denn obwohl die Marktmacht der großen Medienhäuser Luxemburgs durchaus auch mit der Zugehörigkeit zu politischen Lagern verbunden ist, bewertet die Studie beispielsweise das Risiko einer „Politisierung der Kontrolle über Medienprodukte“ mit lediglich 12 Prozent.
Auch das Risiko staatlicher Einfluss- nahme durch die Verteilung der behördlichen Werbe- und Anzeigenvergabe kann mit einer Bewertung von nur 33 Prozent überraschen, zieht man die nicht unwesentliche ökonomische Bedeutung dieser Einnahmen für einige Luxemburger Medien in Betracht.
Der Autorité luxembourgeoise indépendante de l‘audiovisuel (Alia) kommt hinsichtlich der Garantie der Medienvielfalt in Luxemburg eine zentrale Aufgabe zu. Bei der Lektüre der Studie drängt sich allerdings auf, dass die Alia diese mangels finanzieller und personeller Ausstattung wohl gar nicht erfüllen kann. Gerade die kritische Begleitung des Medienmarktes durch Studien, rechtliche Kontrollen und öffentliche Debatten tut jedoch not, wie die Autorinnen der Analyse resümieren: „Natürlich wäre es wichtig, genauer zu beobachten, was in der Luxemburger Medienlandschaft vor sich geht“, meint Céline Schaal.
Die Forschergruppe will dazu das ihrige tun: In diesem Jahr wird die Studie zum ersten Mal in allen EU-Mitgliedstaaten durchgeführt. Bis dahin werden die 2015 erprobten Indikatoren und Parameter noch einmal angepasst: „Manche Kriterien konnten noch nicht sinnvoll auf Luxemburg angewandt werden“, so Forscherin Schaal. Das erkläre zum Teil, weshalb es mitunter „zu überraschenden Resultaten kam“.