Weiter Kritik um die geplante Runderneuerung der Assurance dependance: Der Patientevertriedung konnte Minister Schneider bislang nicht erklären, weshalb sein Plan ein guter sei.
Transparenz ist der zentrale Begriff der Regierung zur Reform der Pflegeversicherung. Kritiker monieren wiederum gerade den Mangel an Durchsichtigkeit. Daran scheint sich auch nach einer Pressekonferenz der Patientevertriedung nichts zu ändern.
Am Dienstag hatte die Interessenvereinigung geladen, um noch einmal zentrale Kritikpunkte an der Reform vorzutragen. Vor allem befürchtet man, dass der Wechsel zu einem System definierter Pflegestufen eine effektive Kontrolle tatsächlich erbrachter Leistungen unmöglich machen wird. Die Dienstleister könnten sich bei Stichproben beispielsweise damit herausreden, eine gemäß der Pflegestufe zu erbringende Leistung werde eben erst anderntags erbracht. Im bisherigen System hingegen müssten die Pflegedienste jede tatsächliche erbrachte Leistung im Anschluss minutiös dokumentieren.
Ein Brief ohne Antwort
Das sei auch weiterhin der Fall, versichert der für die Sozialversicherung zuständige Minister auf Nachfrage der woxx. „Man wird weiter ganz klar nachvollziehen können, was geschieht und was noch gemacht werden muss“, sagt Romain Schneider. Das Stufenmodell beziehe sich lediglich auf das Abrechnungswesen. Schneider kann daher die erneute Kritik der Patientevertriedung, die laut ihm keinen „Mehrwert“ bringt, auch nicht nachvollziehen: „Wir haben versucht, den Kritiken Rechnung zu tragen und das Ganze zu erklären.“
Bei der Patientevertriedung sieht man das anders. „Wir hatten den Minister angeschrieben und keinerlei Reaktion bekommen“, so Pressesprecher Georges Clees. „Man hätte uns wenigstens mitteilen können, dass man unsere Kritik zur Kenntnis genommen hat.“ Das sei durchaus der Fall, doch sei es leider nicht möglich, auf alle eingegangenen Briefe zu antworten, hieß es auf Nachfrage hierzu aus dem Ministerium.
Clees zeigt sich auch erstaunt über die von Schneider gegenüber der woxx gemachte Beteuerung, dass jede tatsächlich erbrachte Leistung im Anschluss auch weiterhin genau dokumentiert werden soll. „Dann muss das im Gesetz aber auch klar so formuliert werden“, so Clees: „Man muss den Text und seine Formulierung kennen, um genau darüber urteilen zu können.“
Hierin liegt wohl der wichtigste Streitpunkt: Zentrale Aspekte der Reform werden in Règlements grand-ducaux präzisiert. Diese liegen jedoch beispielsweise der Patientevertriedung noch gar nicht vor. Gleichwohl hält der Minister daran fest, dass die Reform Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll: „Ich hoffe, wir schaffen es.“ Am 11. Oktober möchte Schneider die Règlements, die zum Teil schon formuliert worden sind, der Commission consultative erstmals zur Diskussion vorlegen. In der Kommission mit Beratungsfunktion sollen laut dem Ministerium „alle relevanten Partner und Akteure“ vertreten sein, darunter neben der Krankenversicherung CNS auch die Dachverbände der Pflegedienstleister, der Senioren und der Behinderten. Bis in den November hinein soll dort über die Entwürfe debattiert werden, bevor diese an die parlamentarischen Gremien gehen.
Das Tempo, in dem Romain Schneider seine Reform durch die Instanzen peitschen muss, um die Frist zum Jahreswechsel einzuhalten, spricht aus Sicht der Kritiker nicht dafür, dass ein fundiertes Abwägen der unterschied- lichen Standpunkte möglich sein wird. Wenn mehr Transparenz tatsächlich der Maßstab einer geglückten Reform werden soll, bleibt dem Minister wohl wenig anderes übrig als Kommunikationspolitik und Timing noch einmal zu überdenken.