Ein Streifzug durch das jetzt vorliegende Programm der Philharmonie für die neue Saison – subjektiv und provisorisch.
Zu Pfingsten statt zu Ostern ist das Philharmonie-Programm für die kommende Saison 2020/2021 in den Redaktionen eingetroffen. Die schlechte Nachricht als erstes: Die vier aufeinanderfolgenden Beethoven-Konzerte mit allen neun Sinfonien, für diesen April geplant und wegen Covid-19 abgesagt, werden nicht nachgeholt. Das Beethoven-Jubiläumsjahr, offiziell bis 2021 verlängert, spiegelt sich trotzdem im Programm wieder: Zahlreiche Werke des Komponisten der „Wiener Klassik“ werden aufgeführt. Darunter auch, zum Trost, zwei Integralen: Die Klavierkonzerte mit Krystian Zimerman und dem OPL unter Gustavo Gimeno sowie die Violinsonaten mit Frank Peter Zimmermann und Martin Helmchen. Das alles gilt unter Vorbehalt, denn das Programm ist, wegen den Covid-bedingten Unsicherheiten, als provisorisch ausgewiesen.
Die gute Nachricht gilt für die Liebhaber*innen von „Mainstream-Klassik“: Auch jenseits der Beethoven-Werke werden zahlreiche beliebte Sinfonien, Konzerte und Kammermusikstücke aufgeführt. So enthält das Programm eine regelrechte Flut von Klavierkonzerten, unter anderem von Mozart, Brahms, Grieg und Ravel. Für die sieben Abende des Klavierrezital-Abos wurden alte und neue große Namen, von Daniel Barenboim bis Víkingur Ólafsson, verpflichtet. Bei den Sinfonien gibt es mehrere doppelte Aufführungen des gleichen Werks mit verschiedenen Interpret*innen im Verlauf der Saison. Wer mag, wird zwei Auslegungen von Schumanns „Rheinischer“ und Tschaikowskis „Pathétique“ vergleichen können. Erwähnenswert auch das Abo „Face-à-face“, bei dem dieses Jahr Schuberts Kammermusik aufgeführt und kommentiert wird (auf Englisch).
Bei der Barockmusik gibt es ein ähnliches Angebot: Anne-Catherine Bucher wird an vier „Midis baroques“ Werke aus dem Cembalo-Repertoire einführen und interpretieren, darunter die Goldberg-Variationen und eine Auswahl von Scarlatti-Sonaten. Aus den zahlreichen anderen Barock-Highlights sei das „Ouschterconcert“ hervorgehoben, mit Bachs Johannespassion, aufgeführt von den English Baroque Soloists und dem Monteverdichor unter der Leitung von John Eliot Gardiner.
Auch die zeitgenössische Klassik kommt nicht zu kurz, zum Beispiel mit „Hear eyes move“: Ligetis Klavierstudien, von Elisabeth Schilling in Szene gesetzt, interpretiert von Tänzer*innen und der Pianistin Cathy Krier. Überhaupt ist die Philharmonie seit mehreren Jahren verstärkt im Bereich der Theaterkünste aktiv. In vieler Hinsicht als besonders muss die Oper „La Voix humaine“ von Poulenc gelten, mit der das OPL und Patricia Petitbon auf Tournee gehen – leider wird das Werk in Luxemburg nur konzertant aufgeführt.
Theaterkunst gibt es auch im Rahmen der drei alljährlichen Festivals. Highlight der Rainy Days 2020 dürfte die Aufführung von Kurt Schwitters „Ursonate“ sein. Das Dada-Lautgedicht wird von William Kentridge in Szene gesetzt, der im Zentrum des „Red Bridge Festival“ steht. Von den sechs Projekten, die Teil dieser Joint Venture von Philharmonie, Grand Théâtre und Mudam sind, sei auch noch die Inszenierung von Monteverdis „Ritorno d’Ulisse“ erwähnt, bei der Marionetten zum Einsatz kommen. Den Abschluss des Atlântico-Festivals wird ein weiterer großer Name machen: der brasilianische Sänger und Gitarrist Gilberto Gil.
Liebhaber*innen der lusophonen Kultur dürfen sich auch auf ein Konzert mit Mariza freuen, die Lieder der großen Fadista Amália Rodrigues neuinterpretieren wird. Im Bereich der World Music sei der Auftritt der syrischen Sängerin Waed Bouhassoun hervorgehoben, die den Zerstörungen des Krieges die heilende Kraft der Musik entgegensetzt. Wer es poppiger mag, der oder dem empfehlen wir den einzigen Farbfilm in den Ciné-Concerts: Batman, mit Orchester- und Chorbegleitung.
Ein Wermutstropfen bleibt: Bestellen lassen sich die Abo- und Konzerttickets noch nicht – die Philharmonie schätzt, dass sie erst im August ein endgültiges Programm vorlegen und Reservierungen annehmen kann.
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