Revolverheld aus Hamburg sind der Inbegriff deutscher Popmusik der letzten Jahre: Glatt bis belanglos, aber trotzdem immer noch originell genug, um sich ein bisschen abzusetzen.
Zuhausegebliebene und Kulturredakteur*innen kennen das Phänomen: Der August und das Sommerloch sind eigentlich überstanden, der Terminkalender füllt sich langsam. Doch es gilt noch eine letzte Durststrecke zu überstehen, nämlich die erste Septemberwoche. Weder Fisch noch Fleisch, eine dieser zähen Übergangswochen, in denen eigentlich nichts Nennenswertes passiert. Die Theatersaison ist noch nicht angelaufen, die Sommerfestivals vorbei und die Konzerte plätschern so dahin.
Bleibt also nur der Mainstream: Revolverheld in der LuxExpo The Box. Dass dies der letzte Termin deren Sommertour ist, bestätigt die eben aufgestellte Theorie zumindest teilweise. Revolverheld sind eine dieser Bands, die ein*e jede*r schon mal gehört hat, meistens ohne es zu wissen. Ob beim zufälligen Einschalten einer kommerziellen Radiostation, als Jingle im privaten Reality-Trash-TV oder aus diversen Teenagerzimmern – ihre Musik ist der Soundtrack mehr als einer belanglosen Alltagssituation.
Und das Nicht-Anecken-Wollen ist Programm der Band, die sich 2002 in Hamburg gründete. Zuerst unter dem Namen Manga, der wohl nicht so der Renner war, dann ab 2004 kurz als Tsunamikiller. Als dann der wirkliche Killer-Tsunami Ende des Jahres in Südostasien 230.000 Menschenleben forderte, nannte sich die Band eben in Revolverheld um – die Radios müssen einen ja noch spielen können. Denn Revolverheld sind ein Industrieprodukt, 18 Monate lang gecoacht in der Popakademie Baden-Württemberg und ab da bei der Agentur voll:kontakt unter Vertrag (die unter anderem auch Lou Bega oder Maite Kelly vertritt) – was sofort einen Plattenvertrag bei Columbia einbrachte. Dann in den Vorprogrammen von Businessgrößen wie Silbermond oder Die Happy hochgepäppelt, bis die erste Chartplatzierung erreicht war.
Mit solchen Kontakten ist es kein Wunder, dass das bereits mit der ersten Single „Generation Rock“ im Jahr 2005 gelang. Danach lief die Maschine rund: Echo-Auszeichnungen, Gold- und Platinplatten, Auftritte in Talentshows und für den DFB durfte sie sogar die Hymne für die Europameisterschaft 2008 komponieren.
Trotz Seichtheit und Kommerz haben die Hamburger Musiker aber auch mehr als einmal bewiesen, dass sie sich durchaus auch politisch engagieren, sei es an der Seite der Komiker Christian Ehring und Heinz Strunk in der Satiresendung extra3 oder letzten Oktober im Hambacher Forst, wo sie für die Demonstrant*innen für den Kohleausstieg spielten.
Musikalisch unbedenklich, politisch korrekt und immer gut gelaunt: Revolverheld ist die Band, zu der besorgte Eltern problemlos ihre Teenager hingehen lassen können. Wenn sie denn bereit sind, die 54,25 Euro zu berappen, die die Veranstalter*innen für den harmlosen Spaß haben wollen.