In Dubai findet eine Online-Konferenz zu Geschlechtsidentität und queeren Rechten statt? Hinter dieser absurden und irreführenden Ansage steckt der Raubverlag World Academy of Science, Engineering and Technology. Der ist für Fake-Konferenzen und Pseudowissenschaft bekannt – und droht queere Menschen in Gefahr zu bringen.

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Ausgerechnet in Dubai soll am 6. und 7. Mai eine internationale Fachtagung zu Geschlechtsidentität und LGBT-Rechten stattfinden. Queere Menschen bezahlen ihre Identität in den Arabischen Emiraten mit Gefängnis- und Todesstrafen. Ein zweiter Blick auf die Veranstaltungswebsite verrät: Die Tagung wird online abgehalten. Die Ortsangabe prangt dennoch über dem Veranstaltunghinweis. Verwirrend, doch ein Grund, aufzuatmen? Nicht wirklich.
Hinter der Veranstaltung versteckt sich nämlich der türkische Raubverlag „World Academy of Science, Engineering and Technology“ (Waset). Der Verlag veröffentlicht gegen Bezahlung vermeintliche wissenschaftliche Arbeiten, ohne Peer-Review. Ähnlich verfährt die Organisation nach Medienberichten bei Konferenzen: Wer blecht, darf reden. Queer.de schreibt, dass ein Vortrag bei der queeren Fachtagung in Dubai 350 Euro kostet, ein Schreiben dazu zu veröffentlichen 450 Euro. Auf der Veranstaltungswebsite ist von einem Call for Papers und einem Auswahlverfahren für die Texte die Rede. „(…) [E]ine Liste von Redner*innen oder ein Tagungsprogramm fehlen, verlinkt ist nur eine beliebig zusammengestellt wirkende Liste von Forschungsarbeiten, die das Themengebiet nur teilweise berühren – oder, wie eine Studie zur antidepressiven Wirkung von Medikamenten an Mäusen, schlicht gar nicht“, berichtet Queer.de. Recherchen des NDR, WDR, dem Süddeutsche Zeitung Magazin und anderen Medien deckten die Machenschaften des Verlags bereits 2018 auf. Die Anfragen der Medien beantwortete Waset nicht.
Die Waset untergräbt nicht nur die Wissenschaft, sondern bringt im Fall queerer Konferenzen in den Arabischen Emiraten Menschenleben in Gefahr. Laut Queer.de findet auch eine Tagung zu LGBT Tourism Studies in der saudi-arabischen Stadt Dschidda statt. Ob online oder physisch ist nicht bekannt. Selbst wenn es beim digitalen Austausch bleibt: Die Kombination Dubai, Dschidda und LGBT-Menschen ist fragwürdig – wegen der Veranstalter*innen. Wären es lokale Organisationen, die sich um einen Austausch bemühen, könnte man die Events anders einordnen. Ist es aber ein Raubverlag, der nicht einmal ein Tagungsprogramm aufweisen kann und im Verruf steht, etliche Pseudokonferenzen weltweit zu organisieren, gilt es wachsam zu sein. Die Sicherheit der Teilnehmer*innen, sollte eine dieser Konferenzen physisch stattfinden, ist ebenfalls anzuzweifeln.
Nach Pink News ist die Empörung über die Konferenz in den sozialen Netzwerken groß. Auf Twitter hoffen User*innen auf einen schlechten Witz oder wiesen auf Dubais Beliebtheit unter Influencer*innen hin, die die bedenkliche Lage von LGBTIQ-Menschen ignorieren.
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