Schlüsselfiguren der Politik der Dreißigerjahre: René Blum

webexclu201601renee_blum2Eine der ambivalentesten Figuren war der 1889 geborene, aus wirtschaftbürgerlichem Elternhaus stammende Sozialist René Blum, von Beruf ursprünglich Rechtsanwalt. Ab 1911 gehörte er für einige Zeit der nationalistischen Organisation „Letzeburger Nationalunio’n“ an. Der Politikwissenschaftler Adrien Thomas hat darauf hingewiesen, dass er damals Thesen vertrat, die als xenophob und rassistisch gewertet werden können. Nach dem Ersten Weltkrieg trat Blum als Abgeordneter im Parlament auch gegen galizische Juden, die sogenannten Kettenhändler, auf. Andererseits kritisierte er die Regierung 1921 nach dem großen Streik wegen ihrer Ausweisungspolitik gegenüber den streikenden ausländischen KommunistInnen.

Mit diesen Widersprüchen stand Blum in der Arbeiterbewegung jedoch nicht allein, und als Abgeordneter wurde er eher dem linken Flügel der AP zugerechnet. Blum war als Abgeordneter ebenfalls Mitglied der Menschenrechtsliga und der Gesellschaft der „Freunde der Sowjetunion“. Kurz vor den Wahlen von 1937 demissionierte er von seinem Amt als Abgeordneter und AP-Parteipräsident, weil er mit der Linie der AP gegen eine gemeinsame Aktionsfront mit der KPL zur Verhinderung des Ordnungsgesetzes nicht einverstanden war. Dies hinderte aber nicht, dass er im November 1937 als Justizminister in die neue RP-AP-Regierung eintrat. Blum scheint sich persönlich auch auf der humanistischen Seite verortet zu haben. Er erhielt auch Dankesschreiben von Flüchtlingen, denen er geholfen hatte, und wurde in einer New Yorker jüdischen Zeitung als „Vater der Flüchtlinge“ für seinen Einsatz gelobt.

Doch in der Praxis führte er eine auf nationalistischen und antisemitischen Kriterien beruhende Politik. So warnte er 1938 brieflich den Handelsminister Nicolas Margue, Geschäftsvertreter „de race non aryenne“ könnten sich der Kontrolle der Überwachungsorgane entziehen, weil Margue ihnen Handelsermächtigungen erteile. Wiederholt mahnte er seine Ministerkollegen, Luxemburger Arbeitern gegenüber Emigranten den Vorzug zu geben, oder wies warnend auf die Gefahr der Überfremdung hin. Blum ließ sich auch äußerst leicht von gegnerischen Attacken beeindrucken. Ein im September 1938 erschienener Beitrag im „Wort“-Supplement „Luxemburger Frau“ zur Zunahme ausländischer „Hausangestellter“ (meist im Landwirtschaftsbereich) war für Blum hinreichender Grund, dem Arbeitsminister die Einsetzung einer Spezialkommission vorzuschlagen, die Maßnahmen gegen die dadurch drohende „Überfremdung“ ausarbeiten sollte.

Blum demissionierte im April 1940 von seinem Posten, ihm folgte der AP-Abgeordnete und Rechtsanwalt Victor Bodson.


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