Schon gestreamt? Love, Death & Robots

Die blutige Science-Fiction-Anthologie von Netflix bietet zwar kurzweilige Unterhaltung, jedoch nur wenige Perlen.

© Netflix

Fernsehserien haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem Medium hinentwickelt, das im gleichen Atemzug mit Blockbustern genannt wird. Eine Tatsache, die sicherlich auch mit steigenden Budgets und dem Siegeszug der Streamingplattformen zu tun hat. Kurzfilme sind dahingegen immer noch nicht im Mainstream angekommen – was vermutlich damit zu tun hat, dass sie sich nicht sonderlich gut vermarkten lassen.

Allerdings gibt es einen Trick, mit dem auch kurze Formate zu den Zuschauer*innen kommen: Eine Anthologie von unzusammenhängenden Filmen, die zwar alle ein ähnliches Thema behandeln, sonst jedoch nichts miteinander zu tun haben. Die britische Serie „Black Mirror“, eine sehr erfolgreiche Sammlung von Dystopien im Kontext technologischer Entwicklungen, hat den Pfad vorgezeichnet.

Mitte März folgte Tim Millers „Love, Death & Robots“ auf Netflix. In 18 mehrheitlich animierten Kurzfilmen mit einer Laufzeit zwischen sieben und 17 Minuten aus dem Science-Fiction-Genre werden die titelgebenden Themen verhandelt. Wobei es vor allem der Tod und viel weniger Liebe und Roboter sind, die der Sammlung ihren roten Faden verleihen. Genau wie bei „Black Mirror“ gibt es zwar ein übergeordnetes Thema, die einzelnen Folgen haben inhaltlich jedoch nichts miteinander zu tun. Auch der Animationsstil unterscheidet sich von Film zu Film sehr deutlich.

Für Aufregung hatte gesorgt, dass Netflix bei verschiedenen Nutzer*innen eine unterschiedliche Reihenfolge der einzelnen Kurzfilme anzeigte. Lukas Thoms, der Gründer der LGBTIQA-NGO „Out in Tech“ mutmaßte auf twitter, dies basiere auf der von Netflix vermuteten sexuellen Orientierung der Nutzer*innen. Er hatte beobachtet, dass seine heterosexuellen Bekannten eine andere Reihenfolge der Episoden angezeigt bekamen als er und andere queere Freund*innen. Das sorgte für viel Aufregung, bestätigte sich jedoch nicht – laut Netflix gab es vier verschiedene Reihenfolgen, die getestet wurden.

Wer welche Reihenfolge zu sehen bekam, war laut dem Konzern dem Zufall geschuldet. Sollte diese Strategie für Netflix erfolgsversprechend sein, ist dies ein weiterer Schritt weg von einem kollektiven Seh-Erlebnis hin zu einer individualisierten Erfahrung. Bei einer Sammlung von unzusammenhängenden Kurzfilmen mag dies nicht weiter schlimm sein – vorstellbar ist jedoch, dass wir bald Serien zu sehen bekommen, bei der etwa die Reihenfolge mancher Szenen algorithmisch optimiert ist. Zumindest für Serienkritiker*innen könnte das zum Problem werden.

© Netflix

Bis auf einige wenige Ausnahmen enttäuscht die Anthologie jedoch. In den meisten Fällen werden gewaltsame Konflikte gezeigt, ohne jedoch einen Einblick in den größeren Kontext zu geben, in dem diese stattfinden. Die Möglichkeiten, die Science-Fiction und Fantasy bieten, um gesellschaftliche Diskurse in metaphorischer Form zu behandeln, wurden nur minimal ausgenutzt. Stattdessen fließt vor allem animiertes Blut. Selbst wenn dies, wie in „Ice Age“ – ein Paar entdeckt eine Miniatur-Zivilisation in seinem Kühlschrank – nicht der Fall ist, werden die Implikationen des Gezeigten selten verhandelt.

Einige der Kurzfilme sind jedoch sehr gelungen: „Zima Blue“ zum Beispiel, in dem ein zurückgezogener Künstler ein letztes Mal ein Interview gibt und enthüllt, wieso er in seinen Werken stets auf ein bestimmtes Blau zurückgreift. Die universellen Fragen danach, was Kunst und was Menschen ausmacht, werden hier in visuell beeindruckender Form gestellt.

Auch „Three Robots“, in dem drei Roboter in einer postapokalyptischen Stadt Urlaub machen überzeugt durch seine humoristische Herangehensweise an ein ansonsten doch sehr düsteres Sub-Genre. „When the Yogurt Took Over“ und „Alternate Histories“ überzeugen mit ihrem beißenden, zynischen Humor. Die drei letztgenannten Episoden gehen alle auf Kurzgeschichten des Sci-Fi-Autors John Scalzi zurück, was erklärt, warum sie sich recht deutlich vom Rest der Anthologie abheben.

Alles in allem bietet „Love, Death & Robots“ in der Hauptsache kurzweilige Unterhaltung, die vor allem auf Action-Elementen basiert. In die Tiefe gehen leider nur die wenigsten der Kurzfilme. Wer reinschauen möchte, kann sein eigenes Reihenfolge-Experiment durchführen und mit den genannten Episoden beginnen.

Zu sehen auf Netflix.


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