Superdreckskëscht-Affaire: SuperGesetzesKëscht

Die Wirren um die „Aktioun Superdreckskëscht“ hören nicht auf. Mit einem Gesetz soll die rechtlich unsichere Situation geklärt werden.

Die Problemstoffsammlung und -verwertung ist in Luxemburg privatisiert. Vor ihrer Regierungsbeteiligung kritisierten „Déi Gréng“ dieses Modell – nun setzen sie alles daran, 
es möglichst schnell wieder zu legalisieren. (Foto: Superdreckskëscht)

Die Entsorgung von Sondermüll wie etwa Batterien ist ein Spezialthema, dessen Details eigentlich nur Spezialist*innen wirklich interessiert. Könnte man meinen. Aber die Superdreckskëscht beschäftigt die Luxemburger Politik auch jenseits der Frage, wohin Dinge, die nicht in den Hausmüll gehören, gebracht werden können. Grund sind Unklarheiten um den Vertrag zwischen dem Staat und der Firma Oeko-Service-Luxembourg (OSL).

Erst sorgten letztes Jahr Enthüllungen von Reporter.lu für einen Audit, dann gab es letzte Woche noch mehr Grund zur Aufregung. Zwei juristische Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Parlaments stellten fest, dass es keine verfassungskonforme Grundlage für den Betrieb der Superdreckskëscht gibt. Im Gesetz von 2005, das den Betrieb regelt, war nämlich keine Finanzierungssumme festgeschrieben worden. Diese rechtliche Lücke soll nun durch ein Finanzierungsgesetz geschlossen werden, wie Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) am Montagabend der Presse erklärte. Zuvor hatte sie das Gesetz den Abgeordneten der Umwelt- und Budgetkontrollkommission präsentiert.

Mit dem neuen Finanzierungsgesetz will Dieschbourg den laufenden Vertrag zwischen Staat und OSL regularisieren, sodass dieser wie vorgesehen bis 2028 laufen kann. Einen neuen Vertrag oder gar eine neue Ausschreibung des Superdreckskëscht-Projektes will die Ministerin deswegen nicht wagen, weil die Firma OSL dann rechtliche Schritte gegen den Staat unternehmen könnte. „Es wäre durchaus möglich eine vorzeitige Auflösung des Vertrages anzufechten“, so Dieschbourg auf eine entsprechende Frage während der Pressekonferenz.

Die Geschichte der Superdreckskëscht zeigt, dass nicht nur die Abfälle, die sie behandelt, problematisch sind, sondern auch das Verhältnis zwischen Staat und OSL. Das vielzitierte Gesetz von 2005 war bereits 2003 von der damals regierenden CSV-DP-Koalition entworfen worden. Im Exposé des motifs ist nachzulesen, dass der Rechnungshof bereits im Herbst 2000 festgestellt hatte, dass die damaligen Verträge zwischen Staat und OSL nicht gesetzeskonform waren. Verschiedene Lösungen standen zur Auswahl: die Superdreckskëscht zu einem Teil der Umweltverwaltung machen oder eine neue Struktur, zum Beispiel eine öffentliche Institution, ein Gemeindesyndikat, einen Verein oder gar ein privat-öffentliches-Joint-Venture gründen.

Letzten Endes entschied sich die liberal-konservative Regierung dafür, die Sondermüllsammlung und -verwertung weiterhin outzusourcen. Die Finanzierung der Verträge sollte einfach jährlich im Staatsbudget festgehalten werden. Der Staatsrat bewirkte mit seinem Gutachten zwar, dass die maximale Vertragsdauer von 20 auf 10 Jahre gesenkt und einige Punkte ans EU-Ausschreibungsrecht angepasst wurden, hatte allerdings keine Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Das wurde dann mit 52 Ja-Stimmen im Parlament angenommen. Déi Gréng enthielten sich, weil sie die Aufgaben der Superdreckskëscht gerne in staatlicher Hand gesehen hätten. Ihr Redner, Camille Gira, bezeichnete die Situation vor der Abstimmung des Gesetzes als „illegal“.

Nun sind die Rollen vertauscht: Während Déi Gréng sich um eine ex-post Legalisierung der Situation bemühen, zetert die CSV. „Wir werden nicht nachlassen und den Druck auf die Regierung weiter erhöhen. Wenn es sein muss, bis hin zu einer Untersuchungskommission“, hieß es von den Abgeordneten Gilles Roth und Diane Adehm in einer Pressemitteilung vom 13. Januar. Neben der Kritik an dem nicht verfassungsmäßigen Vertrag – im Jahr 2005 mit den Stimmen der CSV abgesegnet – stellten die Konservativen auch jede Menge Fragen, die das Umweltministerium mittels Pressemitteilung mal mehr, mal weniger ausführlich beantwortete: Das meiste stehe ohnehin im Audit, das letzten Herbst präsentiert worden sei.

Einige der dort aufgeworfenen Punkte kläre das Umweltministerium gerade, so Dieschbourg am Montag. So würden die Markenrechte am Namen „Superdreckskëscht“ von OSL auf den Staat übertragen. Auch das Begleitkomitee, das 2000 zur Lösungsfindung eingesetzt worden war, hat Dieschbourg Ende letzten Jahres wieder einberufen. „Wir setzen die Vorschläge aus dem Audit um“, kommentierte die Umweltministerin dieses Vorgehen.

Am Dienstag vergangener Woche hatte das Umweltministerium in einer Pressemitteilung verkündet, man sei bereit zu regularisieren, wenn sich die Rechtsansicht des wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments durchsetze. Zwischen den Zeilen war zu lesen: Man teilte diese Sicht nicht. Doch bereits am Freitag darauf stellte Dieschbourg ihren Regierungskolleg*innen das entsprechende Gesetzesprojekt vor. Auf die Frage der woxx, wann sie ihre Meinung geändert habe, meinte die Ministerin lediglich: „Ein Finanzierungsgesetz hat nur drei Paragrafen, das ist schnell geschrieben.“

Dieses schnell geschriebene Gesetz ist am Dienstag im Parlament angekommen und sorgte dort auch schon wieder für Diskussionen. Im Rahmen der Debatte um das neue Naturschutzgesetz (siehe S. 3) monierte Gilles Roth, die Ministerin habe einen falschen Betrag genannt: Statt den angekündigten 97 Millionen seien nun 117 Millionen Euro für zehn Jahre vorgesehen. Im Exposé des motifs ist zu lesen, der erwartete Betrag sei um 15 Prozent erhöht worden, um keine bösen Überraschungen angesichts Wirtschafts- oder Bevölkerungswachstums zu erleben.


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