Tankrabatt: Schlechte Idee soll in die Verlängerung

Auch wenn der Regierungsrat sich am Freitag vielleicht doch noch eines Besseren belehren lässt, so ist das Wiederaufkeimen der Debatte um eine Verlängerung des Tankrabattes an sich ein ziemliches Armutszeugnis für die hiesige Politik.

CC BY-NC-ND 2.0 Lea Marzloff/flickr

Wenn selbst der deutsche Finanzminister, der ja mit dem Anheizen der Tankrabatt-Debatte seine Koalition fast an die Wand gefahren hätte, anerkennt, dass diese Maßnahme hinsichtlich ihres Effektes vollkommen verpufft ist, dann fragt sich, wieso eine solch schlechte Idee nicht nur Nachahmer*innen in Luxemburg gefunden hat, sondern auch noch fortgeführt werden soll.

Als Ende Juni die CSV eine Aktualitätsstunde zum Umgang mit der Spritpreiserhöhung in der Chamber beantragt hatte, zog die „Vollékspartei“ sämtliche Register, um den Tankrabatt an den „kleinen Mann“ zu bringen – allen Erkenntnissen, wonach er den wohlhabendsten Bürger*innen am meisten Geld in die ohnehin vollen Taschen spült, zum Trotz.

Gilles Roth, mandatierter Sprecher der CSV-Fraktion, rechnete eurogenau vor, wie viel Arbeitnehmer*innen jeden Monat abzwacken müssen, um sich zu ihrem Arbeitsplatz zu bewegen. Insbesondere dann, wenn sie „im ländlichen Raum“ leben und das Angebot des ÖPNV nicht nutzen können. Je nach Spritart wären bis zu 375 Euro pro Monat fällig, bei einem Arbeitsweg von 80 Kilometern und einem Durchschnittsverbrauch von 8 Litern. Die gleichen Anfahrtswege hätten vor der aktuellen Krise mehr als 100 Euro weniger gekostet. „Autofahren darf nicht ein Privileg von ein paar happy few werden“, so Roth weiter. Deshalb solle der im Rahmen des Tripartite-Abkommens beschlossene Tankrabatt von 7,5 Cent pro Liter verlängert werden.

Was Roth nicht weiter ausführte, war die Gegenrechnung: Der Tankrabatt bedeutet für den Staat einen Einnahmeverzicht von ungefähr 10-15 Millionen Euro pro Monat, hochgerechnet aufs Jahr wäre das ein ein Betrag von über 100 Millionen Euro. Doch mehr als diese beträchtliche Summe gibt der Effekt zu denken: Im CSV-Rechenbeispiel ergibt der Rabatt eine Ersparnis von gerademal 10,56 Euro im Monat. Sie wäre für Mindestlohnbezieher*innen genau die gleiche wie für ihre Direktor*innen – oder auch nicht, denn je nach Karosse und Verbrauch ließen sich so noch einige Cent zusätzlich „einsparen“.

Wie ungerecht eine solche Gießkannenpolitik ist, zeigen auch Zahlen des Statec aus dem Jahre 2019, wonach bei Geringverdiener*innen der Anteil der Personen, die für ihre täglichen Wege ganz auf das Auto verzichten (26%), um ein Vielfaches höher ist, als bei den Spitzenverdiener*innen (5%).

Wichtiger sind Maßnahmen, die fossile Energien gänzlich überflüssig machen.

Nun böte sich an dieser Stelle ein Exkurs über 40 Jahre Landesplanungs-, Transport-, Steuer- und Sozialpolitik der CSV an, um zu erörtern, wie Rechenbeispiele wie das erwähnte – insbesondere was die Distanz zum Arbeitsplatz anbelangt – überhaupt zustande kommen konnten.

Foto: CC BY-NC-SA 2.0 Liquid Oh/flickr

Doch vielleicht ist ja das (falsche) soziale Argument nur ein vorgeschobenes, weil es eigentlich um den Tanktourismus geht: Spätestens seitdem in Luxemburg die CO2-Steuer etwas konsequenter als in der Vergangenheit auf die Spritpreise Anwendung findet, hat sich die Preisdifferenz für die Endverbraucher*innen im Vergleich zu den Nachbarländern verringert und stellenweise in ihr Gegenteil verkehrt. Und da Deutschland zudem den unsinnigen Rabatt über den August weiter aufrechterhält, soll Luxemburg ein Gleiches tun.

Dass der Tanktourismus allerdings ein Auslaufmodell ist, wussten seit den Kyoto-Vorgaben von vor einem Vierteljahrhundert die unterschiedlichsten Regierungen. Das kürzlich europaweit ausgesprochene Aus für Verbrennermotoren im Jahre 2035 sollte nicht als Gnadenfrist verstanden werden, das Tanktourismusmodell auch so lange aufrechtzuerhalten. Die Spritpreise werden auch in Zukunft einem Auf und Ab unterliegen, das jeden Tankrabatt ad absurdum führt. Wichtiger als Preisabfederungen sind Maßnahmen, die den Rückgriff auf fossile Energien gänzlich überflüssig machen. Dann sparen die CSV-Modelbürger*innen jedes Jahr eine Summe, für die eine normale Putzkraft zwei Monate hart arbeiten muss.


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