Transfeindlichkeit als Feminismus getarnt

Am Donnerstag hat „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling ihre Unterstützung für eine transfeindliche Person ausgedrückt. Warum uns das was angeht.

„My heart breaks for the trans people who grew up finding a safe place at Hogwarts.“ Am vergangenen Freitag war auf Twitter plötzlich eine Welle an Sätze dieser Art zu lesen. Hogwarts, die Schule für Zauberei im „Harry Potter“-Universum, ein transfeindlicher Ort? Das konnte nur bedeuten, dass Autorin J.K. Rowling sich auf entsprechende Weise geäußert haben musste. Der Übeltäter war schnell gefunden:

Bei Maya Forstater handelt es sich um eine britische Forscherin, deren Arbeitskontrakt bei einem Thinktank, das sich gegen Armut und soziale Ungleichheit einsetzt, nicht verlängert worden war. Der Grund dafür: Forstaters Teilnahme an transfeindlichen Online-Kampagnen. Diese klagte daraufhin und bekam Unrecht. Der Richter befand, dass Forstaters Ansichten nicht mit Menschewnürde und Grundrechten übereinstimmen. Mit ihrem Tweet drückte Rowling also ihre Solidarität mit der Forscherin aus. Seither tobt in den sozialen Netzwerken eine heftige Debatte.

Wie Forstater am Donnerstag zum wiederholten Mal auf Twitter schrieb, ist sie der Ansicht, dass es nur zwei Geschlechter gibt und es sich dabei um eine biologische Tatsache handelt, die unveränderlich ist. Forstater ist also der Meinung: Eine Person, der bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde, bleibt zeitlebens ein Mann. Eine Person, der bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, bleibt zeitlebens eine Frau. Dem Gericht gegenüber behauptete sich die Forscherin darauf, dass es nicht möglich sei, das eigene biologische Geschlecht zu ändern und trans Personen auch nicht das legale Recht darauf haben sollten.

Forstater vertritt diese Haltung im Zusammenhang mit ihrer feministischen Überzeugung: Um gegen Geschlechterdiskriminierung angehen zu können, müsse die Möglichkeit bestehen, das Geschlecht einer Person zu erkennen, schreibt sie auf Twitter. In Anbetracht dessen würde das gegen sie ausgesprochene Urteil Frauenrechten schaden. Während Forstater sich selbst als „genderkritische“ Feministin definiert, wird in der Debatte meist die Bezeichnung „Terf“ benutzt, wenn sich kritisch über ihre Haltung geäußert wird. „Terf“ steht für „trans-exclusionary radical feminist“ und bezeichnet Feminist*innen, die finden, dass trans Frauen keine richtigen Frauen und trans Männer keine richtigen Männer sind. Es handelt sich hierbei um eine Ausprägung des Zweite-Welle-Feminismus, der zufolge Menschen ohne Gebärmutter keine geschlechtsbasierte Diskriminierung erfahren können.

Aber die Biologie!

Wie nicht anders zu erwarten wenn es um das Thema Geschlecht geht, haben so ziemlich alle eine Meinung dazu, egal wie durchdacht oder wissenschaftlich fundiert sie ist. Einer der Gründe liegt darin, dass im Laufe jeder Schullaufbahn im Biologieunterricht „Männer“ und „Frauen“ und ihre jeweiligen reproduktiven Organe thematisiert werden. Auch wenn es sicherlich Lehrer*innen gibt, die Trans- und Intergeschlechtlichkeit erwähnen, so ist doch die zentrale Botschaft, die Schüler*innen erhalten: Penis gleich Mann, Vagina gleich Frau. Egal ob selbsterklärte radikale Feministin oder nicht: Was der transfeindlichen Rhetorik gemeinsam ist, ist der Verweis auf Biologie. Dieser steht das Verständnis von Geschlecht als etwas sozial konstruiertem entgegen. Das bedeutet keineswegs, dass biologische Abläufe als Phantasmen abgetan werden. Vielmehr geht es darum, die körperlichen Merkmale, anhand derer Geschlechtszuordnungen erfolgen, als willkürlich festgelegt anzuerkennen. „XX“-Chromosomen sind genau so wenig inhärent weiblich wie Vulva und Gebärmutter. „XY“ Chromosomen ihrerseits sind genauso wenig inhärent männlich wie ein Penis oder Hoden.

Diesbezüglich wird dann gerne das Argument angeführt: Wenn Genitalien nichts mit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zu tun haben, wieso wollen manche trans Personen dann eine geschlechtsangleichende Operation? Hier werden zwei verschiedene Dinge miteinander vermischt. Nur weil kein Kausalzusammenhang zwischen Genitalien und Geschlecht besteht, bedeutet das nicht, dass es keine Menschen gibt, die Dysphorie erleben. Zur Frage, wie die Vorstellung von Geschlecht als einem Konstrukt und Dysphorie zusammengehen, ist unter anderem dieser Text zu empfehlen. Davon abgesehen ist nicht jede trans Person daran interessiert, sich einer geschlechtsangleichenden Operation zu unterziehen.

Die Frage, wie über Geschlechtsdiskriminierung gesprochen werden kann, wenn nicht nach biologischen Aspekten unterschieden wird, stellt sich nicht. Um entsprechende Diskriminierungen benennen und bekämpfen zu können, reicht es, zwischen cis-Männlichkeit als privilegiertem Geschlecht, und cis Frauen, nicht-binären und trans Menschen als marginalisierten Geschlechtern zu unterscheiden. Letzten Endes geht es nämlich nicht um die Frage, ob das biologische Geschlecht denn nun real ist oder nicht, sondern darum, die Geschlechtsidentität anderer anzuerkennen.

Die zurzeit geführte Debatte zeigt, dass transfeindliche Haltungen nicht nur von einigen wenigen Ausnahmen vertreten werden. Umso wichtiger, auch solche Ausprägungen, die sich als gutgemeinter Feminismus tarnen, als das zu benennen, was sie sind. Hierzulande hält allen voran die ADR an der biologischen Realität von Zweigeschlechtlchkeit fest.


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