Uni-Budget: Im Bermuda-Dreieck

Ihre Finanzprobleme darf die Uni selber lösen, bei der Gestaltung ihrer Zukunft aber haben andere das Sagen.

(Foto: MESR)

Hochschulminister Marc Hansen bricht eine Lanze für die Automonie der Luxemburger Universität: Nach dem neuen Hochschulgesetzentwurf wird der „Conseil universitaire“, der von VertreterInnen aller an der Uni tätigen Berufskategorien und von StudentInnen beschickt wird, seine Vorsitzenden selber bestimmen. Der Rektor leitet dieses Gremium nicht mehr, sondern wird ihm, wie die anderen Mitglieder des Rektorats, nur noch als Beobachter angehören.

Doch so demokratisch auch die Gestalt ist, die der Uni-Rat damit erhalten hat, seine Funktion bleibt eine lediglich beratende: Denn bei der Festsetzung des Budgets oder der Nominierung eines neuen Rektors, zum Beispiel, liegt die Entscheidungsgewalt bei dem „Conseil de gouvernance“ genannten Verwaltungsrat – der Uni-Rat wird bloß um einen „avis“ gebeten. Über den kann sich der Verwaltungsrat schlicht hinwegsetzen – wie er es in der vergangenen Woche bei den Haushaltsberatungen für 2017 bereits gemacht hat.

Damit nicht genug: Die Position des Verwaltungsrats wird sogar noch weiter verstärkt, und zwar gegenüber dem Rektorat. Das kann ohne Zustimmung dieses Gremiums weder eigene Ideen noch solche des Unirats umsetzen. Es ließe sich das Ganze auch so lesen: Der Unirat bleibt ohnmächtig, der Rektor wird entmachtet.

Da hilft es auch wenig, wenn der Verwaltungsrat sich „mehrheitlich aus VertreterInnen der akademischen Welt zusammensetzt und die Privatwirtschaft in der Minderheit ist“, wie der Minister betont. Dieses Konstrukt sollte einmal der neugeschaffenen Universität Zugang zu der Kompetenz international renommierter KollegInnen verschaffen. In die internen Luxemburger Streitigkeiten mischen die sich freilich nicht ein. So geriet die Federführung eben doch in die Hände jener privatwirtschaftlichen Minderheit, die seit 2016, nicht zufällig, auch noch den Vorsitzenden des Gremiums stellt.

Die aktuellen Probleme beim Budget 2017 werden vom Minister als hausinterne Querelen abgetan, zu deren Lösung allein die Universität selber beitragen könne. Doch auch wenn einige Fehlkalkulationen selbstverschuldet sind, so müssen manche andere doch den Verwerfungen der vom Gesetzgeber vorgegebenen Unistruktur zugeschrieben werden.

Unterschätzte Fixkosten sind nicht immer allein der Univerwaltung anzulasten. Zum Beispiel die für die, wie es heißt, hochmoderne und komplexe Informatik auf Belval, die vom gleichnamigen Fonds bereitgestellt wird und nicht ohne erhebliche Unterhaltskosten auskommt.

Zieht man die Fixkosten und die durch die Konvention mit dem Staat vorgegebenen Forschungs- und Lehrverpflichtungen ab, bleibt jeder einzelnen Fakultät nur ein gewisser selbstbestimmter Spielraum. Werden dann Sparmaßnahmen nötig, gehen die in der Regel voll zulasten der autonom organisierten Bereiche.

Schlimmer noch: Die verspätete, intransparente Budgetgestaltung führt dazu, dass aufgrund früher eingegangener Verpflichtungen das Sparen vielfach erst im Herbstsemester beginnt und dann doppelt spürbar wird.

Die viel zitierte Autonomie erweist sich als Mythos.

Das bedeutet nicht nur, dass bestimmte Bildungsangebote und Forschungsvorhaben ganz oder teilweise wegfallen werden, sondern auch, dass die mit ihnen betrauten VakatärInnen sich jetzt wohl scharenweise bei der Adem einschreiben dürfen.

(Foto: © Université du Luxembourg – Brumat Photo / Foersom Sàrl)

Ähnliches gilt für die Übernahme der Professuren, die bislang von verbeamteten ehemaligen LehrerInnen besetzt sind. Auch hier scheinen die Steigerungsraten der Uni-Dotierung nicht dem realen Bedarf zu entsprechen, sodass einige dieser Lehrstühle wegzufallen drohen, sobald die staatliche Gegenleistung mit der Pensionierung der bisherigen InhaberInnen ausläuft.

Egal wie die 27 Millionen Euro im Bermuda-Dreieck zwischen Rektorat, Fonds Belval und Staatsdotierung abhanden gekommen sind, sie werden beim weiteren Auf- und Ausbau der Uni fehlen.

Die viel zitierte Autonomie erweist sich angesichts dieser Probleme als Mythos. Auch das neue Uni-Gesetz dürfte hieran wenig ändern, da ein echtes demokratisch verfasstes Organ zur Selbstbestimmung in ihm nicht vorkommt.


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