Entgegen manch romantisierter Vorstellungen sind auch angesichts des Coronavirus manche gleicher als andere.

Quelle: needpix.com
In Artikeln über die aktuelle Krise sind immer wieder Formulierungen zu lesen wie „wir sind alle gleichermaßen bedroht” oder „vor dem Virus sind wir alle gleich”. Der Grund für solche Behauptungen liegt auf der Hand: Jeder Mensch kann sich potenziell anstecken, niemand ist immun. Eine Gleichheit aller lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Nicht nur, weil das Virus je nach Person unterschiedliches Risikopotenzial mit sich bringt: Auch die Symptome variieren von Mensch zu Mensch stark. Wessen sich viele immer noch nicht bewusst sind: Es ist möglich, mit dem Virus infiziert zu sein und andere anzustecken, ohne jemals irgendein Symptom verspürt zu haben. Von diesen symptomfreien Infizierten geht eine große Gefahr für andere aus, treffen sie doch nicht dieselben Vorkehrungen wie offensichtlich kranke Menschen. In Anbetracht dessen müssten sich also ausnahmslos alle so verhalten als würden sie das Virus tragen, nämlich zuhause bleiben und den Kontakt mit Menschen außerhalb des eigenen Haushalts nach Möglichkeit meiden.
Ein großer Teil der Bevölkerung hat das Privileg, sich dies leisten zu können – und hält sich trotzdem nicht an die Vorschriften. Andere Menschen sind währenddessen aufgrund ihrer Lebensverhältnisse gar nicht erst in der Lage, sich und andere vor der Verbreitung des Virus zu schützen. Denn nicht alle können auf Homeoffice zurückgreifen. Alleinerziehende können, wenn sie einkaufen gehen, die Kinder nicht einfach zuhause beim Partner oder der Partnerin lassen. Nicht alle haben ein Zuhause, in dem sie sich langfristig aufhalten können. Die Verlautbarung, dass vor dem Virus alle gleich sind, mag zwar gut gemeint sein und zur Solidarität ermuntern – Privilegien in den Blick zu fassen und sie zu hinterfragen ist in der aktuellen Situation jedoch notwendiger denn je. Angesichts der aktuellen Lage gilt der Leitsatz, den Journalist Lenz Jacobson gestern in der Zeit äußerte: „Weil für [soziale Risikogruppen] jede Einschränkung so viel schmerzhafter ist als für die Privilegierten, sollten diese sich erst recht einschränken. Wer mehr hat, sollte auch auf mehr verzichten.“
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