Wie der eigene Computer bei der Forschung zu Covid-19 helfen kann

Jede*r kann ein Teil der Rechenleistung des eigenen Computers spenden, um das Virus besser zu verstehen und Medikamente zu entwickeln.

Angesichts der globalen Pandemie und des sanitären Notstands fühlen sich viele Menschen hilflos. Obwohl es unzählige Möglichkeiten gibt, sich einzubringen, können nicht alle diese ergreifen – sei es, weil sie selbst zur Risikogruppe gehören, Kinder betreuen müssen oder schlichtweg weiterhin arbeiten müssen. Doch es gibt eine Möglichkeit, aktiv bei der Forschung zu Covid-19 zu helfen, indem man etwas Rechenleistung spendet.

Wer in den späten 1990er- bzw. frühen 2000er-Jahren viel im Netz unterwegs war, erinnert sich vielleicht an „SETI@home“: Mithilfe eines speziellen Programms konnte man sich an der Suche nach außerirdischem Leben beteiligen. Der eigene Computer lud Daten von Radioteleskopen aus dem Netz und wertete diese aus. Nach dem Prinzip entstanden viele weitere Projekte, die ähnlich funktionierten. Darunter auch „Folding@home“, mit dem nun an Covid-19 geforscht wird.

Gefaltet wurde dabei keine virtuelle Wäsche oder Origami, sondern Proteinstrukturen, die bei vielen Krankheiten eine wichtige Bedeutung haben. Beobachtungen dieser Eiweiß-Gebilde aus dem Labor stellen immer nur eine Momentaufnahme dar. Computersimulationen können helfen, wirksame Medikamente zu entwickeln, da auf diese Weise Andockstellen für Moleküle gefunden werden können, die anders unentdeckt blieben. Dem Folding@home-Projekt ist das bereits bei Ebola gelungen. Aktuell konzentriert sich das Projekt ganz auf Covid-19.

Über 700.000 neue Nutzer*innen haben seit Beginn der Pandemie Rechenleistung gespendet. Dazu muss man lediglich ein Programm herunterladen, das sich automatisch Daten herunterlädt und einen Teil der Rechenkapazität des Computers oder Laptops dazu benutzt, die Schwachstellen des Virus zu finden. Dabei kann man einstellen, ob das Programm ständig im Hintergrund laufen soll oder lediglich dann aktiv wird, wenn man den Computer selbst nicht benutzt.

Eine markante Charakteristik von Covid-19 sind die Noppen oder Spikes an der Hülle. Mit diesen kann das Virus menschliche Zellen aufsperren, um in sie einzudringen. Die Zellen werden gekapert und zu Viren-Fabriken umfunktioniert. Diese Spike besteht aus drei Proteinen, die kreisförmig angeordnet sind. Und sich wie ein Mund öffnen, wenn das Virus an Zellen andockt. Dies erinnerte die Forscher*innen an den Schlund des Demogorgon, dem Monster aus der Netflix-Serie „Stranger Things“.

Wie dieser Demogorgon-Schlund geöffnet aussieht, lässt sich in Experimenten nicht herausfinden – mit Computersimulationen jedoch schon. Forscher*innen sehen hier eine große Chance: Wenn es gelingt, ein Medikament zu entwickeln, das dem Virus sozusagen den Schlund stopft, könnte verhindert werden, dass es in menschliche Zellen eindringt. Durch die gebündelte Rechenleistung tausender Computer ist es bereits einmal gelungen, eine teilweise Öffnung des Demogorgon-Schlunds zu simulieren.

„Die 20-fache Steigerung der Teilnehmer*innen hat uns eine nie dagewesen Rechenpower zur Verfügung gestellt, mit die wir gegen Covid-19 einsetzen können. Folding@home ist der erste Computer, der auf der exaFLOPS-Skala gemessen werden kann und ist unseren Schätzungen nach leistungsfähiger als die Top 100 Supercomputer der Welt zusammen“, heißt es im Blog des Projektes. FLOPS steht für „Floating Point Operations Per Second“, was – vereinfacht gesagt – die Zahl der Additionen oder Multiplikationen pro Sekunde angibt. ExaFLOPS bedeutet eine Milliarde Millarden oder eine Trillion Operationen pro Sekunde.

Wer seinen Computer in die Dienste der Wissenschaft stellen will, kann sich das Folding@home-Programm unter foldingathome.org herunterladen und installieren. Die Forschung zu Covid-19 ist standardmäßig ausgewählt – denn Folding@home arbeitet auch an anderen Krankheiten, unter anderem mehrere Krebsarten. Wer will, kann sich registrieren und Ruhm in Form von Punkten sammeln – das ist auch im Team möglich. Es ist jedoch auch möglich, anonym teilzunehmen.


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