SPAREN SOLL NIEMAND: Der letzte Akt

Es heißt die Sparmaßnahmen machen Wohnungen für die kleinen Leute unerschwinglich. Doch die Forderung, den „billigen Akt“ beizubehalten, verkennt die soziale Realität.

Die meisten LuxemburgerInnen kennen Familienmitglieder, Bekannte oder ArbeitskollegInnen, die in den vergangenen Jahren den „billigen Akt“ beim Wohnungskauf genutzt haben und denen man diese scheinbare Ersparnis gerne gönnt. Verständlich, dass seine Abschaffung zu den unpopulären Sparmaßnahmen der Regierung gehört. Mittlerweile hat sich eine breite Front zur Rettung des billigen Akts gebildet, die von ADR und CGFP über die DP bis hin zu OGBL und „Déi Lénk“ reicht.

Ganz klar, es geht hier um einen Sozialtransfer von mehr als hundert Millionen jährlich – doch wem kommt er eigentlich zugute? Den Immobilienhändlern, behauptet Jean-Claude Juncker, und begründete damit die Sparmaßnahme. Man habe festgestellt, dass der billige Akt, ein Steuerkredit von 20.000 Euro, von den steigenden Wohnungspreisen aufgefressen worden sei, statt den Hauskauf erschwinglicher zu machen. Diese Einsicht von Seiten eines als intelligent einzustufenden Politikers hinterlässt einen komischen Beigeschmack – es war nämlich Juncker selber, der den billigen Akt 2002 eingeführt hatte. Und das Ergebnis war ebenso absehbar wie jenes der jahrzehntelangen marktfreundlichen Wohnungspolitik der CSV, deren Scheitern der Premier 2005 mit Krokodilstränen beweinte.

Zur Erinnerung: Den billigen Akt gab es bereits vor 2002, und er wurde damals gewissermaßen auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt – unterm Strich ein hübsches sozialstaatliches Geschenk an die Mittelschichten, wie die meisten Elemente der damaligen Steuerreform. Das Instrument soll auch jetzt nicht abgeschafft werden, sondern wieder eine Form annehmen, in der es gezielt sozial schwachen Haushalten beim Erwerb des Eigenheims hilft.

Gewiss, die Kritik an der nun vorgesehenen Einkommensgrenze ist berechtigt, würde sie doch bedeuten, dass denen, die ein paar hundert Euro über dem Limit liegen, Tausende von Euro durch die Lappen gehen. Auch die Forderung des OGBL, die Einkommensgrenze heraufzusetzen, mag im Sinne der sozialen Ausgewogenheit sein. Dennoch kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier eine Maßnahme als „sozial“ verteidigt wird, die diese Bezeichnung nicht wirklich verdient. Denn viele sozial schwache Haushalte leben sowieso in Miethäusern – statistisch gesehen ist die Mittelschicht der eigentliche Nutznießer jeder Politik zur Förderung des Wohnungseigentums.

Ähnlich wie bei der Kritik an der Abschaffung des Kindergeldes für Studierende sakralisieren hier linke Kräfte höchst zweifelhafte Umverteilungsmechanismen: Gewiss, auch Studierende aus der Unterschicht können von dem Kindergeld und den künftigen Studienbeihilfen profitieren. Doch in der Summe handelt es sich trotzdem um eine Umverteilung von unten nach oben. An den sozialen Unterschieden in Sachen Studieren und Wohnen ändern solche Maßnahmen nichts.

Die fortschrittlichen politischen Kräfte wären deshalb gut beraten, Ideen zu entwickeln, die über den Erhalt der „sozialen Errungenschaften“ hinausgehen.

Eine zu defensive Haltung überlässt anderen politischen Akteuren die Hegemonie in Sachen Modernisierung des Sozialstaates – und da fehlt es nicht an bedenklichen Vorschlägen. Gerade in der Wohnungspolitik gibt es genügend offensive Vorschläge, die zum Titel des jüngsten OGBL-Beitrags zum Thema, „Die Wohnungspolitik muss neu definiert werden?, passen würden: Einführung eines Mietspiegels, sozialer Wohnungsbau, Reform der Mietgesetzgebung … Ideen, über die sich die fortschrittlichen Kräfte grundsätzlich einig sind, und die viel eindeutiger „links? sind als der jetzt verteidigte billige Akt.


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