FLÜCHTLINGE: Schärfere Gangart

Während der Bau des „Centre de rétention“ in die Endphase kommt, verschärft Luxemburg sein Rückführungsgesetz. Die Stimmung bei den Hilfsorganisationen kippt.

Schlechte Noten gab es seitens der „Commission consultative des Droits de l’Homme“ (CCDH) für die Umsetzung der europäischen Direktive zur Regelung der Rückführung abgelehnter AsylbewerberInnen (siehe woxx 1109). Die eingehende Analyse des Gesetzesprojektes 6218 durch das beratende Gremium ergab, dass Luxemburg in Zukunft eher mehr der illegal sich im Land aufhaltenden Flüchtlinge hinter Gitter zu sperren beabsichtigt. Und wohl auch für längere Fristen als bisher üblich.

Damit vergrößert sich auch der Zwiespalt, in dem die humanitären Hilfsorganisationen, die die Flüchtlinge hierzulande betreuen, sich befinden. Es bedeutete für sie schon einen schweren Schritt, dass sie die Schaffung eines Rückführungszentrums befürworten mussten. Die aktuelle Lösung, nämlich die Wegschließung der betroffenen Menschen im Schrassiger Gefängnis, konnte nicht länger hingenommen werden, da sie menschenrechtliche Prinzipien verletzt. Dieser höchstrichterlich monierte Skandal wird noch bis Juni andauern. Dann sollen die neuen Gebäude in der Nähe des Flughafengebietes ihrer Bestimmung übergeben werden.

In humanitärer Hinsicht wird das neue Zentrum sicherlich einige Verbesserungen bringen. So werden etwa die Besuchszeiten für die freiwilligen Betreuungspersonen von bislang zweimal zwei Stunden pro Woche ausgeweitet. Trotzdem stellt nicht nur die CCDH fest: Das Wegschließen von AbschiebekandidatInnen bleibt eine Freiheitsberaubung, die nur in Ausnahmefällen hingenommen werden kann. Denn ihr Zweck ist ja nicht eine Bestrafung; mit ihr soll lediglich die Verfügbarkeit der Personen gewährleistet werden, die gerichtlich zur Rückführung bestimmt sind. Dies könnte aber auch auf andere Weise, etwa durch die regelmäßige Meldung der Betroffenen bei den Behörden, sichergestellt werden.

Waren sich nicht auch alle Beteiligten einig, dass Kinder nicht hinter Gitter gehören? Trotzdem sind Familienzellen vorgesehen. Was hilft da das Versprechen, dass Kinder nie länger als drei Tage eingesperrt werden sollen?

Auch Ausstattung und Organisation des Abschiebezentrums hinterlassen bei denen, die es besichtigen konnten, ungute Gefühle. Die letzten Tage vor ihrer Abschiebung werden die Menschen hier zwar psychologisch besser betreut werden, doch das Wegschließen in enge Zellen während der Nacht, die weitgehende Beschränkung der Privatsphäre, etwa wenn man austreten muss, und die herrschende Atmosphäre dürften das Ihre dazu beitragen, dass die Betroffenen Luxemburg in bleibender Erinnerung behalten werden. Aber vielleicht ist ja gerade das gewollt?

Dass nach jahrelanger Debatte der Zweckbau jetzt doch genauso schrecklich wirkt, wie viele es befürchtet hatten, ist ein weiteres Indiz dafür, dass Luxemburg sich nicht als Aufnahmeland für Flüchtlinge versteht. Wenn dann auch noch eine Verschärfung der Rückführgesetzgebung beschlossen werden soll, verwundert es nicht, dass die Hilfsorganisationen nicht mehr wissen, ob sie nicht doch missbraucht werden: Sie dürfen sich kümmern, solange die Menschen hier sind. Was aber am Ende mit diesen passiert, entscheiden die unter dem Druck der Wählerschaft stehenden Politiker.

Die maximale Verweilzeit im Zentrum soll vier Monate betragen. Sie kann auf sechs Monate ausgedehnt werden, wenn es zum Beispiel bei der Ausstellung der notwendigen Papiere durch das Herkunftsland zu Verzögerungen kommt. Auch hier verweigert die CCDH ihre Zustimmung: Es dürften nicht die Flüchtlinge haftbar gemacht werden, wenn ihre heimischen Behörden nicht schnell genug funktionieren.

Doch der Tenor des neuen Rückführgesetzes ist klar: Fast jeder wird abgewiesen, und jeder, der abgewiesen wird, kann auch eingesperrt werden. Die von allen versprochene Einzelfallprüfung wird zur Ausnahme. Damit also nicht Tausende ihre Koffer packen müssen, ist nicht nur eine Anpassung der Gesetzesvorlage erforderlich, sondern auch eine großzügige Regulierung seitens des Luxemburger Staates. Denn, auch wenn diese Leute „illegal“ im Lande sind, die Probleme, die zu ihrer Flucht geführt haben, bleiben auch nach einer Verschärfung des Gesetzes bestehen.


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