UNI LETZEBUERG: Mitreden Ja, mitbestimmen Jein

Das geplante Uni-Gesetz sieht eine studentische Delegation an der Universität Luxemburg vor. Bislang organisieren die Studierenden ihre Vertretung selbst. Von der Reform haben sie sich mehr Mitsprache gewünscht.

4.900 Studenten sind derzeit an der Uni Luxemburg eingeschrieben. Bis 2012 sollen es 5.400 sein, so das Ziel. Danach soll die dann neun Jahre alte Uni nicht mehr weiter wachsen.

„Das ist eine gute Initiative“, sagt der President der „Luxembourg University Students Organisation“ (LUS), Gilberto Fernandes. Obwohl dies keine Forderung der Studenten war, schreibt das Projekt der Regierung zum neuen Uni-Gesetz vor, dass es künftig an der Uni Luxemburg eine gewählte studentische Delegation geben muss. „Dadurch wird das Rad nicht neu erfunden“, fügt Gilberto Fernandes hinzu. „Es ist nämlich nicht so, dass es bisher keine Studentenvertretung gegeben hat.“ Schon bevor die Uni Luxemburg im Jahr 2003 gegründet wurde, hatten Studierende an den verschiedenen Hochschul-Instituten ihre eigene Vertretung organisiert. 2005 wurde die LUS gegründet, die als Dachverband der studentischen Organisationen an der Uni fungiert. Bislang funktionierte die Vertretung sehr gut“, so Fernandes. „Es ist natürlich trotzdem sehr begrüßenswert, dass die Delegation jetzt im Gesetz verankert wird und genau festgelegt ist, in welchen Gremien Studenten vertreten sind.“

Rad nicht neu erfunden
Dass die Studierenden selbst bislang die Einführung einer solchen Delegation nie gefordert haben, hat wohl eher pragmatische Gründe: „Im Gegensatz zu größeren Ländern mit mehreren Universitäten hatten wir keinen direkten Bedarf“, erklärt Gilberto Fernandes. „Die LUS wurde als repräsentative Kraft akzeptiert.“ „Wenn es um die Uni Luxemburg geht, war bislang die LUS für mich der Ansprechpartner“, bestätigt der Autor des neuen Gesetzes und Hochschulminister Francois Biltgen. „Künftig wird die Delegation jedoch legitimiert und sie bekommt offizielle Mandate in den verschiedenen Gremien der Uni.“ Im Gesetz werde allerdings nur der große Rahmen definiert. „Die Details sollten von der Uni zusammen mit der LUS ausgearbeitet werden“, so Francois Biltgen. Die genauen Modalitäten sollen im Rahmen des „Règlement d´ordre intérieur“ festgelegt werden, so Fernandes. „Wir hoffen natürlich, dass dies so geschieht, dass die gute Zusammenarbeit der LUS mit der Uni auch danach fortgesetzt wird“. Mit dem Gesetzentwurf selbst ist die LUS größtenteils zufrieden. Allerdings könnte an mancher Stelle nachgebessert werden. Ein Kritikpunkt betrifft die Länge der Mandate. Das Gesetz schreibt vor, dass alle zwei Jahre Wahlen an der Uni abgehalten werden. „Die Periode ist zu lang“, so Fernandes. Durchschnittlich brauche ein Student nur zwei bis drei Jahre, um einen Bachelor zu absolvieren. Die LUS plädiert dafür, jedes Jahr zu wählen, mit der Option, dass dieselben Kandidaten wiedergewählt werden können. „Ich begrüße den Entwurf zum neuen Unigesetz“, betonte Rektor Rolf Tarrach vergangene Woche auf einer Pressekonferenz. Besonders erfreulich sei es, dass die Studenten nun in Form einer Delegation offiziell eine Stimme bekommen. Mitreden ist eine Sache, mitbestimmen eine andere. Soweit wollte der Gesetzgeber nicht gehen. „In dieser Beziehung geht das Gesetz unserer Auffassung nach nicht weit genug“, sagt Gilberto Fernandes. „Hier wurde die Gelegenheit verpasst, auf das Niveau ausländischer Universitäten in Sachen Mitsprache zu kommen.“ Dies betreffe vor allem den Conseil de Gouvernance, dessen Aufgabe es ist, die Aktivitäten der Uni zu kontrollieren. „Obwohl hier alle Entscheidungen getroffen werden, haben weder das Personal der Uni noch die Studenten ein Stimmrecht“, beklagt Fernandes. „Damit sind wir nicht zufrieden und wir hoffen, dass sich das in den nächsten Jahren noch ändern wird.“ Das Gesetzprojekt, das Francois Biltgen vor gut zwei Wochen in der Chamber deponierte, sieht ebenfalls eine Änderung des „Code de sécurité sociale“ vor. Dies war notwendig geworden, nachdem eine „Nebenwirkung“ der Gesundheitsreform, die seit Januar 2011 in Kraft ist, bekannt geworden war. Vor dieser Reform übernahm der Staat die Kosten für die Krankenversicherung der Schüler, Studenten und Auszubildenden, die nicht über ihre Eltern versichert sind. Darunter fielen auch Studenten aus Drittländern. Den neuen Bestimmungen nach werden jene Studenten ohne elterlichen Versicherungsschutz wie selbständige Unternehmer behandelt, Sie sind demnach verpflichtet, sich bei der nationalen Gesundheitskasse einzuschreiben. Ihnen wird der Tarif eines Mindestlohnempfängers berechnet, sprich 98 Euro pro Monat.

„Luxemburg braucht ein Studentenstatut“
Die Betroffenen, etwa 200 Personen, bekamen Anfang des Jahres einen Brief, in dem sie aufgefordert wurden, diesen Pflichten nachzukommen. Vorgewarnt hatte man sie im Vorfeld nicht. „Eine zusätzliche Ausgabe von rund 100 Euro pro Monat können sich die wenigsten Studenten leisten“, lautete damals die Kritik des Präsidenten der LUS, „noch dazu, dass die Betroffenen dies nicht vorausahnen und in die Planung ihrer Studien mit einbeziehen konnten.“ Für so manchen Studenten drohte ein Abbruch des Studiums. Nachdem diese Änderung in die öffentliche Diskussion geriet, ruderte der Gesundheitsminister zurück. Der Kompromiss lautete: Bis eine endgültige Lösung gefunden ist, übernimmt die Uni die Kosten. Das entsprechende Budget bekam sie vom Ministerium zur Verfügung gestellt. Nun bessert die Reform des Uni-Gesetzes dies nach: Künftig sind Studenten der Pflicht enthoben, ihre Krankenversicherung über die legale Sozialversicherung vorzunehmen. Es ist ihnen erlaubt, sich bei – möglicherweise günstigeren – privaten Versicherungsgesellschaften zu versichern. Die Änderung gibt der Uni „la possibilité de négocier avec des entreprises d´assurances des contrats concus pour des étudiants“, so die Erläuterung im Exposé des Motifs. „Es bleibt dabei, dass der Staat nicht mehr für die Krankenversicherung der Studenten aufkommt“, betont Minister Biltgen. „Nichts verhindert jedoch, dass die nationale Gesundheitskasse einen Studententarif anbietet.“ Der Ball liege nun bei den Sozialpartnern. Erste Verhandlungen wurden schon geführt, dem Hochschulminister nach haben diverse Versicherungsgesellschaften der Uni einen monatlichen Studententarif von 35 Euro angeboten.
„Das ist immer noch zu viel“, sagt Gilberto Fernandes. Und: „Viel wichtiger wäre es, dass die CNS ein Studentenpaket anbietet. Sie wäre unserer Meinung nach in der Lage dazu.“ Die LUS hat deshalb einen Brief an den Direktor der CNS geschrieben. Diese Forderung betrifft eines der Hauptanliegen der LUS: die Schaffung eines Studentenstatuts. „Es muss endlich gesellschaftlich akzeptiert werden, dass Luxemburg eine Uni hat und dass diese Studenten bestimmte Bedürfnisse haben“, so Fernandes.


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