KINDER- UND JUGENDPSYCHIATRIE: Unter der Lupe

Lange Wartezeiten, Personalmangel, das Fehlen einer Perspektive – das sind einige Mängel der psychiatrischen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, die Ombudsman Marc Fischbach in seinem neuen Bericht offenlegt.

In dieser Woche wurde ein neuer Bericht von Ombudsman Marc Fischbach über drei Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgestellt, in denen unter anderem Minderjährige aufgrund richterlicher Anordnung des Jugendgerichts untergebracht sind. Fischbach wurde bei seiner Untersuchung, die er in seiner Funktion als „Externer Kontrolleur“ durchführte, durch den Aachener Experten für Jugendpsychiatrie Ulrich Hagenah, unterstützt.

Zweck der Begutachtung war nicht nur, die Qualität der medizinischen, paramedizinischen und pflegerischen Versorgung zu ermitteln, sondern auch zu überprüfen, ob die Menschenrechte in den geschlossenen kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen gewahrt sind.

Drei Krankenhauseinheiten waren von den Kontrollen betroffen: Das Centre Hospitalier du Luxembourg (8 Betten für Jugendliche bis 13 Jahre), das Centre Hospitalier du Kirchberg (15 Betten für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren) sowie das Centre Hospitalier Neuro-Psychiatrique in Ettelbrück (12 Betten für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren).

Das Ergebnis des Berichts ist ernüchternd. Am schlechtesten schneidet das Centre Hospitalier Neuro-Psychiatrique in Ettelbrück (CHNP) ab, dessen Versorgung laut dem Experten nicht die international üblichen Standards im Sinne einer Best Practice erreicht. Das gilt zunächst für die räumlichen Rahmenbedingungen der Abteilung. Die Station befindet sich in der dritten Etage und ist nur über einen Aufzug zu erreichen, der über einen Schlüssel gesteuert wird. Die Abteilung ist zwar funktionell intakt – aber karg und wenig jugendtypisch, so der Bericht. Auch sind nach einem Ausbruchsversuch alle Fenster verschlossen worden, was von den Mitarbeitern als belastend erlebt wird. Sehr kritisch beurteilen die Gutachter weiter die personelle Unterbesetzung: Aufgrund von Personalmangel fällt der Aufenthalt im Freien für die Patienten häufig aus. Die zweite Arztstelle im CHNP ist zur Zeit nicht besetzt, was zur Folge hat, dass die Mitarbeiter bei Abwesenheit des anderen Arztes darauf angewiesen sind, den diensthabenden Arzt der Erwachsenenpsychiatrie hinzuzuziehen, der jedoch in der Regel nicht über jugendpsychiatrisches Fachwissen verfügt. Der Aachener Experte kommt aufgrund dieser Mängel zu der Einschätzung, dass sich der Aufenthalt der Jugendlichen durch die nicht-adäquate Behandlung – aber auch aufgrund struktureller Probleme, wie des Fehlens einer Perspektive in einem geeigneten Lebensumfeld – im Einzelfall sogar verlängern kann. Sämtliche Jugendlichen des CHNP gaben an, seit ihrer Aufnahme noch nicht von einem Richter angehört worden zu sein und keine Information über die voraussichtliche Dauer ihrer geschlossenen Unterbringung zu haben.

Weder im CHNP noch im CHL oder im Centre Hospitalier Kirchberg habe es bisher zum Standard gehört, den Jugendlichen oder ihren Eltern bei der Aufnahme in die Klinik schriftliche Information zu ihren Rechten zu übermitteln, so der Bericht.

Kritisiert wurden auch die Wartelisten. Da es außer der im CHL keine weiteren kinderpsychiatrischen stationäre Einheit gibt, betragen die Wartezeiten für eine Aufnahme vier bis sechs Wochen. Kritik musste auch das Centre Hospitalier Kirchberg einstecken wegen des Mangels an individuellen Schlafzimmern und der Praxis, gefährdete Jugendliche im Stationsflur unter besondere Aufsicht zu stellen. Ombudsman Marc Fischbach gab in seinem Bericht erste Empfehlungen für die betroffenen Einrichtungen. Auch der Gesundheitsminister reagierte in einer ersten Stellungnahme und versprach Verbesserungen. So soll die Orangerie 3 des CHNP modernisiert werden, und ein Bauernhof in Putscheid soll Jugendliche nach ihrer stationären Behandlung aufnehmen. Zudem wurde im Gesundheitsministerium eine Kontaktperson ernannt, die verstärkt über Patientenrechte informieren soll.


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