AFFAERE LIWINGEN: Halsdorf als Bauernopfer?

Trotz eines heftigen Dementis seitens des Premierministers bleiben die Chefs der zwei größten Oppositionsparteien dabei: Sie hätten Kenntnis von Zeugenaussagen, wonach von Regierungsseite Druck auf die Unternehmergruppe Rollinger ausgeübt wurde, um das Projekt Wickringen teilweise aufzugeben. Außerdem hätten sich der frühere Wirtschafts- und der amtierende Innenminister persönlich um eine womöglich vergünstigte Kreditvergabe an die Rollingergruppe bei der Sparkasse bemüht, damit der ursprüngliche Partner des Wickringenprojekts, die ING Real Estate, ausgezahlt werden konnte. Mittlerweile spricht sich die DP, wie schon vorher Déi Gréng, für eine parlamentarische Enquetekommission aus, um die genaueren Umstände des von Juncker, Krecké und Halsdorf eingefädelten Deals aus dem Frühjahr 2009 zu beleuchten. Die beiden Fraktionschefs werden im Vorfeld der „heure d’actualité“ am Mittwoch nächster Woche, anlässlich welcher der Premierminister zu den jüngsten Vorwürfen Stellung im Parlament nehmen soll, eine Motion einreichen, die eine solche Kommission fordert. Bei Gelegenheit einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag gaben sich Claude Meisch und Fränz Bausch zuversichtlich, dass die Mehrheitsparteien diesem Vorschlag zustimmen, da nur so die ganze Wahrheit ans Licht kommen wird. Auch Jean-Claude Juncker ist in Erklärungsnot geraten: Noch im Oktober 2011 hatte er in der Chamber laut verkündet, sich nur mit Guy Rollinger, aber nie mit Flavio Becca getroffen zu haben. Er will zu diesem Zeitpunkt nicht einmal von dessen Existenz gewusst haben. Anlässlich des Pressebriefings letzte Woche erwähnte er aber ein Gespräch, das er mit den beiden genannten Ministern und beiden Promoteuren, also Rollinger und Becca, geführt haben will. Auch die Chefs der Sparkasse, die vor der zuständigen Chamberkommission beteuert hatten, eine Kreditvergabe für das Projekt Liwingen sei nicht einmal ansatzweise diskutiert worden, machen sich, wenn nicht der Lüge, so doch des Rückgriffs auf Halbwahrheiten verdächtig. Sollte Halsdorf tatsächlich etwas mehr getan haben als die – in der Zwischenzeit eingestandene – Rückfrage bei der Sparkasse um die Kreditbedingungen von Rollinger, dürfte er politisch nicht mehr zu halten sein. „In einem anderen demokratischen Land, hätten bereits die eingestandenen Fehler zu einem Rücktritt des Ministers geführt“, erklärte Fränz Bausch. Doch selbst wenn Halsdorf demissioniert und damit nach Krecké die beiden Hauptakteure nicht mehr Mitglied der Regierung sind, soll die Untersuchung stattfinden. Juncker, der noch letzte Woche heftigste Presse- und Oppositionsschelte austeilte, scheint schon das Rad herumzuwerfen und soll einem Unter-suchungsausschuß nicht mehr abgeneigt sein – so könnte er seine Bereitschaft zu einer lückenlosen Aufklärung beweisen und nach dem Bauernopfer Halsdorf womöglich zur Tagesordnung übergehen.
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