Auf eine staatliche Finanzspritze gegen Dürreschäden können die Bauern trotz hartem Sommer nicht hoffen. Wer seine Pflanzen nicht krankenversichert hat, hat Pech gehabt.
Auch wenn wir mittlerweile schon fast wieder über Kühle und Regen klagen dürfen: Dieser Sommer hat es in sich. Noch bevor er zu Ende ist, drängen sich Vergleiche mit dem legendären Sommer 2003 auf. Denn sowohl die hohen Temperaturen als auch die niedrigen Niederschlagsmengen sind bislang rekordverdächtig. „Bis jetzt hatten wir dieses Jahr eindeutig weniger Regen als in derselben Periode vor drei Jahren“, sagt Frank Schmit, Leiter des Service d’économie rurale im Landwirtschaftsministerium. Damals fielen allerdings auch der August und September ebenfalls extrem trocken aus, dasselbe lässt sich für den diesjährigen Sommer noch nicht prognostizieren.
Ganz dramatisch
„Es ist noch zu früh, die ökonomischen Konsequenzen für die Landwirtschaft abzuschätzen“, so Schmit. Die Situation der hiesigen Höfe kann je nach Betriebsstruktur sehr unterschiedlich ausfallen. „Je nach Reserven vom Vorjahr“, so Schmit, und auch „je nachdem, wie der erste Schnitt auf dem Grünland ausfiel“, mache sich etwa die Futtermittelknappheit bemerkbar. Als „ganz dramatisch“ bezeichnet allerdings Jos Flammang von der Administration des Services Techniques de l’Agriculture (ASTA) die aktuelle Lage. „Mit einer normalen Ernte ist vielerorts nicht mehr zu rechnen“, erklärt Flammang, der sich vor Ort über den Zustand auf dem Acker vergewissert. Besonders Getreide, Mais und Kartoffeln hat die Trockenheit zu schaffen gemacht. „Vor ein paar Tagen waren wir in Redange, dort gab es seit Monaten gerade einmal sechs Liter Regen“, sagt Flammang, „doch was ist das schon?“
Schon die Kälte im Frühjahr habe den Pflanzen zugesetzt, die darauffolgende Hitze ohne Regen führe nun vor allem bei Sommergerste und Winterweizen zu Notreife und Schrumpfkorn. Auch das Grünland leidet sehr unter der anhaltenden Hitze. „Am ehesten halten sich dann die minderwertigen Gräser“, so Flammang. Nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität des Futters wird somit zunehmend schlechter. Ob der Mais, der oft erst knapp anderthalb statt drei Meter hoch gewachsen ist, überhaupt Kolben schieben wird, ist derzeit noch unklar. Ohne Körner im Silo wird die meist als Kraftfutter eingesetzte Silage den Bauern nicht reichen. Sie werden über den Winter eingekauftes Heu oder Körner zufüttern müssen.
Das kostet bares Geld, und davon haben nicht alle Bauern genug zur Verfügung. Fällt zudem die Ernte geringer als erwartet aus, könnten schon im Herbst Liquiditätsprobleme auftauchen, wenn das neue Saatgut gekauft werden muss. „In Luxemburg hängen allerdings die wenigsten Betriebe ausschließlich vom Getreide- oder Maisanbau ab“, sagt Frank Schmit, „deshalb ist auch mit weniger dramatischen ökonomischen Konsequenzen zu rechnen.“
2003 gab es Hitzegeld
Auch 2003 waren die Ernteausfälle laut Statistik nicht in großem Maß existentiell für die hiesigen Bauern. Zwar stellten im Laufe des Jahres 45 Höfe den Betrieb ein – doch diese Zahl liegt eigentlich sogar unter dem jährlichen Bauernschwund in Luxemburg. Waren 1960 über 9.000 landwirtschaftliche Betriebe registriert, sind es derzeit noch knapp über 2.000.
Dafür, dass sich 2003 die ökonomischen Folgen für Landwirte in Grenzen hielten, hatte der Staat gesorgt. Den von der Trockenheit betroffenen Betrieben wurde im Frühjahr 2004 eine von der Europäischen Union bewilligte Entschädigung ausbezahlt. Insgesamt flossen über sechs Millionen Euro an 1.561 Betriebe. Rund zwei Drittel aller Luxemburger Höfe kamen demnach in den Genuss einer solchen Zahlung. Auf einen ähnlichen Geldsegen brauchen die Bauern dieses Jahr allerdings nicht zu hoffen: „Seit drei Jahren gibt es die Möglichkeit, die Ernte zu versichern“, erklärt Daniel Frieden vom Landwirtschaftsministerium. „Immer mehr Bauern machen von diesem Angebot Gebrauch.“ Eine Devise, die aus Brüssel kommt: Keine direkten Ausgleichzahlungen mehr, statt dessen dürfen die Mitgliedsstaaten die Bauern bei den Kosten für die Versicherung unterstützen. Luxemburg tut dies, indem der Staat die Hälfte der Police bezahlt. „Die Bauern werden so mit in die Verantwortung genommen“, sagt Frank Schmit vom Service d’économie rurale. „Sie müssen selbst entscheiden, ob sie das Risiko von Wettereinbrüchen oder die Kosten für die Versicherung tragen wollen.“
Von Auswuchs und Auswinterung über Sturm und Starkregen bis zu Trockenheit und Hagel können Ackerpflanzen nunmehr versichert werden. „Mehrgefahrenversicherung“ heißt das Produkt, das die Versicherungsgesellschaft „Vereinigte Hagel“ seit November 2003 in Luxemburg anbietet und für das es das Monopol besitzt. Toni Esch, der „mandataire général“ im Großherzogtum, bevorzugt den Begriff „Alleinwettbewerber“. Vor fünf Jahren übernahm die deutsche „Vereinigte Hagel“ die Portefeuilles der beiden Luxemburger Gesellschaften „Le Foyer“ und „La Luxembourgeoise“. Damals handelte es sich ausschließlich um Hagelversicherungen. „Für solche Versicherungen braucht man einen großen Risikoausgleich“, sagt Esch. Und der ist in einem kleinen Land wie Luxemburg nur schwer aufzubringen. Also gaben die Luxemburger Versicherer den Bereich an das deutsche Unternehmen ab.
Das neue Multipaket für Landwirte sei ein „schwieriges Produkt“, so Toni Esch. Zwar kann die „Vereinigte Hagel“ inzwischen auf eine langjährige Erfahrung in Sachen Hagelversicherung zurückblicken, in den anderen Bereichen betrat das Unternehmen vor drei Jahren dagegen in Luxemburg Neuland. Da es im Mutterland Deutschland keine staatliche Kofinanzierung gibt, besteht dort keinerlei Nachfrage nach einer Mehrgefahrenversicherung.
Bislang wenig versichert
Denn ohne staatliche Hilfe ist eine solche Ernteabsicherung für Landwirte nicht bezahlbar. In Luxemburg kostet das Paket den Bauern beispielsweise pro Hektar Mais zwischen 17 und 29 Euro, der Staat zahlt noch einmal denselben Betrag hinzu. Ausschlaggebend für den Preis sind neben lokalem Wetter auch die Beschaffenheit der Böden und die Lage der Äcker. Bislang konnte Esch die Police für 5.500 Hektar Ackerland erfolgreich anbieten. Die gegen Hagel versicherte Fläche ist jedoch immerhin fünf Mal so groß. „Hierzulande gibt es noch ein großes Potenzial“, sagt Toni Esch. Viele Betriebe scheinen bislang trotz staatlicher Unterstützung die Mehrausgabe zu scheuen.
Derzeit tourt Toni Esch durch Luxemburg und untersucht die Schäden. Solche „Trockenheitsexpertisen“ sind eine komplizierte Angelegenheit. Acht Luxemburger Experten stehen ihm dabei zur Seite. Grundlage für eine Entschädigung ist die Bestandsaufnahme auf dem Acker vor der Ernte und der anschließend festgestellte Ausfall. Liegt dieser über 30 Prozent, zahlt die Vereinigte Hagel 20 Prozent der vereinbarten Versicherungssumme. Vor allem die Maisbauern dürften dieses Jahr in manchen Regionen gute Chancen für eine Zahlung haben. „Es sieht nicht gut aus“, sagt Toni Esch und erinnert sich dabei auch an den 25. Juni, den letzten großen Niederschlagstag in Luxemburg: „An diesem Tag zählten wir 60 verschiedene Hagelschäden.“
Etwas weniger dramatisch scheint sich die Witterung bei den Biobauern auszuwirken. Zwar würden Kartoffeln und Gemüse stark unter Trockenschäden leiden, so der Biobauern-Berater Bernd Ewald. „Was den Mais angeht, habe ich bislang kaum Klagen gehört“, sagt Ewald, der darauf hinweist, dass der Ertrag im Ökolandbau deutlich unter dem im konventionellen Anbau liegt. „Somit verbrauchen die Pflanzen viel weniger Wasser“, erklärt der Berater. Zudem speichere der Boden auf Bioäckern durch den höheren Humusgehalt meist mehr Wasser.
Stilllegung wieder rückgängig gemacht
„Viele Bauern waren es gewohnt, auf direkte Ausgleichzahlung zu setzen“, sagt Daniel Frieden zu den nur langsam steigenden Versicherungsabschlüssen in Luxemburg, „doch nach den Erfahrungen in diesem Sommer wird sich das möglicherweise ändern. Von staatlicher Seite dürfte sich das neue Finanzierungsmodell indessen lohnen. Denn die Kosten der Unterstützung für die Versicherungen liegen eindeutig unter denen für eine direkte Ausgleichszahlung: Im vergangenen Jahr wurden rund 120.000 Euro für Mehrgefahrenversicherungen zugezahlt, dieses Jahr sind im Budget 125.000 Euro vorgesehen. Gegenüber den Beihilfen in sechsfacher Millionenhöhe von vor drei Jahren ist dieser Posten fast zu vernachlässigen.
Der deutsche Bauernverband fordert derweil, die laufenden EU-Subventionen früher auszubezahlen „Ob das in Frage kommt, wird sich in den kommenden Monaten klären“, sagt Frank Schmit. Momentan steht der 1. Dezember als Auszahlungsdatum fest. Vor dem 15. Oktober ist eine Auszahlung gar nicht möglich, weil das Budgetjahr erst an diesem Stichtag beginnt. Konkret wurde die ASTA jedoch schon aktiv und hat in Brüssel eine Anfrage gestellt, die stillgelegten Flächen für Futtermittel verwenden zu dürfen. „Diese Erlaubnis werden wir ziemlich sicher bekommen“, so Schmit.