KOMPETITIVITÄT: Geschäftsmodell in der Debatte

Luxleaks im Nacken sinniert inzwischen ganz Luxemburg über seine Rolle in der Welt – oder zumindest über sein ramponiertes Image.

Die „image de marque“ Luxemburgs – so Finanzminister Pierre Gramengna bei der Kompetitivitäts-Debatte am vergangenen Mittwoch – sei umso besser, je weiter man sich von Luxemburg entfernte. Nur unsere Freunde aus der EU, allen voran unsere direkten Nachbarn, sparen nicht mit Häme und Spott über das, was da in den letzten Wochen passiert ist.

Doch nicht Luxleaks war das eigentliche Thema der Debatte in der Chamber, sondern die sogenannte „Kompetitivität“. Ein Wort, dessen Definition mindestens so kompliziert ist wie seine Aussprache. Theoretisch geht es darum, herauszufinden, ob das gesamtgesellschaftliche Umfeld für wirtschaftliche Aktivitäten in Luxemburg günstiger oder weniger günstig ist als anderswo.

Seit Adam Smith gilt die Regel, dass es für eine Volkswirtschaft sinnvoller ist, jene Dinge zu produzieren, zu denen sie am besten befähigt ist. Statt unnötigerweise etwas anzubieten, was andere zu geringeren Preisen produzieren, gilt es sich zu spezialisieren und die dann im eigenen Land fehlenden Waren und Dienste woanders zu kaufen.

In der Praxis fangen die Probleme allerdings schon bei der Definition des Konzepts an und hören bei der Bestimmung der Messverfahren nicht auf. Fast unmöglich wird das Unterfangen, sobald der Index einer gesamten Volkswirtschaft angegeben werden soll. Es gibt zahlreiche Barometer, die versuchen die Länder miteinander zu vergleichen, doch bei keinem sieht die Rangfolge genau gleich aus. Das Ganze erinnert in etwa an die einst so beliebten Quartett-Kartenspiele, wo die lahme „Fourgonnette“ den sechszylindrigen BMW deshalb ausstach, weil sie fünf statt nur vier Türen hatte.

Ganz unnütz sind die unterschiedlichen Barometer jedoch nicht, denn wenn die Parameter, die zu ihrer Aufstellung geführt haben, bekannt sind, lassen sich zumindest aus den Änderungen, die über die Jahre gemessen werden, einige Schlüsse ziehen.

Und da setzt dann das Klagelied des Verbandes der Luxemburger Unternehmen ein. Die UEL liest aus vielen der in der letzten Zeit veröffentlichten Kompetitivitäts-Berichte heraus, dass Luxemburg dabei ist, ins Hintertreffen zu geraten. Dass es auch Berichte gibt, in denen Luxemburg einige Plätze nach vorne springt, wird nicht erwähnt.

Auch Nicht-Unternehmer sind sich einig darin, dass in Luxemburg etwas passieren muss.

Es wird wohl auch kein Zufall gewesen sein, dass die UEL just in der Woche ihre Kampagne „Unsere beliebtesten Märchen“ gestartet hat, in der die Chamber das Thema Kompetitivität auf der Tagesordnung hatte. Dabei sorgt sich die Unternehmerlobby um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, die zwar hoch sei, aber in großen Schritten an Boden verliere. Sie unterstellt all denen, die ihre Sicht der Dinge nicht teilen, das Märchen „Luxemburg hat kein Wettbewerbsproblem“ zu propagieren – eins von sieben weiteren „Märchen“, die in der Kampagne aufgelistet werden. Doch wird hier die Kompetitivität auf die Preisentwicklung, die Produktionskosten und die Kosten der Sozialleistungen reduziert.

Auch Nicht-Unternehmer sind sich einig darin, dass in Luxemburg etwas passieren muss, weil unser Geschäftsmodell so nicht ewig funktionieren kann – nicht zuletzt, weil es von den anderen nicht mehr akzeptiert wird.

Doch die Reduzierung des Themas auf den rein unternehmerischen Aspekt versperrt den Blick auf andere Handlungsfelder, wie die Energiewende, den Umstieg auf nachhaltigere Produktionsweisen oder den Verzicht auf Wirtschaftsnischen, die nur auf Kosten anderer florieren. Auch ein funktionierendes soziales Umfeld, ein adäquates Bildungswesen und nachhaltige Infrastrukturen tragen zu einer breiter gefassten Kompetitivität bei.

Das steht nicht im Widerspruch zu fraglos berechtigten Forderungen aus Wirtschaftskreisen, unnötige bürokratische Hürden abzubauen. Doch zu glauben, allein die Realisierung der von der UEL gebetsmühlenartig verlangten Einschränkungen bei den Löhnen (Index, Karenztag …) oder die Herabsetzung der betrieblichen Abgaben führe zu mehr Kompetitivität, hieße tatsächlich, ein Märchen für wahr zu halten.


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