Viele kommunale Aufgaben werden von Syndikaten übernommen. Deren Kontrolle lassen sich einige Gewählte recht stattlich vergüten.
Auch im Anschluss an die letzten Kommunalwahlen waren so manche Koalitionen auf die Schnelle zu Stande gekommen. Um sich handelseinig zu werden, reichte meist ein kleiner Zettel oder gar ein Bierdeckel: wer führt die Gemeinde, wer wird Schöffe oder Schöffin und wer geht in welches Syndikat? Damit waren dann die „lukrativen“ Posten verteilt, die inhaltlichen Fragen ließen sich in den darauffolgenden Tagen bereden, als die Feierlaune einmal abgeklungen war.
Während die Besoldung der Schöffenratsmitglieder nicht unbedingt berauscht – bei kleinen Landgemeinden werden den Bürgermeister*innen knapp 10.000 Euro pro Jahr als Entschädigung gewährt – erlaubt es die Mitgliedschaft in den Syndikaten mit weit weniger Zeitaufwand zum Teil an erkleckliche Summen zu gelangen.
An sich sind die Syndikate eine positive Entwicklung: Viele kommunale Aufgaben können rationeller geleistet werden, wenn die Zahl der Nutznießer*innen der angebotenen Dienstleistungen möglichst hoch ist, so etwa bei der Müllabfuhr. Um die demokratische Kontrolle nicht ganz zu verlieren, werden Syndikate von Komitees „verwaltet“, die aus Vertreter*innen der unterschiedlichen Gemeinderäte beschickt werden. Diesen steht eine Entschädigung in Form eines „jeton de présence“ zu. Das Komitee bestimmt zudem ein „bureau“, das die Komitee-Sitzungen vorbereitet. Den Büro-Mitgliedern steht teilweise eine jährliche Vergütung zu, die ungeachtet des tatsächlichen Arbeitsaufwands als feste Summe gewährt wird.
Nun ist im Luxemburger Kommunalrecht vieles bis ins kleinste Detail geregelt, aber die Höhe der Entschädigung in solchen Syndikaten nicht. Zwar sollten die Sitzungsgelder begrenzt werden, doch das entsprechende Reglement wurde nie veröffentlicht. Die Entschädigungen der Büro-Mitglieder wären darin ohnehin ausgeklammert gewesen.
Ein Umstand der dieser Tage zu etwas Aufregung im Norden des Landes geführt hat, nachdem bekannt worden war, dass das Komitee des Müll-Syndikats Sidec Anfang November einer fürstlichen Aufstockung der erwähnten Entschädigungen zustimmte. So soll der Vorsitzende des Syndikats statt bisher 2.220,39 Euro ab nächstem Jahr 16.907,02 Euro pro Jahr erhalten. Seine beiden Stellvertreter jeweils die Hälfte und die fünf „einfachen“ Büro-Mitglieder etwas mehr als ein Drittel dieser Summe. Im Falle des Präsidenten, der hier Claude Haagen heißt und der LSAP entstammt, eine Steigerung um 761 Prozent. Die Vizepräsidenten und einfache Mitglieder erhielten bislang gar keine Entschädigung außer den „jetons“.
Plus 761 Prozent
Der „député-maire“ aus Diekirch verteidigte die Erhöhung mit dem Argument, das Innenministerium habe den Sidec darauf aufmerksam gemacht, dass andere Syndikate mehr zahlen. Außerdem, so Haagen gegenüber Radio 100,7, seien die Entschädigungen seit der Gründung 1980 nie angepasst worden. Eine kleine Halbwahrheit, die verschweigt, dass es durchaus eine an den Punktwert der Staatsbediensteten angelehnte Anpassung gab.
Was Haagen auch nicht erwähnt, ist die Höhe der Entschädigung, die das vergleichbare Syndikat Sigre, das im Osten des Landes operiert, seinem Präsidenten zahlt – nämlich 11.500 Euro. Das ist auch äußerst stattlich für geschätzt sechs bis sieben Sitzungen im Jahr – aber immer noch um einiges von den neuen Sidec-Zahlungen entfernt.
Viele Gemeindeführer*innen geben unter der Hand zu, dass sie die Syndikatsentschädigungen gerne annehmen, weil die eigentliche Besoldung als Mitglied des Schöffen- oder Gemeinderats nicht ausreicht, um ihre Arbeit zufriedenstellend leisten zu können. So gibt es einige „cumulards“, die sich über solche Mandate ein Einkommen zusammenklauben, das ihnen tatsächlich erlaubt, ihre politische Tätigkeit quasi vollamtlich auszuüben.
Hier spart der Staat an der falschen Stelle: Wäre die Besoldung der Bürgermeister*innen und der Schöff*innen endlich auf einem Niveau, das der Realität entspricht, könnte die Verwaltung der Syndikate vermehrt auch an jüngere (und verstärkt auch an weibliche) Politiker*innen abgegeben werden, die sich so ihre Sporen verdienen könnten.
Auch das wäre ein Beitrag zur Erneuerung der Politik von unten. Das müsste einem Vorsitzenden einer langsam dahinsiechenden Altpartei doch eigentlich zu denken geben.