DAVID RUSSON: Copy paste

Die mittlerweile zweite Ausstellung des britisch-deutschen Künstlers David Russon bei Nosbaum & Reding setzt sich mit der Medienwirklichkeit auseinander. Im Grunde jedoch ist es keine Auseinandersetzung und vielleicht liegt hierin auch der Makel der kleinen Ausstellung. Russon greift auf kleinen Formaten – größtenteils Holzträgern, die er mit Akrylfarben bemalt hat – filmische Momentaufnahmen auf. Sowohl in Farbe als auch in Schwarz-Weiß hat er – wenn auch gekonnt – Filmstills am Fernseher festgehalten, die teilweise verschwommene Momentaufnahmen der Wirklichkeit vermitteln. Auch greift er kleine Elemente aus dem Gesamtkontext eines solchen Filmstills heraus, die er auf eine leere Leinwandfläche plaziert oder mit der Stichsäge ausgeschnitten hat. mehr lesen / lire plus

JOANNA NEWSOM: „Ys“

So bescheiden sich der Titel des zweiten Albums der jungen kalifornischen Musikerin Joanna Newsom gibt, so maßlos, dicht und unkonventionell ist der Inhalt der Platte. Verglichen mit ihrem bereits grandiosen Debüt „The Milk-Eyed Mender“ (2004) hat Newsom einen großen schöpferischen Sprung gewagt: Zu ihren Songs sowie ihrem Harfenspiel dirigiert Van Dyke Parks ein 30-köpfiges Orchester. Die mit ihrer Stimme teils an Björk erinnernde Sängerin erzeugt, durch ihren schrillen, sich überschlagenden – manchmal dunkel-modulierenden Gesang – eine unglaubliche Präsenz, die sich über fünf lange Songs hinzieht. Kaum ein Stück bleibt unter zehn Minuten. Die Tonstruktur ist sehr komplex, besonders durch die Art wie die Streicher varieren und die fantastischen Kompositionen der jungen Kalifornierin umsetzen. mehr lesen / lire plus

NAIFS PORTUGAIS: Naives Luxemburg?

„Le Luxembourg vu par les Naï fs portugais“ so nennt sich eine kleine Ausstellung, die zurzeit in der Mediathek der Caixa Geral de Depósitos zu sehen ist. Die bunten auf Leinwand gemalten, detailbesessenen Bilder, die schon im Institut Cam±es und im Centre Neumünster gezeigt wurden, dokumentieren einen betont einfachen, unbekümmerten, kitschig-phantasievollen Blick auf touristische Sehenswürdigkeiten sowie Landschaftsausblicke in Luxemburg. Dabei spiegeln die Bildmotive wie etwa die „Gëlle Fra“ oder eine lebhafte Szenerie am Fonds de Gras eher eine heile Welt oder persönliche Wunschträume. Gemalt wurden die Bilder von vier portugiesischen Künstlerinnen, die der „Association de Peintres Primitives Modernes“ angehören. Bei ihren Darstellungen haben sich die Malerinnen an Fotos inspiriert, die bei einem Besuch in Luxemburg entstanden und ihnen als Vorlage für ihre stilisierten und naiven Ausblicke dienten. mehr lesen / lire plus

PHILIPPE RIVELLI: Das Hier und Dort der Migranten

Der Fotograf Philippe Revelli, der dem Kollektiv „Couleur d’Orange“ angehört, das den kritischen Blick schärfen und sozial-politische Tatbestände aufzeigen will – stellt jetzt einige Arbeiten in Dudelange aus. Seine Reportagen entstanden auf Reisen durch Lateinamerika, Afrika und Asien. Aber auch innerhalb Frankreichs ist Revelli aktiv und setzt sich mit Themen wie Behinderung, Alter und Asylanten auseinander – wie die Ausstellung Ici, là-bas … avec les sans-papiers nun dokumentiert. Seine anekdotisch schwarz-weißen Aufnahmen zeigen wirkliche Anteilnahme. Hier ist kein kühler Beobachter am Werk: So mischt er sich im Frühjahr 1998 unter die demonstrierenden Asylanten in Lille, als wäre er einer von ihnen. mehr lesen / lire plus

PAUL ALMASY: Fotografische Zeitgeschichte

Einen wirklich interessanten Einblick in das Werk des ungarischen Fotografen Paul Almasy (1906-2003) bietet zur Zeit eine Ausstellung im Kulturzentrum der Abtei Neumünster. Interessant, weil der Fotojournalist Almasy wenig bekannt ist und man mit Staunen jemanden entdeckt, der im Rahmen seiner Arbeit fast die ganze Welt bereiste und ein Archiv mit rund 120.000 Negativen hinterließ. Neben Porträts bedeutender Persönlichkeiten der Zeitgeschichte wie etwa Eisenhower, dem Schah von Persien oder diversen KünstlerInnen schien ihm aber nicht nur die Crème de la Crème alleine darstellungswert. Er fotografierte auch den Alltag, dokumentierte Arbeitsprozesse und thematisierte die Auswirkungen großer Konflikte auf die Bevölkerung. Im Rahmen der nun gezeigten Retrospektive sind großformatige – meist quadratische – schwarz-weiß Fotografien zu sehen, die Almasy während seiner Aufenthalte in Luxemburg machte. mehr lesen / lire plus

HOCHOFEN BELVAL: Der Countdown läuft

Nur noch wenige Tage bis zum Schleifen der Hochöfen auf Esch Belval. Der Prozess bis zum Abriss der Hochöfen statuiert ein fragwürdiges Exempel in puncto Informationspolitik.

Kann ein Ofen so alt aussehen? (Foto: Christiane Walerich)

Einige Urlaubsheimkehrer mögen sich erstaunt die Augen reiben, wenn sie bei ihrer Rückkehr die Bagger am Industriedenkmal der Montanunion vorfinden werden. Strategisch geschickt wird die allgemeine Flaute des Jahreswechsels genutzt, um endlich zur Tat zu Schreiten: Am Montag den 15. Januar soll mit den Abrissarbeiten auf Esch Belval begonnen werden entsprechend dem von der Regierung votierten Sanierungsszenario.

Bereits im September 2006 hatte sich abgezeichnet, dass die zuständigen Minister nicht mehr von ihrem Vorsatz abrücken würden, Hochofen A integral und Hochofen B nur noch als Silhouette zu erhalten. mehr lesen / lire plus

KOSYO MINCHEV: Kosyo

Die neueste Ausstellung in der Galerie Beaumontpublic benennt sich schlicht nach dem bulgarischen Künstler Kosyo Minchev. Dieser ist hier kein Unbekannter mehr und war noch zu Jahresbeginn durch seine weiße Hitlerbüste aus Aquaresin mit abgebissenem Oberlippenbart aufgefallen. Nun füllt Kosyo ganze Räume mit seinen Installationen und Bildern aus Aquaresin, Silikon oder Polyurethan – der Kunststoff hat’s dem Mann angetan. Interessant sind seine Silikon-Bilder wie das Gemälde „Painting with Raven and Flowers“: Das Motiv das in seiner Farbigkeit an bulgarische Stickware erinnert, wurde auf der Rückseite von durchsichtigen Silikonmatten aufgetragen und anschließend wieder mit Silikon versiegelt – so dass der Bildträger sich wie Latex-Material anfühlt. mehr lesen / lire plus

NICOLE HOLOFCENER: Friends with Money

Der neue Streifen von Nicole Holofcener ist unprätentiös, aber unterhaltsam: Befreundete Paare mit jeweils eigenen Schrullen klatschen und trösten sich gegenseitig über das tägliche Einerlei hinweg. Dabei setzt die Geschichte gut in Szene, dass Geld eben nicht alles ist. Insgesamt ein Film während dem man Spaß hat – den man aber auch schnell wieder vergessen kann.

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ROLAND SCHAULS: Das Bunte zur Weihnachtszeit

Wer es bunt mag, der ist bei den Gemälden von Roland Schauls genau richtig. Seine mit Acryl, Kohle und Pastellfarben gemalten Bilder sind durch die leuchtenden Farbformen nicht ohne Drastik. Sie sind kollagenartig zusammengestellt und behandeln immer wiederkehrende Sujets: Etwa einen rotbäckigen Jungen sowie Typen, die an die Harlekins von Picasso erinnern oder eine durchkomponierte Interieur-Bildserie mit Sofa, Schuhen, Einkaufstüten und einem Ausblick auf eine altmeisterliche Landschaft. Primär scheint für Schauls dabei die Malerei: „Ich will die Form gegen die Farbe setzen, das Abstrakte gegen das Gegenständliche – um Spannungen herzustellen und um zu wissen, wie weit ich gehen kann.“ Dem Künstler geht es nicht so sehr um die Geschichte, auch wenn seine Bilder anekdotisch erscheinen, wichtig ist ihm, dass durch die Farben eine dichte kompositorische, quasi abstrakte Aussage getroffen wird, die ein Gefühl auf die anwesenden Bildfiguren projiziert. mehr lesen / lire plus

MUSIK: Antony and the Johnsons

Und es gibt ihn noch, den absoluten Geheimtipp: Antony and the Johnsons mit ihrer barocken Kunstmusik zwischen Kitsch und souligem Weltschmerz! Angefangen hat alles mit exzentrischen Kabarettauftritten des gebürtigen Engländers Antony Hegarty, den es nach New York verschlagen hatte. Dort entstand seine Band „Antony and the Johnsons“, deren erstes 1998 erschienenes Debut-Album 2004 neu aufgelegt wurde. Die CD enthält Balladen, die zumeist in kammermusikalischer Besetzung mit Schlagzeug und elektrischem Bass eingespielt sind. Dominiert werden die Songs durch Antonys eigentümliche Falsett-Stimme, deren glockenklarer Klang etwas Androgynes hat – was diese Musik letztlich so unvergleichlich macht. In den aussagekräftigen und melancholischen Songtexten geht es um die Fremdheit in der Welt und um sehnsuchtsvolle Momente der Liebe. mehr lesen / lire plus

MARTIN CAMPBELL: Casino Royale

Bond alias Daniel Craig erscheint in dem neuen Streifen von Martin Campbell als unverwüstliche Killermaschine, dem auch die Zubereitungsart des Martinis unwichtig wird. Andererseits entwickelt der Neue erstmals monogame Tendenzen, sogar ein „Ich liebe dich“ kommt ihm über die Lippen. Bevor es jedoch zu Bond-inies kommt, rafft ein Untergang in Titanic-Manier die Auserkorene dahin. Letztlich rettet nur noch das Pokerspielen im Casino den typischen 007-Esprit.

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WOODY ALLEN: Scoop

Woody Allens neue Filme sind selten wirklich überraschend: Die Konstellationen der Figuren sowie die Mätzchen und Manierismen des „Stadtneurotikers“ sind typisch. Trotzdem ist ihm mit „Scoop“ wieder ein rundes unterhaltsames Werk gelungen. Eine Komödie, die weniger existenzialistisch und zynisch ist als etwa sein letzter Streifen „Match Point“.

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MEDIEN: „Selbstausbeutung erhält die Zeitung am Leben“

Bascha Mika engagiert sich seit 1998 als
bisher dienstälteste Chefredakteurin bei der „taz“. Sie berichtet über die Schwierigkeiten ihres Berliner Blattes, über Pressefreiheit und unterbezahlte Praktikas.

Bascha Mika im Chefsessel der „taz“, ist in dieser Funktion als Frau eine Ausnahmeerscheinung am deutschen Journalistenhimmel. (Foto: Anja Weber)

woxx: Die Berliner Tageszeitung oder „taz“ ist am 17. April 1979 erstmals erschienen. Schon damals rechneten die Macher dem Blatt keine gute Überlebenschancen aus. Heute ist Berlin pleite, die Konkurrenz um Fördergelder und Leser ist groß – wie steht es um die „taz“?

Bascha Mika: Als überregionale Tageszeitung sind wir nicht nur auf den Berliner Markt angewiesen und es geht uns verhältnismäßig gut. mehr lesen / lire plus

NING HAO: Mongolian Ping Pong

Ein Tischtennisball wird vom Flusswasser bis in die Einöde der Mongolischen Grassteppe angeschwemmt. Er beschäftigt fortan nicht nur die Fantasie eines kleinen Jungen, sondern wird auch zum Symbol für „zivilisatorische“ Güter und Müll, die bis in die letzten Ecken der Erde vordringen. Ein sehenswerter Film, der vor dem Hintergrund imposanter Landschaftsaufnahmen, auch die Veränderungen traditioneller nomadischer Lebensformen aus dem Blickwinkel von Kindern behandelt.

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MAXIM KANTOR: Rebellentum

Zurzeit ist im Centre Culturel Abbaye de Neumünster eine umfangreiche Ausstellung der graphischen und malerischen Arbeiten des russischen Künstlers Maxim Kantor zu sehen. Kantor, der 1957 in Moskau geboren wurde, gilt als Dissident und Kritiker der Staatsordnung. In der Atmosphäre eines unterdrückenden politischen Systems, thematisiert Kantor die Laster des Sowjetstaates und Russlands, die Scheinheiligkeit der Kirche und die Niederträchtigkeit der Welt. Dabei werden seine bildlichen Darstellungen zu existenziellen Metaphern – sei es von Menschen, lebensweltlichen Bedingungen oder sozialen Phänomenen. In der Grafik mit dem Titel „Tout pour soi-même“ stellt er ein Knäuel in sich verkeilter Menschen dar, ein Stechen und Hauen aus Habgier. mehr lesen / lire plus

MOIS EUROPEEN DE LA PHOTOGRAPHIE: Give Me Your Image

Im Rahmen des „Mois européen de la Photographie 2006“ stellt die Fotoabteilung des Centre National de l’Audiovisuel (CNA) ein zweigliedriges Ausstellungskonzept vor. Der Schwerpunkt liegt in der Porträtfotografie. Fotos aus privatem Fundus von professionellen Fotografen oder Amateuren geschossen, dokumentieren nicht nur wie sich die Fotografie seit dem 19. Jahrhundert technisch weiter entwickelt hat, sondern auch wie sich die Sujets verändern. Waren es zu Anfang vorwiegend an Familienfeiern gebundene Porträts, so tritt zunehmend ein künstlerischer, zweckfreier Anspruch in den Vordergrund. Kurios wie die eher persönlichen Dokumente durch das Ausstellen mit Legenden und Inventarnummern, einen objektiven Charakter bekommen. Der zweite Flügel des Ausstellungsprojektes „Give Me Your Image“ soll eine Gegenüberstellung bewirken. mehr lesen / lire plus

MICHEL GONDRY: The Science of Sleep

Michel Gondry, réalisateur de vidéoclips pour Björk, Daft Punk et autres, reste unique avec sa nouvelle oeuvre cinématographique „The Science of Sleep“. Ce film non-conformiste et mythique, fait penser aux films d’animation tchèques des années 60 et persuade par son originalité, mais reste dépourvu de contenu. mehr lesen / lire plus

GABY DELALL: On a clear day

Lavierend zwischen Ernsthaftigkeit und Komik, gewinnt dieses britische Sozialdrama kein rechtes Profil: Themen wie Arbeitslosigkeit oder persönliche Traumata werden zu melodramatisch dargestellt, die Charaktere der Darsteller sind überzeichnet. Auch das machohafte Gehabe des Haupthelden, gespielt von Peter Mullan, provoziert eher Antipathie als wirkliche Teilnahme.

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ABBAYE DE NEUMÜNSTER: Vergessenes Prag

Prag steht vor allem für den landläufigen Touristen für so manches: Karlsbrücke und Hradschin, Kafka und Bier, Knödel und Schweinebraten. In Vergessenheit geraten ist dagegen das alte Prag. Eine Ausstellung „Vergessenes Prag“ in der Abbaye de Neumünster dokumentiert nun anhand alter vergilbter Fotografien und neuerer Darstellungen in eher miserabler Fotoqualität die Sanierungsarbeiten, die die Stadtrepräsentanten Mitte des 19. Jahrhunderts beschlossen hatten, um Prag das Image westeuropäischer Metropolen zu verpassen: Dem städtebaulichen Kahlschlag fielen dabei alte Brücken, das jüdische Stadtviertel sowie ein Teil der Neustadt zum Opfer. Insgesamt wurden Teile Prags fast völlig ausradiert, die nachweislich schon seit dem 9. Jahrhundert zur Metropole gehörten. mehr lesen / lire plus