Autofestival: Ein Auto kaufen? Wirklich?

Trotz Klimakrise und Pandemie findet auch 2021 das Autofestival statt. Der Hunger nach Stau, Abgasen und der Illusion von Freiheit scheint ungebrochen.

2020 stieg die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Luxemburg stark an. Das lag aber wohl vor allem an den großzügigen staatlichen Subventionen. (Foto: Mikes-Photography/Pixabay)

Autowerbung wirkt oft wie aus einer seltsamen Parallelwelt. Nicht nur posieren die Autos meistens vor moderner Architektur oder fahren auf leeren Straßen – in dem Autowerbungsuniversum existieren auch Phänomene wie Stau, Luftverschmutzung oder Klimakrise einfach nicht. Trotz aller Reisebeschränkungen dürften viele Luxemburger*innen zwischen dem 25. Januar und dem 8. Februar eine Reise in diese magische Welt wagen, denn dann findet die 57. Ausgabe des Autofestivals statt. In 170 „Showrooms“ können dann die neusten Modelle bestaunt und Autos zu günstigeren Konditionen gekauft werden.

Dieses Jahr werden die Sonderangebote an 15 statt den traditionellen 10 Tagen angeboten, laut dem Branchenverband Fedamo zum besseren Schutz der potenziellen Autokäufer*innen vor dem Virus. Allerdings hatten die Autohändler*innen letztes Jahr einen Rückgang von knapp 18 Prozent im Vergleich zu 2019 zu verzeichnen. Seit 18 Jahren wurden nicht mehr so wenige Autos neu angemeldet wie 2020. Die fünf Tage mehr könnten also auch der Versuch sein, vergangene Verluste wieder wettzumachen.

Um die Verkäufe anzukurbeln, locken die Autohändler*innen nicht nur mit Sonderangeboten. Die Fedamo wirbt mit der vermeintlichen Sicherheit von PKWs: „Die individuelle Mobilität war noch nie so sicher“ heißt es in der Pressemitteilung, weiter werden die „unbestreitbaren“ Vorteile eines privaten Autos angepriesen: Flexibilität und Sicherheit. Wenn nicht gerade eine Pandemie das Weltgeschehen beherrscht, sind Autos jedoch wesentlich weniger sicher als alle anderen gängigen Transportmittel: Das Risiko, im Zug zu sterben, ist 56-mal geringer als bei einem Autounfall zu Tode zu kommen.

E-Auto-Subventionen im Trend

Zumindest in der bunten Werbewelt der Autohändler*innen sind vollelektrische und hybride Antriebe mittlerweile angekommen. Oft werden diese Modelle in den Autofestival-Katalogen sogar prominent beworben – natürlich mit dem Zusatz, dass die Regierung im Rahmen des „Clever fueren“-Programms eine staatliche Subvention anbietet: 2.500 Euro für Plug-in-Hybridautos, 8.000 Euro für Elektroautos. Von 160 ausgestellten Automodellen sind deren laut Fedamo „über 50“ mit einem Elektromotor ausgestattet – in der Hauptsache dürfte es sich aber um Hybridautos handeln, die auf einen Verbrennungsantrieb umschalten, wenn die Batterie leer ist.

Die Subventionen scheinen gewirkt zu haben, denn in Sachen klimafreundlichere Antriebsarten hat sich in den letzten Jahren ein klein wenig etwas getan. Seit 2015 ist der Anteil der Dieselmotoren auf Luxemburgs Straßen stetig gesunken: Von 70,7 Prozent der Neuanmeldungen vor fünf Jahren auf 36,8 Prozent im letzten Jahr. Der Anteil an neuen Benzinern, der seit 2015 gleichsam mit dem Niedergang des Diesels gestiegen war, ist 2020 ebenfalls gesunken und lag bei 43,4 Prozent. Hybridautos machten 14,3 Prozent der Neuanmeldungen aus, Elektroautos immerhin 5,5 Prozent. Bei den letzten beiden Kategorien war der Sprung besonders groß.

Dennoch ist der durchschnittliche CO2-Austoß der luxemburgischen Fahrzeugflotte immer noch viel zu hoch. 2019 lag Luxemburg gemeinsam mit Deutschland laut einer Statistik des International Council on Clean Transportation an der europäischen Spitze. Laut den Daten der nationalen Zulassungsbehörde SNCA sind die durchschnittlichen Emissionen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um knapp neun Prozent gesunken – der Verkehrssektor bleibt dennoch der größte Treiber der Klimakrise in Luxemburg.

Kein Stress für Verbrenner

Anders als andere Länder hat Luxemburg auch immer noch kein Ziel für ein Phase-out von Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr angekündigt. Wenn man 2050 CO2-neutral sein will, wird dies aber de facto der Fall sein müssen, außerdem soll laut dem Energie- und Klimaplan bis 2030 knapp die Hälfte der Fahrzeuge Elektroautos sein. Ein Verbot von Neuzulassungen von Verbrennern sieht die Regierung jedoch nicht vor, wie Transportminister François Bausch und Umweltministerin Carole Dieschbourg (beide Déi Gréng) in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CSV-Abgeordneten Paul Galles und Jean-Paul Schaaf erklärten. Es sei aktuell durch europäische Vorschriften überhaupt nicht möglich, Fahrzeuge, die in der EU eine Zulassung hätten, nicht zuzulassen. Das mag pragmatisch sein, aber zu einer Regierung, die sich in vielen umweltpolitischen Themen kämpferisch und innovativ gibt, will es nicht so recht passen.

Dieschbourg und Bausch betonten in ihrer Antwort ebenfalls, dass die Subventionen für Elektroautos und private Ladestationen Früchte trügen, und begründen das mit der hohen Zahl an Neuanmeldungen, die es 2020 gab. Auch die Ladeinfrastruktur, die Elektroautos benötigen, wurde in den letzten Jahren ausgebaut. 460 Ladestationen im von Creos betriebenen Chargy-Netzwerk sind öffentlich zugänglich, rund 600 existieren insgesamt.

Am vergangenen Mittwoch, dem 20. Januar, wurde eine neue Art von Ladestation eingeweiht: Mit „Superchargy“ können Elektroautos innerhalb weniger Minuten geladen werden – vorausgesetzt, das Auto unterstützt den eingesetzten Standard. Fünf Minuten soll es dauern, um danach etwa 100 Kilometer fahren zu können. Bis 2023 will Creos insgesamt 88 dieser Schnellladestationen installieren, dies vor allem an Autobahnraststätten und Park-and-Ride-Plätzen.

Foto: MEA/Sophie Margue

Muss es wirklich ein Auto sein?

Oekotopten.lu, eine Website, die vom Oekozenter Pafendall und dem Mouvement écologique betreut wird, hat die Liste von empfehlenswerten Fahrzeugen aktualisiert. Darauf finden sich nun ausschließlich vollelektrische Autos und damit emissionsfreie Antriebe – sofern der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Die Website, die übrigens vom Umweltministerium unterstützt wird, gibt auch an, dass Elektroautos mittlerweile beinahe so günstig zu haben sind wie vergleichbare Verbrenner, sofern man in den Genuss der staatlichen Subvention von 8.000 Euro kommt. Bei den Kosten für den Treibstoff seien Elektroautos weitaus günstiger als Verbrenner.

Trotzdem gibt das Vergleichsportal zu bedenken, dass die individuelle Elektromobilität lediglich ein Baustein eines umweltfreundlichen Transportsystems ist. Zwar sind durch eine verkorkste Landesplanung viele Menschen in Luxemburg auf ein Auto angewiesen, doch überwiegen bei genauerer Betrachtung oft die negativen Seiten eines Automobils: Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch sind Faktoren, aber auch der stark durch den Autoverkehr geprägte öffentliche Raum. Beobachteten Außerirdische die Erde vom Weltall aus, würden sie erkennen, dass der Mensch die dominante Spezies auf dem Planeten ist – oder kämen sie zum Schluss, dass es die Autos sein müssen, auf die wir im letzten Jahrhundert sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens ausgerichtet haben?

So kann das Autofestival auch ein Anlass sein, um darüber nachzudenken, ob man wirklich ein (neues) Auto braucht. Immerhin gibt es ein wachsendes Angebot an öffentlichem Transport, Carsharing – und sogar für den Radverkehr wird weiter an Infrastrukturen gebaut. Wer allerdings auf keinen Fall verzichten kann, sollte sich nicht durch die bunte Parallelwelt der Autowerbung blenden lassen und am besten zu einem Elektroauto greifen, was auf längere Sicht die beste verfügbare Technologie für den PKW sein wird.


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