Homophobe Äußerungen gelten nicht nur dann als Benachteiligung im Beruf, wenn sie von Arbeitgeber*innen gemacht wurden. Laut EuGH reicht es, dass sie von einer Person gemacht wurden, die einen entscheidenden Einfluss auf die Einstellungspolitik eines Unternehmens hat.
Damit eine homophobe Äußerung als Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf gilt, muss sie weder vom Arbeitgeber selbst gemacht worden sein noch im Kontext einer konkreten Stellenausschreibung. Dieses Urteil wurde am Donnerstag vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gesprochen.
Hintergrund dieses Urteils war die Kassationsbeschwerde eines italienischen Rechtsanwalts. Dieser hatte in einem Radiointerview verkündet, dass er keine homosexuelle Person in seiner Kanzlei beschäftigen wolle und wurde daraufhin von der Anwaltsvereinigung „Associazione Avvocatura per i diritti LGBTI“ verklagt . Er wurde in erster Instanz schuldig gesprochen. Als der Rechtsanwalt gegen das Berufungsurteil Beschwerde einlegte, bat der Kassationsgerichtshof den EuGH den Begriff „Bedingungen […] für den Zugang zu [einer] Erwerbstätigkeit“ im Sinne der Antidiskriminierungsrichtlinie zu ersuchen. Konkret ging es also darum, festzustellen, ob Äußerungen, die auf eine homophobe Einstellungspolitik hindeuten, als Zugangseinschränkung zu einer Erwerbstätigkeit gelten können – und somit als strafbare Diskriminierung.
Der EuGH bestätigte dies, es müsse allerdings nachgewiesen werden, dass der*die Urheber*in der Äußerung einen „entscheidenden Einfluss auf die Einstellungspolitik des Arbeitgebers hat oder als einen derartigen Einfluss ausübend wahrgenommen werden kann“. Schadensersatzansprüche würden zudem auch dann bestehen, wenn sich kein Geschädigter feststellen lässt. Die homophoben Äußerungen müssen sich also nicht auf ein konkretes Einstellungsverfahren beziehen.
Der EuGH unterstreicht, dass es sich dabei nicht um eine Einschränkung der Meinungsfreiheit handelt. Einerseits sei die Freiheit der Meinungsäußerung kein „absolutes Recht“ und zweitens könne „ihre Ausübung Einschränkungen unterworfen sein […], sofern diese gesetzlich vorgesehen sind […]“. Bei jedem Fall gelte es zu prüfen, ob Einschränkungen der freien Meinungsäußerung erforderlich seien und dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer entsprächen. Dementsprechend sind einzig Äußerungen verboten, die eine Diskriminierung bezüglich Beschäftigung und Beruf darstellen. Äußert sich eins der besagten Unternehmensmitglieder allgemein homophob, gilt dies nicht als Zugangseinschränkung zur Erwerbstätigkeit.