Luxemburg will sich 2024 nach 31 Jahren wieder am Eurovision Song Contest beteiligen. Nachhaltige Kulturförderung ist das nicht, dafür aber die Instrumentalisierung des Kreativsektors.
Die Kolleg*innen vom Tageblatt grübelten diese Woche darüber, wer Luxemburg wohl 2024 beim Eurovision Song Contest (ESC) vertreten könnte; der Abgeordnete Mars Di Bartolomeo (LSAP) hingegen sorgte sich in einer parlamentarischen Anfrage an das Medien- und das Kulturministerium um die Planungssicherheit der Regierung im Hinblick auf einen möglichen Sieg bei dem Gesangswettbewerb: Gibt es einen konkreten Plan, falls Luxemburg nach 31 Jahren Abstinenz gleich den Sieg einheimst und die nächste Ausgabe traditionsgemäß im eigenen Land ausgetragen werden muss?
Die Frage kommt nicht von ungefähr, landete Luxemburg doch bereits fünfmal an der Tabellenspitze, zuletzt 1983 dank der französischen Sängerin Corinne Hermès. Die Ministerien weichen Di Bartolomeos Frage geschickt aus und beteuern, entsprechende Überlegungen seien in die Entscheidung, eine Teilnahme am ESC zu unterstützen, eingeflossen. Konkret sieht anders aus, aber enttäuschender ist die Aussage, die darauf folgt: „Ont été pris en compte l’influence positive sur la promotion de l’image de marque du Luxembourg. La tenue éventuelle d’un tel spectacle d’envergure internationale et des évènements connexes se reflètera sur l’hôtellerie locale et le tourisme.“
Zwar taucht auch der positive Einfluss auf den Kultursektor und die Musikindustrie in dem Schreiben auf, doch geht es in erster Linie unmissverständlich um Nation Branding. Zumal fragwürdig ist, inwiefern ein solches Großevent und die zunächst einmalige Teilnahme an dem Contest sich langfristig auf die lokale Kulturförderung auswirkt. Koste der Sieg also, was er wolle – Hauptsache, andere Wirtschaftszweige profitieren und die Künstler*innen bringen Kohle ein.
Das Image als Steuerparadies lockt wohl doch die falschen Touris an …
Die Regierung instrumentalisiert die Kulturszene somit erneut – ähnlich wie bei der Weltausstellung in Dubai oder im Zuge des Kulturjahres Esch2022 – zu Marketingzwecken. Das Image als Steuerparadies lockt wohl doch die falschen Touris an … Das bestätigt sich in Bezug auf die Anforderungen, die die Regierung an Luxemburgs Vertretung beim ESC stellt: Sie soll den „rayonnement musical du Luxembourg” verkörpern und damit zur Wertschätzung des Kreativsektors und des Landesimages beitragen. Der Vorentscheid läuft am kommenden Montag an.
Die Liste herausragender luxemburgischer Künstler*innen ist lang, witzigerweise gewann Luxemburg in der Vergangenheit aber nur mithilfe ausländischer Sänger*innen beim ESC, darunter der Franzose Jean-Claude Pascal. 1961 siegte er mit „Nous les amoureux“ – einem Song, der heute als versteckter Aufruf zur Akzeptanz von Homosexualität gedeutet wird. Jean-Claude Pascal wurde nachgesagt, schwul zu sein. Der ESC ist allgemein dafür bekannt, eine Plattform für LGBTIQA+-Künstler*innen und Moderator*innen zu sein, was teilweise zum Boykott durch queerfeindliche Regierungen wie die Türkei oder Ungarn geführt hat. Die Teilnahme könnte also beispielsweise die Chance sein, marginalisierte Künstler*innen aus Luxemburg hervorzuheben. Oder einfach eine Gelegenheit, Musik zu feiern und damit die Bemühungen lokaler Künstler*innen zu zelebrieren, ohne lästige Imagefragen oder Statistiken zum Tourismus im Hinterkopf. Doch wie heißt es in dem Song „Money, Money“ so schön: „Money makes the world go round, money, money, money …“